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Brandenburg: Wirtschaftsboom in Berlin-Brandenburg

Der Aufschwung bringt Jobs: Arbeitsagenturen bieten so viele offene Stellen wie lange nicht mehr – manche Branchen suchen händeringend nach Personal

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Auf dem Arbeitsmarkt der Region Berlin-Brandenburg geht es wieder aufwärts. Und das schon seit längerem. „Die Fußball-WM war die Initialzündung“ für Berlin, sagt Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion für Arbeit. Aber mit dem Finale war längst nicht Schluss. Der Aufschwung hält an: Heute gibt es 272 000 Arbeitslose in Berlin – knapp 35 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. In Brandenburg schreibt sich die Politik das Hoch in Wirtschaft und bei Beschäftigung auch ein wenig selbst zu: Die Umstellung der Förder- und Wirtschaftspolitik weg vom Gießkannenprinzip habe neben den deutschlandweit guten Wirtschaftsdaten mit für die gute Entwicklung gesorgt.

Dass der Aufschwung auch die lange als wirtschaftlich schwachbrüstig geltende Bundeshauptstadt erreicht hat, wird auch an der Zahl der offenen Stellen in Berlin deutlich. Gut 38 000 Jobs bieten Arbeitsagenturen und Jobcenter derzeit an; vor fünf Jahren waren es gerade einmal 9000. In Brandenburg haben allein bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam, die für den westlichen Landesteil zuständig ist Unternehmen noch mehr als 900 freie Lehrstellen.

Nicht nur der Nachwuchs fehlt in der gesamten Region. „Gesucht werden qualifizierte Facharbeiter in allen Bereichen, technische Ingenieure, IT-Fachkräfte aber auch Mathematiker oder Chemiker“, sagt Olaf Möller von der Berliner Regionaldirektion der Arbeitsagentur.

In Brandenburg waren im Vormonat Insgesamt 27 100 Personen mehr in Arbeit als im Vorjahr. Mit einem Zuwachs um 4,0 Prozent im Jahresverlauf erreicht Brandenburg im bundesweiten Vergleich damit den Spitzenwert. Profitiert haben vor allem das Dienstleistungsgewerbe (+8300), das Verarbeitende Gewerbe (+7900) und das Baugewerbe (+6500).

Vor allem gut ausgebildete Arbeitslose, die erst seit kurzem ohne Job sind, profitieren von der Konjunktur. Für die Langzeitarbeitslosen, die schwer zu vermitteln sind, bleibt die Lage aber schwierig. Das erkennt man schon auf den Fluren der Jobcenter, wo sich besonders zum Monatsanfang lange Schlangen bilden, während es diese bei den Arbeitsagenturen – zuständig für Arbeitslose, die weniger als ein Jahr ohne Job sind – seit langem nicht mehr gibt. Regionaldirektions-Sprecher Möller geht aber davon aus, dass zunehmend auch Langzeitarbeitslose wieder den Weg zurück ins Berufsleben finden werden.

Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) fordert daher von den Arbeitsagenturen und der Politik, gemeinsam mit der Wirtschaft einen Fachkräftepool für die gesamte Region Berlin-Brandenburg zu bilden. Dort könnten dann die Qualifikationen und die Ausbildungsmängel analysiert und geeignete Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen entwickelt werden. „Wir müssen uns angesichts des Fachkräftemangels mehr um diese Menschen kümmern und sie an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgerichtet qualifizieren“, sagt der stellvertretende UVB-Hauptgeschäftsführer Klaus-Dieter Teufel.

Der Aufschwung ist beim regionalen Handwerk angekommen. „Unsere Unternehmen schauen optimistisch in die Zukunft. So eine Stimmung gab es seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr“, sagt Berlins Handwerkskammer-Sprecher Wolfgang Rink. Laut einer Umfrage gehen 85 Prozent der Mitgliedsbetriebe davon aus, dass sie im Vergleich zu 2006 in diesem Jahr eine ähnlich gute oder sogar eine bessere Auftragslage haben werden. Besonders viel Zuversicht gebe es in der Baubranche und bei den Zulieferbetrieben für die Industrie.

Siemens ist mit 13 881 Arbeitsplätzen der größte industrielle Arbeitgeber in der Region. Innerhalb des Konzerns gilt der Standort Berlin als größter Fertigungsstandort. Vor allem im Energiebereich produziert das Unternehmen. Den konjunkturellen Aufschwung verspüre man vor allem in der Auftragslage, sagte Siemens-Sprecherin Elke Fuchs. In Berlin gebe es zurzeit 130 freie Stellen vor allem im technischen Bereich. Allerdings schützt auch die konjunkturelle Belebung nicht vor Entlassungen. Der vor einem Monat gegründete Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks (NSN) etwa plant Stellen zu streichen.

Besonders in Brandenburg sorgt aber der Fachkräftemangel zunehmend für Probleme. Während die Konjunktur die Auftragsbücher der Unternehmen füllt, finden sie nicht genügend geeignete Mitarbeiter, um zu wachsen. So sucht das Funkwerk Dabendorf im Landkreis Teltow-Fläming – hochspezialisierter Hersteller von Kommunikationselektronik – händeringend Fachkräfte. Da das Unternehmen in der Region Berlin-Brandenburg zunehmend Probleme hat, geeignete Bewerber zu finden, schaltet die Firma gezielt Stellenanzeigen in Baden-Württemberg. Ähnliches berichtet der Triebwerk-Hersteller BMW-Rolls-Royce.

In der Transportbranche freuen sich Spediteure und Fuhrunternehmen über die gute Auftragslage. Gute Fahrer sind – zumindest in Berlin und dem Speckgürtel – in der Regel nicht länger als drei Monate arbeitslos. Katrin Knapp ist Inhaberin der TSB Transport Service & Beratung in Berlin-Köpenick. Sie hat 25 Mitarbeiter. Wenn sie mehr Fahrer benötigt, greift sie auf ehemalige Bewerbungen zurück. Eine Chance habe jeder, sagt Katrin Knapp, der wirklich arbeiten und auch dazulernen möchte.

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