Brandenburg: Wer braucht schon Kohle?
Grünen-Studie: Stromversorgung sicher ohne Braunkohle, die Leitungen verstopft
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Potsdam - Brandenburg könnte schrittweise Abschied von der Braunkohle nehmen – und muss auch bei Flauten für Windräder oder Dunkelheit für Solarparks nicht mit einem Blackout des Stromnetzes rechnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Grünen-Fraktion im Landtag Brandenburg. Die Autoren, Jochen Twele von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und Elisa Gaudchau vom Berliner Reiner Lemoine Institut, haben anhand der Vorgaben der auslaufenden Energiestrategie 2030 der Landesregierung untersucht, wie lange die Braunkohle für eine sichere Energieversorgung noch gebraucht wird.
Das Ergebnis: Schon mit der bisherigen Energiestrategie würde es bei einer schrittweisen Abschaltung des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde, eines der dreckigsten Europas, bis 2030 zu keinen Problemen bei der Energieversorgung kommen. Vielmehr könne der Energiebedarf dann aus dem vorhandenen Energiemix abgedeckt werden. Das haben die Wissenschaftler auch taggenau für erhebliche Schwankungen im Netz ausgerechnet.
Gravierender ist, wie die Autoren zentrale Aussagen der Landesregierung in Zweifel ziehen. Wirtschaftsminister Albrecht Gerber und Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) erklären stets, vor dem Kohleausstieg müsste die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien zuverlässiger, Energiespeicher im Großformat vorhanden sein, um Schwankungen auszugleichen. Und sie fordern einen Netzausbau, der durch die Netzentgelte und den starken Ausbau erneuerbarer Energien in Brandenburg den hiesigen Verbrauchern die höchsten Strompreise beschert.
Twele sagte: „Wir müssen die Leitungen nicht verstärken für den Kohleausstieg, sondern aus der Kohle aussteigen, um den Ausbau zu vermeiden.“ Der Strom aus der Braunkohle verstopfe die Leitungen. Kritisiert wurde auch der hohe Exportanteil durch Kohlestrom, der mit der Versorgungssicherheit deutschlandweit – mit Ausnahme Berlins – begründet wird. Die Energie-Expertin der Grünen-Fraktion, Heide Schinowsky, sagte, einige europäische Nachbarn würden sich inzwischen schon gegen die deutschen Exporte infolge des Stromüberangebots wehren. Tatsächlich, so Twele und Schinowsky, gehe es bei dem hohen Exportanteil der Braunkohle und den Überkapazitäten nur darum, diese im System zu halten. Die Exportannahmen in der Energiestrategie seien zu hoch angesetzt, vielmehr sei eine Abnahme zu erwarten – die Braunkohle langfristig überflüssig. Als Ausgleich für Schwankungen bei erneuerbaren Energien seien die Kohlekraftwerke zu träge.
Schinowsky sagte, die Landesregierung müsse selbst den Paradigmenwechsel nachvollziehen und den Strukturwandel in der Lausitz gestalten. Sie dürfe nicht auf den Kraftwerks- und Tagebaubetreiber Leag warten, bis die Energiestrategie im dritten Quartal im Woidke-Kabinett beschlossen werden soll. Die Leag will bis Jahresmitte über die neuen Tagebaue Jänschwalde-Nord und Welzow-Süd II entscheiden. „Man muss der Leag reinen Wein einschenken“, sagte Schinowsky.
Tatsächlich verhält sich die Landesregierung paradox. Das Aus für das Kraftwerk Jänschwalde ohne CCS-Technik zur unterirdischen Speicherung des Klimagases CO2 steht bereits in der Energiestrategie. Und auch in der Ausschreibung für die Novelle hat die Landesregierung klare Prämissen: In den drei Szenarien tauchen die Tagebaue Jänschwalde- Nord gar nicht und Welzow-Süd II nur in einem Unterszenario auf. Alexander Fröhlich
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