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Brandenburg: Wirtschaftsminister Gerber soll für SPD Spenden von Firmen nehmen
Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber will Schatzmeister im Landesvorstand der SPD werden. Die Opposition kritisiert die Interessenkonflikte - und auch der Koalitionspartner findet die Kandidatur "Verrückt und grenzwertig".
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Potsdam - Die Opposition im Brandenburger Landtag ist alarmiert über die Kandidatur von Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber als Schatzmeister der Landes-SPD. Der Landesvorstand hat Gerber – wie die PNN berichteten – als Kandidaten für die Wahlen auf dem Landesparteitag Mitte Oktober vorgeschlagen. Grüne und CDU befürchten nun nach einem „Bild“-Bericht eine Vermengung von Minister- und Parteiamt. Selbst die Führungsriege der Linken findet Gerbers Kandidatur „verrückt“ und „grenzwertig“.
„Ich halte eine solche Entscheidung für riskant, weil damit mögliche Interessenkonflikte gegeben sind, die problematisch werden können“, sagte CDU-Generalsekretär Steeven Bretz am Donnerstag. „Diese können sich ergeben, wenn ein Minister, der Fördermittel an Unternehmen und Vereine vergibt, gleichzeitig für die Spendenwerbung seiner Partei zuständig ist.“ Skandale seien daher programmiert. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sprach von einem „beispiellosen Tabubruch“. „Ein Unternehmen, das Fördergeld haben will, öffnet leichter seine Geldbörse, wenn es um Parteispenden geht“, sagte Vogel der „Bild“-Zeitung. „Aus gutem Grund ist kein deutscher Wirtschaftsminister gleichzeitig Schatzmeister seiner Partei.“
Gerber: „Spenden sammeln werde daher auch ich im Falle der Wahl nicht“
Gerber selbst sagte den PNN, die Brandenburger SPD sei nicht auf Spenden aus der Wirtschaft angewiesen. Die Bundesrepublik habe ein gutes System der staatlichen Parteienfinanzierung, „das uns unabhängig macht“. Die SPD profitiere von den Einnahmen ihrer Mitglieder. Deshalb setze man seit vielen Jahren auf aktive Mitgliederwerbung. „Spenden sammeln werde daher auch ich im Falle der Wahl nicht“, sagte Gerber. „Das macht die SPD Brandenburg auch seit vielen Jahren nicht mehr.“ Das Spendenaufkommen aus der Wirtschaft liege bei einem Promille des Gesamthaushalts der Partei, nämlich bei aktuell 1700 Euro pro Jahr. Dies entspreche jener Summe, „die ich innerhalb von zwei Monaten an Mitglieds- und Mandatsträger-Abgabe an die SPD überweise“, sagte Gerber. Auch SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz sagte, die Landespartei bekomme nur wenige Spenden aus der Wirtschaft. 2015 habe der Jahresetat 1,7 Millionen Euro umfasst.
Der Verweis von Gerber und SPD-Generalsekretärin Geywitz auf das Jahr 2015 ist allerdings wenig aufschlussreich – denn es war das Jahr nach der Landtagswahl. Aussagekräftiger sind die Zahlen für das Wahljahr 2014, die SPD-Landesgeschäftsführer Daniel Rigot auf PNN- Anfrage mitteilte. Demnach lag der Jahresetat bei 1,83 Millionen Euro. Und auch das Spendenaufkommen war deutlich höher als im Folgejahr: 23 650 Euro – also 90 Prozent – kamen von Unternehmen, 2625 Euro von Privatpersonen. Keine der Einzelspenden aus der Wirtschaft lag über 10 000 Euro und war damit auch nicht veröffentlichungspflichtig. Das Beispiel zeigt, dass es spätestens bei der Landtagswahl 2019 ein Problem werden könnte, wenn Gerber als Wirtschaftsminister mit genau jenen Unternehmen spricht, deren Spenden er dann als Schatzmeister der SPD annehmen müsste.
Gerber wäre nicht für Spendenwerbung, aber für Annahme von Spenden verantwortlich
SPD-Generalsekretärin Geywitz sieht dagegen keine Interessenkonflikte. Bekanntlich sei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sogar Parteivorsitzender, entgegnete sie. „Der Schatzmeister ist bei uns auch nicht für Spendenwerbung zuständig, sondern für die Rechnungslegung und den Kassenbericht“, sagte Geywitz.
Tatsächlich wäre Gerber nicht für die Spendenwerbung verantwortlich, allerdings für die Annahme von Spenden. Ein Blick in das Organisationsstatut und der Finanzordnung der Bundes-SPD sowie in die Satzung der SPD Brandenburg reicht da aus. Die Aufgaben des Schatzmeisters im Landesvorstand richten sich nach der Finanzordnung der Partei. Dort ist bei den Aufgaben nur die Kassenführung angegeben. Im Abschnitt zu Spenden heißt es jedoch, dass das für Finanzen zuständige Vorstandsmitglied, also der Schatzmeister, für die Annahme zuständig ist und auch entscheidet, ob Spenden angenommen werden.
Die Neuwahl für den Posten wird nötig, weil sich der bisherige Schatzmeister Burkhard Schröder Ende März als Landrat des Havellands vorzeitig in den Ruhestand zurückgezogen hat – und nicht mehr als SPD-Schatzmeister kandidiert. Beim Landesparteitag haben die Delegierten nun die Wahl: Gegen den Vorstandskandidaten Gerber will Harald Sempf von der Havelländer SPD, der auch Dezernent für Ordnung, Finanzen und Personal in der Stadt Falkensee ist, für den Posten des Schatzmeisters antreten. Sempf sagte der „Bild“: „Man muss jeden Anschein von Einflussnahme vermeiden. Gerbers Kandidatur ist deshalb nicht sehr schlau.“ Sempf – der im Landesvorstand zwei Stimmen erhielt, Gerber sieben – hat aber auch noch andere Bedenken. Sollte Gerber Landesschatzmeister werden, säße ausgerechnet zur Kreisgebiets- und Kommunalreform, dem größten Projekt der Brandenburger SPD, in der engeren Parteispitze kein Kommunalvertreter mehr.
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