Radikaler Offline-Gang: „Wir ignorieren das nicht“
Die Abschaltung der Internet-Plattform „Linke in Regierungen“ schlägt Wellen und sorgt für Kontroversen in der Partei.
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Potsdam – Zwar reagierten Brandenburgs Landesverband und Landtagsfraktion der Linken am Freitag zurückhaltend auf die Fundamentalkritik des Ex-Landtagsabgeordneten Andreas Trunschke, mit der dieser wie berichtet den radikalen Offline-Gang des Dialog- und Mitmachforums zum Monatsende angekündigt hatte. Einige Landtagsabgeordnete und Kreischefs äußerten aber Verständnis, nannten seine Kritik berechtigt. Sie soll in Fraktions- und Landesvorstand Thema werden. Der Linke-Blog sollte, gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, eigentlich der Selbstverständigung über die rot-rote Regierungspolitik dienen, war aber nach Worten Trunschkes von den Offiziellen boykottiert worden, weshalb er sich nun zur Einstellung entschloss. Trunschke, der Ende 2011 aus der Partei austrat, hatte zudem die verkrustete Führungs- und Kommunikationskultur der Linken gerügt sowie die etwa im Vergleich zu den aufstrebenden Piraten antiquierte Präsenz der brandenburgischen Linken im Web.
Dort soll es demnächst einige Verbesserungen geben, wie sowohl die Fraktion als auch der Landesverband auf Anfrage ankündigten. Und zwar länger geplant, unabhängig von den Vorwürfen, wie es hieß. In der Fraktion soll am 24.April der Entwurf der neue Internetpräsenz vorgestellt werden, die auch bessere Mitwirkmöglichkeiten, etwa eine Kommentarfunktion, bieten soll, wie Sprecherin Alexa Lamberz sagte. Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige verwies auf die laufende Parteireform, bei der ein Projekt die intensivere Internet-Nutzung sei. „Wir ignorieren das nicht.“ An einigen Stellen habe Trunschke „sicher nicht Unrecht“. Andererseits halte sie seine Ausrichtung auf Blogs, Online, Internet für zu „einseitig“. Das sei „auch kein Königsweg“. Man werde auch „nichts überstürzen“. Es seien viele Fragen zu klären. Wenn man als Partei Internet-Foren betreibe, habe man die Haftung und müsse diese betreuen. „Dann muss gesichert sein, dass es zeitnah Antworten gibt.“ Landesverband und Fraktion sehen Kapazitätsprobleme.
„Es fehlte am Wesentlichen“, nämlich der Mitwirkung der regierenden Linken, hatte Trunschke kritisiert. Doch diese habe es trotz zahlreicher Gespräche in Vorständen und mit einzelnen Ministern und Abgeordneten „zu keinem Zeitpunkt“ gegeben. Trunschke hatte beklagt, dass es kein Online-Forum der Linken im Land gibt, dass selbst auf Facebook „dieselben drögen Presseerklärungen wie auf den Webseiten“ veröffentlicht würden. Im Netz erhielt er Zuspruch von Linke-Politikern. „Er hat recht“, erklärte etwa der Abgeordnete Jürgen Maresch. „Hoffentlich bin ich nicht nur einer der Wenigen, die deine Gründe für die Schließung nachvollziehen können“, postete der Abgeordnete Wolfgang Thiel. Und der Potsdamer Linke-Chef Sascha Krämer bedauerte das Aus. „Es war ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht zu früh – aber hoffentlich noch nicht zu spät.“ Die Notwendigkeit eines transparenten, gleichberechtigten und online geführten Dialogs habe „nicht alle Köpfe erobert“. Der Landtagsabgeordnete und Kreischef Peer Jürgens meldete zwar Zweifel an, dass Trunschke mit seiner zugespitzten Grundsatzkritik etwas bewirkt. Jürgens hatte es anders versucht, in der Fraktion intern dafür geworben, Pressekonferenzen per Livestream im Internet zu übertragen und Online-Debatten zu noch nicht fertigen Positionspapieren zu ermöglichen, war aber mit seinen Vorstößen abgeblitzt.
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