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Einsatzkräfte der Feuerwehr bekämpfen in einem Waldstück nahe Jüterbog das Feuer.

© dpa/Thomas Schulz

Der Sommer riecht nach Rauch: Wie die Brandenburger Feuerwehr gegen den Waldbrand bei Jüterbog kämpft

Seit Tagen brennt auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz im Landkreis Teltow-Fläming der Wald. Die Feuerwehr versucht ein Ausbreiten zu verhindern, kann meistens aber nur zusehen.

Jedes Mal, wenn die Blätter im Wind rauschen und die brandenburgischen Kiefern ihre langen, dünnen Stämme im Einklang der Böen von rechts nach links bewegen, halten Rico Walentin und seine Kollegen kurz inne. Jeder einzelne Windstoß kann das Wesen des Feuers verändern, zur Ausbreitung oder Richtungsänderung beitragen.

Und tatsächlich: während das Geräusch des Windes abklingt, weil die Böe durchgezogen ist, nimmt das Knistern aus dem Wald zu. Wo vorher nur schwarzer Rauch zu sehen war, schlagen nun orangefarbene Flammen zwischen den Bäumen hoch. Der Geruch von Lagerfeuer macht sich breit und Einsatzleiter Walentin schickt seine Kollegen zum Löschen auf den sandigen Waldweg.

Diese künstlich durch den Forst gezogenen Schneisen sind eine Art Überlebensversicherung für die Feuerwehr. Und für die umliegenden Dörfer. Sie heißen Bardenitz, Felgentreu oder Frankenförde und grenzen alle an den ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog. Die Waldwege und Schotterpisten sorgen dafür, dass das großflächige Feuer von einem bestimmten Areal nicht auf ein anderes Waldstück übergreift und sich auf diesem Weg bewohntem Gebiet nähert.

Bisher geht der Plan auf. Die Feuerwehrkräfte warten auf den Wegen auf die Flammen oder bewässern den Rand des Waldes. Anders geht es kaum. Das gesamte Gelände ist stark munitionsbelastet, immer wieder ist das Geräusch von Detonationen zu vernehmen.

Seit Mittwochabend brennt bei Jüterbog der Wald. Bei weitem nicht zum ersten Mal. Einsatzleiter Walentin von der Freiwilligen Feuerwehr in Jüterbog sagt, er kann sich nicht erinnern, wie oft er in den vergangenen Jahren auf dem weitläufigen Gelände im Einsatz war. Nur von 2016 bis 2018 sei es überraschend ruhig gewesen, 2019 dann zur Großschadenslage gekommen. Über 750 Hektar Wald brannten damals, es war der größte Brandenburger Waldbrand seit den 1970er Jahren.

326 Hektar Wald betroffen

So viele Hektar sind es bisher nicht. Am Montagnachmittag, Tag fünf des Feuers, sprechen Ordnungsamt und Feuerwehr von 326 betroffenen Hektar Wald, die entweder schon gebrannt haben oder derzeit in Flammen stehen. Eine Entwarnung ist vorerst nicht in Sicht.

Schuld daran sind vor allem die für das Feuer optimalen Wetterverhältnisse. Es ist trocken und heiß. Regen wird in den nächsten Tagen im Süden Brandenburgs, wenn überhaupt, nur in geringen Mengen prognostiziert. Für Rico Walentin bedeutet das wohl weitere Nächte mit wenigen Stunden Schlaf. Der Jüterboger ist nicht nur der zuständige Einsatzleiter seit dem Ausbruch des Waldbrandes am Mittwoch, sondern gleichzeitig bei der Berufsfeuerwehr in Berlin-Buckow.

Am Sonntag koordinierte er in seiner Freizeit über acht Stunden seine Kräfte im Brandenburger Wald, um direkt danach mit dem Zug in die Hauptstadt aufzubrechen. Zur Nachtschicht. Nach einem gelöschten PKW auf der Neuköllner Sonnenallee und vier Stunden Schlaf auf der Berliner Wache trifft er am Montagmorgen wieder im Jüterboger Wald ein. Und muss feststellen, dass sich die Flammen erneut ausgebreitet haben.

Die Gefahr eines Übergriffs auf die andere Waldseite ist ständig gegeben.

Rico Walentin, Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Jüterbog

„Die Gefahr eines Übergriffs auf die andere Waldseite ist ständig gegeben“, sagt der Feuerwehrmann. An einigen Stellen sind die Schneisen nur 50 Meter breit, durch den Wind werden immer wieder Funken hinübergeweht. Am Sonntagabend gab es so eine „kritische Phase“, erklärt Walentin. Die Jüterboger mussten Kräfte von anderen Wehren nachordern, um den Brand in den Griff zu bekommen.

Auch der Waldschutzbeauftragte Brandenburgs, Raimund Engel, erwartet vorerst keine Entspannung der Lage bei Jüterbog. Selbst wenn in den folgenden Tagen im Fläming einige Tropfen fallen sollten, würde dies an der allgemeinen Waldbrandgefahr wohl kaum etwas ändern, prognostiziert Engel.

Flammen schlagen in einem Waldstück nahe Jüterbog in die Höhe. Auffrischender Wind hat den Waldbrand in einem mit Munition belasteten Waldgebiet südlich von Berlin angefacht und die betroffene Fläche auf 326 Hektar mehr als verdoppelt.
Flammen schlagen in einem Waldstück nahe Jüterbog in die Höhe. Auffrischender Wind hat den Waldbrand in einem mit Munition belasteten Waldgebiet südlich von Berlin angefacht und die betroffene Fläche auf 326 Hektar mehr als verdoppelt.

© dpa/Fabian Sommer

Der Jüterboger Brand steht seit Tagen im Fokus der bundesweiten Aufmerksamkeit. Viele verstehen ihn als möglichen Auftakt einer weiteren intensiven Waldbrandsaison im Land Brandenburg. Andere nutzen ihn, um sich an den entscheidenden Fragen abzuarbeiten, die sich mittlerweile jährlich in der öffentlichen Debatte wiederholen: Jenen um die richtige Bekämpfung und Prävention von Waldbränden.

Löschflugzeuge sinnvoll?

Sollte Brandenburg als besonders waldbrandgeplagtes Bundesland nicht endlich mal über die Anschaffung von eigenen Löschflugzeugen nachdenken? Wieso werden die zahlreichen munitionsbelasteten Gebiete in der Mark nicht geräumt, um Großfeuer wie dieses in Zukunft durch bessere Löschangriffe zu verhindern?

Ein Löschflugzeug landet zum Betanken mit Wasser auf dem Schönhagener Flughafen. Beim Waldbrand bei Jüterbog kam es kurzzeitig zum Einsatz.
Ein Löschflugzeug landet zum Betanken mit Wasser auf dem Schönhagener Flughafen. Beim Waldbrand bei Jüterbog kam es kurzzeitig zum Einsatz.

© dpa/Michael Bahlo

Die Jüterboger Flammen wirken ein wenig wie ein Brennglas für die großen Konflikte in der Waldbrand-Diskussion, die in Zukunft wohl noch lauter und intensiver geführt wird. Und Jüterbog ist ein Experimentierfeld.

Obwohl es von offizieller Seite seit Jahren heißt, Löschflugzeuge wären in Brandenburg nicht praktikabel, kamen sie vergangene Woche kurz nach Ausbruch des Feuers erstmals zum Einsatz. Doch anders als erwartet.

Aufklärung mit Drohne

Nicht etwa der Staat stellte die Flugzeuge, sondern ein privates polnisches Unternehmen. Der sachsen-anhaltische Landkreis Harz hatte in weiser Voraussicht nach einer zerstörenden Waldbrandsaison im vergangenen Sommer ein Vertrag mit der Firma abgeschlossen.

Die Brandenburger liehen sich das Flugzeug kurzerhand aus, bis es am Wochenende wieder in Richtung Harz abhob. Auch dort war ein Waldbrand ausgebrochen. Es soll außerdem nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, heißt es von der Feuerwehr. Da auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände an vielen verschiedenen Stellen Glutnester weiter wuchern, seien diese fast unmöglich aus der Luft zu löschen.

Zwar ist die Jüterboger Feuerwehr auch am Montag weiter in der Luft unterwegs, allerdings geht es dabei um Aufklärung und nicht um direkte Löschangriffe. Etwa alle 30 Minuten hebt eine Drohne vom Einsatzstützpunkt auf einer Lichtung im Wald ab, um das Areal zu überfliegen und mögliche neue Feuerschwerpunkte auszumachen. Immer wieder sorgen die Kameraaugen der Drohne dafür, dass neue Brandherde an den Schneisen entdeckt werden, um sie dann durch die Feuerwehr gezielt bekämpfen zu lassen.

So wird es im Jüterboger Wald wohl auch die nächsten Tage weitergehen. Und Rico Walentin? Für den Einsatzleiter stehen weitere Nächte mit wenig Schlaf an – zwischen dem brennenden Wald im Fläming und der Wache in Berlin-Neukölln. „So ist das eben im Sommer“, sagt er. Kurz darauf knallt es im Wald hinter ihm.

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