Brandenburg: Willy Brandt – ein Ost-Politiker?
Berliner Schüler wissen wenig über die DDR und die Geschichte der deutschen Teilung
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Berlin - Die Umwelt war in der DDR sauberer, die Lebenserwartung höher, alle hatten etwa das gleiche Einkommen und Willy Brandt und Konrad Adenauer lenkten als Politiker die Geschicke der Republik. Dieses Bild haben viele Berliner Schüler von der DDR, wie eine Studie des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität (FU) Berlin ergeben hat. Das Wissen über die DDR und die Geschichte der deutschen Teilung sei gering, sagte der Politikwissenschaftler Klaus Schroeder bei der Vorstellung der Umfrage am 18. Jahrestag des Mauerfalls. Einige Ergebnisse hätten ihn und seine Kollegen „vom Hocker gerissen“, berichtete er. Über 40 Prozent der befragten Schüler hätten beispielsweise nicht gewusst, in welchem Jahr die Mauer gebaut wurde. Schroeder und sein Team befragten rund 2350 Schüler der neunten bis elften Klasse an 22 Schulen in der Hauptstadt. In standardisierten Bögen beantworteten die Jugendlichen unter anderem Fragen zum politischen und gesellschaftlichen System der DDR und zu ihrer eigenen Einschätzung der Republik. Auch in Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen machten die Wissenschaftler Parallelstudien. Deren Ergebnisse sollen in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.
Bei der Zuordnung von Politikern aus der DDR und der Bundesrepublik lagen die Berliner Jugendlichen laut Umfrage häufig daneben. Fast jeder dritte Befragte hielt Konrad Adenauer, den früheren Bundeskanzler der BRD, für einen DDR-Politiker. Nur rund 17 Prozent der Schüler in Ost-Berlin und etwa 26 Prozent der Schüler im westlichen Teil der Stadt hätten gewusst, dass es in der DDR bis 1987 die Todesstrafe gab, sagte Schroeder. Aber auch die meisten Lehrer hätten darüber nicht Bescheid gewusst. Fast 40 Prozent der Ost-Berliner Schüler und knapp 25 Prozent im westlichen Berlin ordneten die Staatssicherheit (Stasi) als normalen Geheimdienst ein, „wie ihn jeder Staat hat“. Auch als Diktatur wollten viele Schüler die DDR nicht bezeichnen. Die Lehrer hätten angesichts der Ergebnisse oft regelrecht unter Schock gestanden, sagte Uwe Hillmer, Mitarbeiter der Studie. ddp
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