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Brandenburg: „Wir sind besser als die Umfragewerte“

Berlins CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger sieht noch gute Chancen für einen Wahlsieg

Stand:

Herr Pflüger, warum läuft es allen Umfragen nach so schlecht für Berlins CDU?

Der Wahlkampf läuft gut. Die CDU ist geschlossen und entschlossen wie lange nicht. Unsere Veranstaltungen sind gefüllt. Unsere drei Kongresse zu Arbeit, Bildung und Sicherheit – alle proppenvoll. Die Partei ist mobilisiert. In den Umfragen schlägt es sich noch nicht nieder. Aber wir wollen nicht Umfragen, sondern die Wahlen gewinnen.

Wie erklären Sie denn die Umfragewerte?

Die Umfragewerte leiden ganz offensichtlich unter dem Bundestrend. Die Bundes-CDU hat seit Mai zehn Prozent verloren. Wie hätten wir da in Berlin zulegen sollen? Jetzt spricht sich langsam herum, dass es hier in Berlin am 17. September um landespolitische Themen geht.

Aber Ihre Themen – Arbeit, Bildung, Sicherheit – ziehen offenbar nicht richtig?

Bei 300 000 Arbeitslosen ist Arbeitslosigkeit das dominierende Thema. Die Einheitsschule, der Religionsunterricht, die Frage, was aus dem Flughafen Tempelhof wird, der Umgang mit Graffiti und sogenannten Bagatelldelikten – das alles sind Themen, die die Leute berühren. Und wir sind die, die dazu klare Angebote machen. Warten wir doch mal ab.

Sie glauben, dass dieser Wahlkampf wie schon der Bundestagswahlkampf 2005 in den allerletzten Tagen entschieden wird?

In den letzten Tagen vor der Bundestagswahl habe ich gespürt: Es bricht uns etwas weg, obwohl die Umfragen uns stabil bei 40 Prozent sahen. Im Moment habe ich das Gefühl, dass wir besser sind als die Umfragewerte. Wir gehen unsern Weg.

Die Stadt hat nun mal ein mehrheitsfähiges linkes Lager. Woher nehmen Sie die Zuversicht, das bürgerliche Lager sei gestärkt?

Weil sich bei der CDU eine ganze Menge getan hat, auch wenn unser politischer Gegner aus wahltaktischen Gründen das Gegenteil behauptet. Nehmen Sie Frau Kabisch, die sich um Schulpolitik kümmert. Oder Frau Schäfer-Korting für die Wissenschaft. Monika Grütters für die Kultur. Axel Ekkernkamp für die Gesundheit. Da kommen neben bewährten Kräften neue, interessante Leute dazu. Da ist etwas passiert, worauf man – unabhängig vom Wahlergebnis – aufbauen kann.

Aber Sie haben doch keine auch nur theoretische Mehrheit für eine bürgerlich geführte Koalition.

Das bestreite ich. Sehen Sie sich Hamburg an. Dort hörte Ole von Beust auch jahrelang, in einer Stadt wie Hamburg würde die CDU nie regieren können. Ich will Berlin so erfolgreich regieren wie er Hamburg. Wenn am Wahlabend Rot-Rot keine Mehrheit hat – und die Chance ist sehr groß –, dann werden die Karten neu gemischt. Ich habe nie verstanden und finde es unverantwortlich, dass sich Herr Wowereit so auf die PDS festgelegt hat. Das ist ein Verrat an den Idealen von Ernst Reuter und Willy Brandt. Klar ist: Jede Stimme für Wowereit ist eine Stimme für Rot-Rot. Wer das nicht will, muss CDU wählen.

So unsolide Politik hat die PDS nicht gemacht. Sie hat nicht ständig dem Finanzsenator Geld aus dem Kreuz geleiert.

Trotzdem: Es bleibt die Verschiebung des Koordinatensystems. Senator Flierl lässt in seiner Anwesenheit zu, dass alte Stasi-Leute Täter zu Zeitzeugen erklären. Der PDS-Ehrenvorsitzende Modrow sagt, die Mauer sei von Ost und West gleichermaßen zu verantworten. Bei allem Pragmatismus verharmlost die PDS die SED-Diktatur.

Ist es sinnvoll für Sie, eine demokratisch gewählte Partei siebzehn Jahre nach der Wende mit solchen Verdikten zu bekämpfen, wenn man selbst große Schwierigkeiten bei den Wählern im Osten der Stadt hat? Müssen Sie die PDS nicht vor allem inhaltlich bekämpfen?

Das tun wir doch. Aber wir vergessen dabei auch die geschichtliche Wahrheit nicht. Und ich kann keine PDS akzeptieren, die ihre SED-Vergangenheit verharmlost. Ich kritisiere doch nicht die überwältigende Zahl der Menschen, die in der DDR anständig geblieben sind, sondern die Diktatur von Stasi und SED.

Manche halten es für eine Leistung der Koalition, dass sie die Gegensätze zwischen West und Ost verkleinert hat.

Wo denn? Die Gräben zwischen beiden Teilen der Stadt sind eher tiefer geworden. Das spüre ich an der Stimmung, die mir im Westteil der Stadt begegnet, etwa in den großen Wohnungsbausiedlungen. Es zeigt sich an der Diskussion über die Zukunft der Ku''damm-Bühnen oder über den Bahnhof Zoo. Im Westen haben manche den Eindruck: Wir werden abgehängt. Demgegenüber haben im Osten viele den Eindruck: Wir sind Berliner zweiter Klasse. Rot-Rot hat die Gräben nicht zuschütten können. Meine Vision für Berlin ist, dass wir Vorreiter bei der Überwindung der Gegensätze sind.

Was halten Sie davon, dass die CDU in Cottbus mit der PDS zusammenarbeitet?

Ich halte das für einen Fehler.

Das Gespräch führten Werner van Bebber, Sven Goldmann, Gerd Nowakowski und Ulrich Zawatka-Gerlach

Friedbert Pflüger (51) ist CDU-Spitzen-

kandidat bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl. Er arbeitet als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverteidigungsminister.

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