Brandenburg: Wider die Heuschrecken
Brandenburgs Landtag debattiert über die Spekulationsgeschäfte mit märkischem Ackerland. Aber ein Vorkaufsrecht für einheimische Betriebe wird es auch weiterhin nicht geben. Der Antrag wurde abgeschmettert
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Potsdam - Er ist neu in Brandenburgs Landtag, immer noch aufgeregt, wenn er ans Pult tritt. Doch als der CDU-Abgeordnete Andreas Gliese am Donnerstag seine etwas holprige Rede beendete, da hatte er die Sympathien im Plenum. Er schloss seine Rede so: „Ich bin kein begnadeter Redner. Aber ich weiß, wovon ich spreche.“ Und das nahm man ihm ab. Denn der 46-Jährige, der bei der Landtagswahl im Herbst 2014 seinen Wahlkreis in Oder-Spree direkt geholt hatte, neu in den Landtag einzog, ist Tierarzt und selbst Landwirt. In der Aktuellen Stunde ging es um die Spekulation mit Ackerland in Brandenburg, die für Landwirte wie Giese zu einem immer dramatischeren Problem wird. Eindringlich hatte Gliese deshalb für einen gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen geworben, durch ein Landesgesetz nach Vorbild von Baden-Württemberg den einheimischen Agrarbetrieben ein Vorkaufsrecht bei Ackerverkäufen einzuräumen, um so den Verkauf von Boden an Kapitalanleger, an Fonds, zu erschweren.
Nach einer Untersuchung des Bauernbundes Brandenburg, der bäuerliche Familienbetriebe vertritt, befinden sich in Brandenburg bereits rund 111 000 Hektar in der Hand auswärtiger Kapitalanleger, Tendenz steigend. Das entspricht der Größenordnung eines Landkreises.
Der Antrag von CDU und Grünen für ein Vorkaufsrecht, unterstützt von der AfD, scheiterte am Nein der rot-roten Regierungskoalition. Vor einem Landesgesetz wollen SPD und Linke abwarten, ob in den nächsten Monaten – das Thema steht auf der Agenda der Agrarministerkonferenz – eine bundeseinheitliche Regelung zustande kommt. Mit rot-roter Mehrheit wurde daher ein SPD-Linke-Antrag beschlossen, wonach Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) „in Auswertung der kommenden Agrarministerkonferenz“ und der Erfahrungen anderer Länder irgendwann Vorschläge machen soll. Vogelsänger selbst hofft aber noch auf eine Bundesregelung. Zudem sei Sorgfalt bei Neuregelungen nötig. „Denn wir brauchen Gesetze, die vor Gericht Bestand haben“, sagte Vogelsänger. „Nur das nützt unseren Landwirten.“
Trotzdem sind sich im Parlament alle Fraktionen einig, dass es so nicht weitergehen kann – und dass die Landwirtschaft in Brandenburg bedroht wäre, wenn die Preise für Ackerland weiter so stark steigen wie in den Vorjahren. Seit 2005 haben sie sich verdreifacht, rechnete der Linken-Abgeordnete Thomas Domres vor. Ackerland ist zum lukrativen Anlageobjekt geworden. „Wo soll das noch hinführen?“ Scharf kritisierte Domres, dass die bundeseigene Bodenverwertungsgesellschaft BVVG, die Ackerflächen in Ostdeutschland privatisiert, als Preistreiber wirke. Vor einigen Jahren habe sie Äcker in Brandenburg noch für 3900 Euro je Hektar verkauft, inzwischen für 13 700 Euro. Nach dem rot-roten Entschließungsantrag soll das Land beim Bund auf eine andere Preispolitik bei der Verwertung von BVVG-Flächen hinwirken.
Der AfD-Abgeordnete Sven Schröder warnte davor, das Problem auf die lange Bank zu schieben. „Wenn es keine kurzfristige Lösung gibt, sind keine Flächen mehr da. Dann brauchen wir nichts mehr unternehmen.“
Und nach den Worten des CDU-Abgeordneten Gliese ist ein eigenes Landesgesetz möglich, so habe es der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags in einem Gutachten festgestellt. Gerade bereite Sachsen-Anhalt ein solches Gesetz vor. Denn die Entwicklung der Bodenpreise mache es vielen Betrieben zunehmend unmöglich, notwendige Flächen zu halten oder zu erwerben, erklärte Gliese. Als Landwirt betrachte er mit großer Sorge die Ausbildung von Holdingstrukturen in der Landwirtschaft, „die keinerlei Verbindung zu unseren Dörfern haben“. Wenn aber „Wanderarbeiter nur noch tageweise auf die Felder geschickt werden und nach zwei Tagen wieder verschwunden sind“, prophezeite er, „dann wird diese Form der Landwirtschaft keine gesellschaftliche Akzeptanz finden“.
Das Land Brandenburg müsse bei sich anfangen, den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen aus dem Landesvermögen stoppen, forderte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Auch wir verkaufen – und profitieren von den hohen Preisen.“ Darauf ging Agrarminister Vogelsänger erst gar nicht ein. Stattdessen hielt er CDU und Grünen vor: „Sie arbeiten gemeinsam an einer schwarz-grünen Koalition!“ Da ertönte es aus den CDU-Reihen: „Richtig.“
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