HINTERGRUND: Was wird? Weniger Polizei gegen Rechtsextremismus
Innenministerium will Arbeit der Kriminalpolizei neu organisieren / Erstes Konzept bis Ende Oktober
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Ähnlich wie die Wirtschaft wird sich nach Ansicht von Experten auch die Kriminalität in den Randregionen und im Berliner Umland differenziert entwickeln. In den Randregionen, die extrem an Einwohnern verlieren werden, werden nach Ansicht von Demographen vor allem Alte und schlecht ausgebildete Junge zurückbleiben. Zwar wirke die „Vergreisung befriedend“, wie ein Experte auf einer Fachtagung in Potsdam anmerkte. Doch in den Randregionen werden aufgrund der sozialen Struktur besonders die Gewaltdelikte zunehmen – zumal auch die gutausgebildeten jungen Frauen abwandern. Auch ein Anstieg der Jugendkriminalität sei möglich. Gründe seien u.a. steigende Perspektivlosigkeit, der zunehmende Trend zu fatalistischem Denken bei Jugendlichen und der Abbau sozialer Infrastruktur wie Schulen und Kultureinrichtungen.
Da es mehr Alte geben wird, wird auch mit einem Anstieg der Misshandlung von Pflegebedürftigen gerechnet. Besonders in den Randregionen könnten aus kriminalpolizeilicher Sicht Zentren entstehen.
In absoluten Zahlen wird die Kriminalität bis zum Jahr 2015 abnehmen. Nicht, weil die Märker ehrlicher und friedlicher werden, sondern weil es mit weniger Einwohnern auch automatisch weniger Täter geben wird. Pro Kopf werde die Zahl der Straftaten gleich bleiben.
Brandenburgs Polizei steht vor dem Problem, dass zwar die Bevölkerung weniger, das Land aber nicht kleiner werde. In allen Landesteilen müsse eine komplette Polizeistruktur mit spezialisierten Beamten erhalten bleiben.pet
Potsdam - Bei der Verfolgung rechtsextremistischer Straftaten wird Brandenburgs Polizei in den kommenden Jahren mit weniger Personal auskommen müssen. Angesichts der finanziellen Lage des Landes und der im Vergleich mit anderen Kriminalitätsfeldern verhältnismäßig geringen Zahl von Fällen sei der überproportional hohe Personalaufwand im Bereich der Verfolgung politisch motivierter Straftaten nicht mehr aufrechtzuerhalten, hieß es aus Führungskreisen der Polizei bei einer Fachkonferenz zur Kriminalitäts- und Bevölkerungsentwicklung in Brandenburg.
Wie viel Personal in diesem Bereich genau eingespart werden soll, sei noch offen, hieß es weiter. Bis Ende Oktober will das Innenministerium erste Konzepte für die Neuausrichtung der Kriminalpolizei im Land vorlegen. Bis dahin wollte das Ministerium keine offizielle Stellungnahme abgeben. Ein Konferenzteilnehmer sagte den PNN: „Brandenburg wird den Personalaufwand bei der Verfolgung politischer Straftaten etwas herunterfahren und die Strukturen optimieren müssen – auf das tatsächlich nötige Maß.“ Nur aus politischen Gründen habe das Innenministerium dies bisher nicht getan. Zudem seien die meisten dieser Taten im Land reine Propagandadelikte wie etwa rechte Schmierereien und das Rufen rechter Parolen. Nach Angaben des Chefs des Landeskriminalamtes Brandenburg, Dieter Büddefeld, waren etwa im Jahr 2005 im Land 1914 Fälle politisch motivierter Kriminalität registriert worden. Nur 116 Fälle davon waren Gewaltdelikte (97 mit rechts-, 17 mit linksextremistischem Hintergrund).
Ein Großteil der politisch motivierten Straftaten falle ohnehin in den Bereich der Jugendkriminalität, deren Bekämpfung das Innenministerium als Schwerpunkt der Arbeit der Kriminalpolizei in den nächsten Jahren ansieht. Einig waren sich die Experten auf der Fachkonferenz, dass die Präventionsarbeit der Polizei verstärkt werden muss. Der Verfolgungsdruck seitens der Polizei sei besonders im Bereich der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg im Vergleich mit anderen Bundesländern extrem hoch.
Grundsätzlich erhalten bleiben sollen daher auch die in den Schutzbereichen und Polizeipräsidien angesiedelten Sondereinheiten. Ob in der gegenwärtigen Personalstärke und an allen bisherigen Standorten, sei noch nicht entschieden hieß es aus Polizeikreisen. Mit einer Neustrukturierung, die sich auch der Bevölkerungsentwicklung anpasse, sei aber auch hier eine Personalreduzierung möglich.
Innenstaatssekretär Hans-Jürgen Hohnen verwies darauf, dass noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen worden seien. Führungskreise im Ministerium aber bestätigten, dass die Personalreduzierung bei der Verfolgung politisch motivierter Straftaten unumgänglich sei – zumal die Polizei insgesamt in den kommenden Jahren 900 Stellen abbauen müsse und sich die einzelnen Kriminalitätsfelder unterschiedlich entwickelten.
So wird nach Expertenmeinung in Zukunft mehr Personal für andere Bereiche der Kriminalpolizei erforderlich sein. So steige die Zahl der Wirtschaftsstraftaten, der Internet- sowie der Rauschgiftdelikte.
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