
© dpa
Kriminalität in Brandenburg: Weniger erfasste Korruption
Die Zahl der Korruptionsstraftaten in Brandenburg sank 2014 erstmals. Ein Grund zur Entwarnung ist das aber nicht.
Stand:
Potsdam - Brandenburg gilt bundesweit als Vorreiter bei der Bekämpfung von Korruptionsstraftaten. Die harte Gangart von Polizei und Staatsanwaltschaft zahlt sich nun offenbar aus. Die Zahl von Korruptionsstraftaten ist 2014 in Brandenburg erstmals wieder zurückgegangen. Nach einem Anstieg von 496 Straftaten im Jahr 2011 auf 556 im Jahr 2013 registrierte die Polizei im vergangenem Jahr mit 230 deutlich weniger Fälle, teilte das Brandenburger Innenministerium mit. Die Polizei ermittelte im vergangenen Jahr 267 Tatverdächtige, von denen 129 als sogenannte Geber und 138 als „Nehmer“ identifiziert wurden.
In 38 Prozent der Korruptionsfälle ging es nach Angaben des Ministeriums um Bestechung der öffentlichen Verwaltung insbesondere zur Beeinflussung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder zur Erlangung behördlicher Genehmigungen.
Auch bei Brandenburgs landesweit zuständigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte in Neuruppin ging die Zahl der Fälle zurück. Allerdings unterscheiden sich die Zahlen wegen unterschiedlicher Erfassung von jenen der Polizei. Nach mehr als 300 neuen Fällen in den beiden Vorjahren ist die Zahl der Neuzugänge auf 271 gesunken.
Mehr Anklagen und Strafbefehle
Parallel stieg die Zahl der erledigten Verfahren und der erhobenen Anklagen deutlich: Im Jahr 2013 wurden 276 Fälle erledigt, im vergangenen Jahr waren es 355. Zudem erhöhte die Staatsanwaltschaft die Anklagequote: In knapp 20 Prozent der Fälle wurde von der Behörde Anklage erhoben oder Strafbefehl erlassen, in den Vorjahren kam es jeweils nur in etwa jedem zehnten Fall dazu. Auch der Anteil der Fälle, bei denen erst durch Sanktionen wie Weisungen oder Geldauflagen die Verfahren erledigt wurden, stieg: Von 23,4 Prozent im Jahr 2012 auf 28,5 Prozent im vergangenen Jahr.
Die Zahl der neuen Ermittlungsverfahren ging im Jahr 2014 zwar zurück, sie liegt aber immer noch über dem Durchschnittswert von gut 200 Fällen pro Jahr seit 2001. Die im Bundesvergleich relativ hohen Eingangszahlen lassen sich nach Einschätzung der Justiz darauf zurückführen, dass Brandenburg der Bekämpfung der Korruptionskriminalität schon seit vielen Jahren besondere Aufmerksamkeit widmet.
Hauptsächlich Korruption in der Verwaltung
In Brandenburg geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft in gut 80 Prozent der Fälle um Korruption in Verwaltungen. 2014 gab es 25 Fälle in Unternehmen, während 127 Verfahren Bestechung beziehungsweise Vorteilsannahme von Amtsträgern betrafen. Und im überwiegenden Teil der Verfahren ging es um strukturelle Korruption, bei der die Tat „auf der Grundlage längerfristig angelegter korruptiver Beziehungen“ und „im Vorfeld der Tatbegehung bewusst geplant wurden“. Allerdings steigt der Anteil spontaner Korruption von 8 auf 16 Prozent, etwa wenn Polizisten bei einer Verkehrskontrolle Geld geboten wird und sie annehmen.
Einen Wandel gab es auch bei den Auslösern für Ermittlungsverfahren: Im vergangenen Jahr kamen die Hinweise an die Staatsanwaltschaft in 41 Prozent der Fälle durch anonyme Anzeigen, weitere 23 Prozent von bekannten Hinweisgebern und 21 Prozent von betroffenen oder geschädigten Firmen und Behörden. 2012 lag der Anteil anonymer Anzeigen noch bei 19 Prozent, von geschädigten Firmen und Behörden bei sechs Prozent. Der Anteil der Anzeigen von Amts wegen lag 2012 bei 31 Prozent, in den Folgejahren nur noch bei sieben Prozent. Auch andere Behörden und Firmen stellen immer seltener Anzeige.
Innenminister: Korruption geht zulasten des Allgemeinwohls
Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) warnte vor den großen Schäden, die durch Korruption angerichtet werden. Sie sei unsittlich, untergrabe rechtstaatliches Handeln und könne auch in Industrienationen wie Deutschland enormen Schaden anrichten, sagte Schröter zum Internationalen Tag gegen Korruption am gestrigen Mittwoch. „Das geht immer zulasten des Allgemeinwohls, auch von wichtigen Investitionen in den Kommunen“, erklärte er. Nach Berechnungen des Landeskriminalamtes Brandenburg haben Schmiergelderzahler im vergangenem Jahr einen materiellen Vorteil von schätzungsweise über sieben Millionen Euro erlangt.
Bei der Korruption müsse von einem nicht unbeträchtlichen Dunkelfeld ausgegangen werden, sagte Schröter. Die Polizei sei deshalb auch auf die Hinweise aufmerksamer Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Seit 2005 ermittelt im Land Brandenburg eine Gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG) des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen Korruptionskriminalität.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: