zum Hauptinhalt

Brandenburg: Wenig Verständnis für Speer

Sparpläne: Ver.di sagt Gespräche ab / Richter und Staatsanwälte wollen demonstrieren / Kritik von PDS und FDP, Lob von der CDU

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD) gerät wegen seiner Sparpläne im öffentlichen Dienst immer mehr unter Druck. Der massiven Kritik der Gewerkschaften und einzelner Personalräte schlossen sich gestern die Richter und Staatsanwälte, die Linkspartei.PDS und die FDP an. Lob bekam Speer lediglich aus den Reihen des Koalitionspartners CDU.

Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei.PDS im Landtag, Kerstin Kaiser, warf dem Minister gestern vor, er agiere „unberechenbar und selbstherrlich“. Sie kritisierte die vom Kabinett auf Vorschlag Speers am Dienstag beschlossene Streichung des Weihnachtsgelds für Beamte: „Das ist ein eklatanter Wortbruch.“

Die Gewerkschaft Ver.di sagte gestern wegen der Kürzungen bei den Sonderzahlungen für Beamte auch ein Gespräch mit Speer über eine mögliche Fortschreibung des Sozialtarifvertrags für die Angestellten des Landes ab. Landesbezirkschefin Susanne Stumpenhusen sagte in Berlin, Speer stelle mit seinen Plänen für weitere Kürzungen bei Angestellten und Beamten den Konsens zwischen Gewerkschaften und Landesregierung in Frage. Aus Sicht von Stumpenhusen hat das Land mit dem Solidarpakt „verbindlich zugesichert“, dass die Landesbediensteten kein weiteres Opfer mehr bringen müssen. Das Verhalten gegenüber den Gewerkschaften sei eine Farce, das Land derzeit kein ernsthafter Verhandlungspartner.

Gegen die Streichung des Weihnachtsgeldes für Landesbeamte ab dem kommenden Jahr protestierten gestern auch Brandenburgs Richter und Staatsanwälte. Der Landesverband des Deutschen Richterbundes rief seine Mitglieder auf, an der von den Polizeigewerkschaften organsierten Großdemonstration am 22. November vor dem Landtag teilzunehmen. Richterbund-Chef Klaus-Christoph Claveé sagte, mit dem Kürzungsbeschluss, dem der Landtag noch zustimmen muss, würden „Beamte, Richter und Versorgungsempfänger einseitig erneut belastet“. Diese hätten über Jahre durch Wegfall des Urlaubsgeldes und Kürzungen beim Weihnachtsgeld jedoch „einen erheblichen Anteil zur Verringerung der Personalausgaben des Landes beigetragen“. Mit der Zustimmung zu Speers Sparplänen verlasse die Regierung „ohne Not“ den bisherigen Weg, „im Einvernehmen mit den Beschäftigten Lösungen zur Konsolidierung der Personalausgaben“ zu finden.

Die PDS kritisierte, dass die Landesregierung im Jahr 2004 mit den Beamten eine dreijährige Kürzung ihres Weihnachtsgeldes und die Streichung des Urlaubsgeldes ausgehandelt habe. Jetzt sei jedoch die völlige Streichung des Weihnachtsgelds von 2007 an vorgesehen. „Angesichts der bevorstehenden Kostensteigerungen in Sachen Energie, Gesundheit und Mehrwertsteuer, aber gleichzeitigen Steuermehreinnahmen in Höhe von insgesamt 357 Millionen Euro sind die vorgesehen Kürzungen eine Kampfansage der Landesregierung an ihre Beschäftigten!“, so Fraktionschefin Kaiser. Dagegen werde die Linksfraktion Widerstand leisten. Zwar gebe es auch in weiten Teilen der privaten Wirtschaft kein Weihnachtsgeld mehr. Hier aber gehe es um die Verantwortung der Politiker als öffentliche Arbeitgeber. Kaiser forderte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auf, Speer zur Ordnung zu rufen.

Aus Sicht von FDP-Landeschef Heinz Lanfermann verspielt die Landesregierung Vertrauen in die Politik. Die Landesregierung breche ihre eigenen Versprechen. Dabei habe sich die Finanzsituation nicht anders entwickelt als 2003 angenommen. Es sei sogar mit höheren Steuereinnahmen zu rechnen. Wenn Speer sparen wolle, müsse er den Personalüberhang in der Verwaltung abbauen.

Gewerkschaften und Landesregierung hatten 2003 einen Solidarpakt für 2004 bis 2006 geschlossen. Dieser sah eine Streichung des Urlaubsgelds der Beamten von rund 300 Euro sowie eine Kürzung des Weihnachtsgelds der Beamten von 1090 auf 940 Euro vor. Das wurde in einem Sonderzahlungsgesetz geregelt. Bei den Angestellten wurde per Sozialtarifvertrag eine Kürzung der Wochenarbeitszeit um 2 auf 38 Stunden bei Gehaltseinbußen von fünf Prozent vereinbart. Im Gegenzug schloss das Land bis Ende 2009 betriebsbedingte Kündigungen aus.

Beide Regelungen sollten über drei Jahre Einsparungen in Höhe von 300 Millionen Euro ermöglichen. Die Gewerkschaften gingen bislang davon aus, dass nach Ablauf des Solidarpakts – wie in einer gemeinsamen Notiz vereinbart – wieder der Status quo von 2003 gilt und die Kürzungen rückgängig gemacht werden. Speer lehnt das jedoch wegen der weiter angespannten Haushaltslage ab.

Die Finanzexpertin der CDU-Landtagsfraktion, Saskia Funck, nahm Speer in Schutz. Seine Vorschläge seien Ausdruck eines „unbedingten Konsolidierungswillens“. Das Kabinett habe sich für die Zukunftsfähigkeit des Landes entschieden. Das habe Vorrang vor „Besitzstandswahrung". Die CDU-Politikerin forderte die Gewerkschaften auf, soziales Augenmaß vor Privilegiensicherung zu stellen.Susann Fischer, Peter Tiede

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })