Von Alexander Fröhlich: Widerstand der Bürger gegen Vattenfall ist groß Im Oderbruch und in Beeskow hat der Landtagswahlkampf einen ganz eigenen Schlag
Neutrebbin/Beeskow – In der Gegend um Neutrebbin im Oderbruch und in Beeskow (Oder-Spree) südöstlich von Berlin hat der Landtagswahlkampf einen ganz eigenen Schlag. In beiden Gebieten will der Energiekonzern Vattenfall das Klimagas Kohlendioxid (CO2) im Untergrund speichern.
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Neutrebbin/Beeskow – In der Gegend um Neutrebbin im Oderbruch und in Beeskow (Oder-Spree) südöstlich von Berlin hat der Landtagswahlkampf einen ganz eigenen Schlag. In beiden Gebieten will der Energiekonzern Vattenfall das Klimagas Kohlendioxid (CO2) im Untergrund speichern. Doch der Widerstand der Bürger vor Ort ist groß, der Protest bunt, die Linke ist sowieso dagegen und war schon 2004 als PDS stärkste Kraft – die Regierungsparteien SPD und CDU aber proben den Spagat.
Beide haben sich für die sogenannte CCS-Technik (Carbon Dioxide Capture and Storage) ausgesprochen, die Landesregierung will neue Tagebaue nur genehmigen, wenn das Klimagas unter die Erde kommt. Bisheriger Plan: Vattenfall will im Kraftwerk Jänschwalde bei der Verstromung von Braunkohle CO2 abscheiden, verflüssigt per Pipeline nach Beeskow oder Neutrebbin pumpen und dort in mehr als tausend Meter tiefen Gesteinsschichten 2,5, Millionen Tonnen pro Jahr lagern. Für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ist das eine „große Klimaschutz-Option“.
Die CDU in beiden Regionen stellt sich gegen die Linie der Parteiführung in Potsdam, die Kreisverbände Märkisch-Oderland und Oder-Spree sind klar gegen die CO2-Verklappung. Die Parteispitze habe es den Kandidaten vor Ort freigestellt, dazu eine andere Meinung zu haben, heißt es.
Sebastian Jarantowski (31), der in Oder-Spree antritt, hält Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) „parteischädigendes Verhalten“ vor, hatte ihn für den Wahlkampf vorsorglich ausgeladen und mit Parteifreunden den „Fürstenwalder Kreis“ gegründet.
In einem Positionspapier heißt es, die Risiken der Speicherung seien nicht ausreichend erforscht, die Region dürfe nicht als Versuchsdeponie missbraucht werden.
Auch Horst Tarnawski, der rund um Neutrebbin antritt, gehört zu den CDU-Rebellen. „Wir machen Wahlkampf unabhängig von der Landespartei.“ Seine Stimme hat Gewicht, er ist Beisitzer im Bundesvorstand der Mittelstandsvereinigung der Union, betreibt eine Firma für Wärmelieferung und beschäftigt sich von Berufs wegen mit erneuerbaren Energien. „Mit CCS ist die Tiefengeothermie gestorben.“ Genau damit aber, mit heißem Wasser als Energiequelle aus tiefen Erdschichten, will Tarnawski Geld verdienen. Das Festhalten an der Braunkohle sei nachvollziehbar, aber der wissenschaftliche Nachweis fehle, dass die CCS-Technik sicher sei.
Dabei steht noch nicht einmal fest, ob sich die Erdschichten in beiden Regionen eignen, erst für 2010 sind Probebohrungen geplant. Allein die Debatte darum hat Folgen: „Die Grundstücke werden jetzt schon niedriger bewertet, die Preise sinken. Für kleine Unternehmen und Landwirte bedeutet das, sie können ihre Kredite schwerer mit Immobilien absichern und investieren nicht.“
Auch die SPD ist im Zwiespalt. Erst kürzlich hatte Fraktionschef Günter Baaske für Entsetzen bei der CDU-Spitze gesorgt, Abkehr von der eigenen Energiepolitik lautete deren Vorwurf. Baaske hält den CO2-Speicher in Beeskow und Neutrebbin für nicht mehr umsetzbar – „das ist verbrannte Erde“, die Fronten „durch Polemik verhärtet“. Vattenfall müsse stärker den Dialog mit den Bürgern suchen und andere Regionen in die Pläne einbeziehen, dort werde möglicherweise „sachlicher argumentiert“. Selbst SPD-Generalsekretär Klaus Ness, der sich in Oder-Spree zur Wahl stellt, meint: „Ich bin grundsätzlich für die CCS-Technologie um den Klimawandel zu stoppen. Ob der Standort optimal gewählt ist, ist eine andere Frage. Dazu muss man auch den Tourismus einbeziehen.“
Auch Jutta Lieske, die im für die SPD im Landtag sitzt und im Oderbruch antritt, findet kein Argument gegen das CO2-Endlager, wenn „die Sicherheit der Menschen, des Eigentums und der Natur“ durch Forschungsergebnisse gewährleistet ist. Den Christdemokraten aber wirft sie vor, „mit den Ängsten der Menschen Wahlkampf“ zu machen. „Das finde ich verwerflich.“
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