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CDU-Landeschefin Johanna Wanka.

© Thilo Rückeis

Brandenburg: „Wir möchten objektive Bewertungen“

CDU-Landeschefin Johanna Wanka über die Enquetekommission zur Untersuchung der Jahre in Brandenburg nach der Wende

Stand:

Frau Wanka, noch vor Einsetzung der Enquetekommission stehen die Zeichen zwischen Opposition und Regierungsfraktionen auf Konfrontation. Wie soll es weiter gehen?

Unser Ziel ist nicht die Konfrontation. Alle drei Oppositionsfraktionen haben sich auf einen Untersuchungsauftrag verständigt, der bewusst weit gefasst ist, und wir sind bereit, Ergänzungen durch die Regierungskoalition anzunehmen. Man verlangt aber von uns nur, Dinge herauszustreichen. Das ist kein vernünftiger Umgang miteinander, so sollte man gar nicht erst beginnen.

Angefangen hat alles mit Stasi-Spitzeln in der Polizei, dann ging es um Stasi-IM bei Rot-Rot. Jetzt kommen immer neue Themen hinzu, West-Personal, Landwirtschaft, die Treuhand. Wie viel kann die Kommission überhaupt leisten?

Unser Ziel ist es, den ganzen Prozess des Überganges von der DDR in den demokratischen Rechtsstaat zu untersuchen. Das heißt zu analysieren, was strukturell inhaltlich und personell passiert ist. Eine Kommission, die zwei Jahre arbeiten soll, kann natürlich nicht alles erschöpfend untersuchen. Hier heißt es, Prioritäten zu setzen. Wichtig ist in jedem Fall, dass aus den Untersuchungen Handlungsempfehlungen für die zukünftige Politik im Land Brandenburg folgen zum Beispiel im Hinblick auf die brandenburgische Position für die EU-Agrarförderung nach 2014.

Aber gerade die Passage zur Landwirtschaft ist umstritten. Worum geht es Ihnen bei der Frage der Besitzverhältnisse?

Zunächst ist es einfach falsch, dass wir irgendetwas rückgängig machen wollen, der Begriff Bodenreform tauchte nie im Untersuchungsauftrag auf. Auch bei den Eigentumsverhältnissen geht es nicht um Zurückdrehen, da geht es ums Bewerten, was hat das für Folgen für Arbeitsplätze, was ist künftig die richtige Strategie des Landes. Wir sind ein agrarwirtschaftlich geprägtes Land, wo natürlich die Förderung des ländlichen Raumes eine große Rolle spielt,dieses Thema lässt sich nicht einfach ausklammern.

Ein weiterer Punkt sind die importierten Westeliten, SPD und Linke machen die Frage in Verteidigung des „Brandenburger Weges“ auf. Wie wollen sie diesen Gegensatz, hier die Rolle der SED-Funktionäre, dort das West-Personal, auflösen?

Wer aus den alten Bundesländern gekommen ist und welches Bundesland bei der Entwicklung Pate gestanden hat, hatte natürlich Einfluss auf die Gesetze, die Institutionen etc. Damit muss man sich natürlich befassen, aber nicht mit vorgefertigten Urteilen. Von der Koalition wird uns immer unterstellt, dass wir irgendetwas schlecht reden wollen – das ist schon ein wenig bösartig. Im Gegenteil, gerade wir als Opposition wollen eine ergebnisoffene Untersuchung. Ich verstehe natürlich, dass die SPD etwas unruhig ist. Sie ist seit 20 Jahren in Regierungsverantwortung und möchte verhindern, dass, ein schlechtes Licht auf diese Zeit fällt.

Ist es denn wirklich nur die Untersuchung des „Brandenburger Weges“, eigentlich geht es doch um typisch ostdeutsche Phänomene?

Im Auftrag steht die Untersuchung der Entwicklungen in Brandenburg, gerade auch im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern. Es gibt ja deutliche Unterschiede, zum Beispiel im Schulsystem. Wir alle hatten ähnliche Ausgangsbedingungen, aber Thüringen und Sachsen sind jetzt Spitzenreiter bei Pisa. Unsere Kinder sind nicht weniger klug, trotzdem sind wir immer schlechter. Das ist es doch spannend zu untersuchen, was wir anders machen müssen.

Wie anders hätte es denn laufen können nach 1990? Hat es Manfred Stolpe denn nicht bei aller Kritik an seinem Umgang mit der DDR zumindest geschafft, dem Land, den Menschen eine Identität zu geben?

Was nach 1990 passiert ist, war ein Prozess ohne Vorbild, es musste nach Wegen, auch einem eigenen gesucht werden, hier ist das stark mit der Person Manfred Stolpe verbunden, in Sachsen mit Kurt Biedenkopf. Aufgabe der Enquete-Kommission wird es auch sein, hervorzuheben, was besonders gut gelungen ist in Brandenburg. Wir gehen im Gegensatz zur den Regierungskoalition nicht mit einer vorgefassten Meinung in die Kommission, wir möchten objektive Bewertungen von Wissenschaftlern.

Auf dem Land kommt eines ganz verkürzt an: Es gab Stasi-Fälle, die Opposition will den Umgang mit Altkadern nach 1990 untersuchen lassen, es wird eine Enquete-Kommission eingesetzt.

Das ist falsch. Diese unsägliche Situation in Brandenburg war der Anlass und wird eine wichtige Rolle spielen, es ist aber verkehrt, die Kommission darauf zu reduzieren. Die Unterschrift von zwei früheren Stasi-IM unter dem Koalitionsvertrag, ein Stasi-Fall nach dem anderen, nach so einem Imageschaden für Brandenburg muss man Konsequenzen ziehen, sich ehrlich mit der Vergangenheit befassen, Sich fragen, warum passiert das ausgerechnet bei uns.

Aber wie erklären sie dem Durchschnitts-Märker, dem Bürger auf dem Markplatz, was das Ganze soll, zumal es Kosten verursacht?

Es soll eine Analyse sein, wo stehen wir, was ist in Brandenburg sehr gut gelungen, was ist mit den Dingen, die die Bürger oft kritisieren, zum Beispiel im Bildungsbereich beim Unterrichtsausfall oder bei den Finanzen. Die Weichen in diesem Bereich werden gerade durch Rot-Rot völlig falsch gestellt. Es ist wie Anfang der 1990er Jahre, wo man immer über den Verhältnissen gelebt hat.Wir wollen auch schauen, was in anderen Ländern gut funktioniert hat. Im Hinblick auf die Kosten steht noch gar nicht fest, wie teuer die Kommission wird. Natürlich wollen wir keine übermäßigen Kosten. Rot-Rot verursacht einen riesigen Imageschaden für Brandenburg und jetzt nehmen sie einfach zwei Millionen Euro für eine Imagekampagne, um den Schaden zu reparieren. Wenn ich das ins Verhältnis setze zu dem Versuch, aus 20 Jahren konsequent Lehren zu ziehen, ist ein angemessener Finanzansatz gerechtfertigt.

Die Fragen stellte Alexander Fröhlich

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