Brandenburg: Wassermangel überall
Experten: Teufelskreis durch Bergbau in der Lausitz, in anderen Regionen muss Entwässerung rückgängig gemacht werden
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Potsdam - Nach – intern und unabhängig von einander geäußerten – Befürchtungen des Landesumweltamtes Brandenburg, von Geologen und der Klimaforscher des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung ist das Land Brandenburg gegenwärtig dabei, die Folgen des Klimawandels noch selbst zu verschärfen. Besonders in der Lausitz bestehe die Gefahr, dass ein nicht mehr zu unterbrechender Teufelskreis in Gang gesetzt wird.
Nach allen gängigen Klimamodellen für die Region wird Brandenburg zunehmend unter Trockenheit, einem Absinken des Grundwasserspiegels und der Austrocknung kleinere Gewässer leiden. Schon heute sind in Teilen des Landes die Grundwasserpegel derart stark gefallen, dass ganze Waldgebiete wie die Schorfheide in der Uckermark bedroht sind. In der Lausitz wird dieser Effekt noch durch den Abbau der Braunkohle und die Sanierung der alten Tagebaue zu künstlichen Seen verstärkt. Durch die Tagebaue wurde künstlich der gesamte Wasserkreislauf der Region verändert. Die Spree droht permanent rückwärts zu fließen, wenn nicht genügend Grundwasser in der Lausitz eingespeist wird. Schon jetzt bleibt der Fluss in trockenen Sommern „stehen“.
Zukünftig muss der Lausitz weiter Grundwasser entzogen werden, da aus den alten, riesigen Tagebaulöchern mit Milliarden Steuergeldern eine gigantische Seenlandschaft entstehen soll. Das Wasser dafür kommt aus dem Untergrund und wird nach Ansicht von Hydrologen den Kreislauf erneut durcheinander bringen. Zudem werde das Wasser aus dem Boden an die Oberfläche gebracht, wo es dann zum Großteil verdunsten und über anderen Regionen abregnen wird – der Lausitz würde dann also in Zeiten des Klimawandels ohnehin knappes Wasser entzogen. Der Effekt könnte noch dadurch verstärkt werden, dass die neuen, sauren Seen über Jahre hinweg lebensfeindliche Räume sein werden – zum Baden ungeeignet. Um dies zu ändern und ein Kippen der hochbelasteten Seen zu verhindern, müssen zusätzlich permanent enorme Mengen „Frischwasser“ zugeführt werden. Auch dieses Wasser fehlt der Region und könnte auch dem sensiblen Spreewald und der Spree fehlen, warnen die Experten. „Im schlimmsten Fall trocknen wir die Lausitz aus“, warnte ein Experte. Die Lausitz sei aber für den Wasserhaushalt der Spree entscheidend und diese stehe wiederum in Wechselwirkung mit anderen Wasser- und Ökosystemen in der Region.
Zum Problem könnte der Wassermangel und das Absinken der Grundwasserpegel auch für geplante Großprojekte haben. Das Landesumweltamt Brandenburg und das Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung warnen vor dem Ausbau der Flüsse und Kanäle, um diese mit riesigen Container-Schiffen befahren zu können. Geplant ist dies etwa für die Elbe und die Havel-Gewässer. Durch die Verbreiterung und Vertiefung der Wasserwege würde mehr Grundwasser aus der Umgebung abfließen, zudem würde sich die Fließgeschwindigkeit erhöhen. Außerdem bezweifeln die Experten, dass es angesichts der Wasserknappheit überhaupt noch genügend Wasser für die Wasserautobahnen geben wird.
In den kommenden Jahrzehnten könnte es auch nötig werden, „große historische Leistungen“ rückgängig zu machen: Die Trockenlegung etwa der havelländischen Sumpfgebiete im 18. Jahrhundert unter dem Preußenkönig Friedrich II. und die Trockenlegung anderer Landstriche für die DDR-Landwirtschaft.
Durch die künstlich angelegten Kanäle und Abflusssysteme wird das Grund- und Regenwasser aus den Regionen abgeleitet. Was früher beabsichtigt war und mit der Beseitigung der Moore erst zur Besiedlung und Urbarmachung eines Großteil des Berliner Umlandes führte, hat bei sinkenden Pegeln und Niederschlagsmengen verheerende ökologischen Folgen: Der Wasserhaushalt ganzer Landstriche wie der Schorfheide ist erheblich aus dem Gleichgewicht geraten. Durch die Entwässerung sowie den Anbau von Monokulturen – besonders der Kiefer – ist der Grundwasserspiegel in Waldgebieten drastisch gesunken. „Die Rolle der Moore ist lange Zeit verkannt worden, insbesondere zur- zeit der Industrialisierung“, sagt Lukas Landgraf vom Landesumweltamt Brandenburg. Moore entziehen der überdüngten Landschaft Nährstoffe und verbessern damit die Wasserqualität von Seen und Flüssen. Zudem wirken sie als Kaltluftgebiete einer Austrocknung und Aufheizung der Landschaft entgegen.
„Viele Schäden an den Mooren sind zum Teil nicht mehr rückgängig zu machen“, sagt Heidrun Koch, Oberforsträtin in der Schorfheide. In Zusammenarbeit mit Förstern, Landesumweltamt, Naturschutz- und Wasserbehörden hat sie für die Moorsanierungsprojekte in der Schorfheide eine Prioritätenliste zur Durchführung von Einzelmaßnahmen erstellt. Der „Reiersdorfer Winkel“ (seit 1989 Naturschutzgebiet) ist eines der größten Projekte. Im Anschluss an die Wasserrückhaltemaßnahmen (Rückbau und Verschluss von Gräben) wird konsequent auf die Baumartenzusammensetzung im Wassereinzugsgebiet der Moore Einfluss genommen. Nadelbäume, wie Fichte und auch Kiefer, verdunsten auch durch die Weiterführung der Assimilation in den Wintermonaten deutlich mehr Wasser als Buchen- oder Eichenwälder.
Doch nicht immer sind so wichtige Projekte für den Landschaftswasserhaushalt möglich. Stehen die Interessen der Eigentümer dem entgegen, so sind umfangreiche Plangenehmigungsverfahren durch die oberste Wasserbehörde erforderlich. Staurechte haben Bestandsschutz. Noch sind Landwirte beispielsweise bei der Bewirtschaftung ihrer Äcker, Wiesen oder Obstanbauflächen auf die Entwässerungsgräben angewiesen. In einigen Regionen könnten sie bald auf das Zuschütten der Gräben angewiesen sein, um überhaupt Wasser für ihre Weidepflanzen und den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen zu haben. pet/hey
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