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Brandenburg: Wissenschaftler fordern Kohleausstieg

Brandenburgs Nachhaltigkeitsbeirat und ein Wirtschaftsinstitut warnen: Neue Tagebaue und Kraftwerke gefährden Klimaschutzziele

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Potsdam - Eine Reihe von Wissenschaftlern drängt Brandenburgs Landesregierung zu einem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Der zwölfköpfige Regierungsbeirat für Nachhaltigkeit und zwei Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) warnen unabhängig voneinander vor neuen Tagebauen und dem Neubau von Kraftwerken. Ansonsten sind die in der Energiestrategie 2030 der Landesregierung verankerten Klimaschutzziele nicht zu erreichen. Zu diesem Ergebnis kommen der Nachhaltigkeitsbeirat und das DIW in einer Studie für das Umweltministerium.

„Die Landesregierung muss schrittweise aus der Braunkohle aussteigen“, sagte der Beiratsvorsitzende Manfred Stock vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam. Dort übergab der Beirat ein 50-seitiges Papier mit Empfehlungen für eine künftige Landes-Nachhaltigkeitsstrategie an Umweltministerin Anita Tack (Linke). Das Papier soll als Grundlage für die Landesregierung dienen, die bis Ende des Jahres eine Nachhaltigkeitsstrategie vorlegen will.

Der Beirat forderte zudem, dass die Landesregierung für die Lausitz einen Plan B entwickeln müsse, um die Region fit zu machen für die Zeit nach der Braunkohle. „Regionen, die nur einseitig auf Kohle und Stahl setzen, werden abgehängt von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung“, sagte Stock. Bei der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien sei Brandenburg aber auf einem guten Weg. Dies müsse aber durch weitere Maßnahmen zur Energeieinsparung und Effizienz begleitet werden. Mit Blick auf die bevorstehenden Gespräche in der Landesregierung über eine Nachhaltigkeitsstrategie und die Forderungen des Beirats nach einem Kohleausstieg sagte Stock: „Wir erwarten kontroverse Beratungen.“

Tatsächlich liefern sich die Ressorts von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) und Umweltministerin Tack einen Streit um den vom Energiekonzern Vattenfall geplanten Tagebau Welzow -Süd II. Auslöser ist das Anhörungsverfahren der Landesplanungsbehörde Berlin-Brandenburg zum Braunkohleplan für den Tagebau. Im Ergebnis sind grundsätzliche Änderungen und ein erneutes Beteiligungsverfahren nötig. Einerseits wegen der nötigen Umsiedlung von 810 Einwohner in Welzow (Spree-Neiße) sowie den Ortsteilen Proschim und Lindenfeld, andererseits weil die energiewirtschaftliche Notwendigkeit in Zweifel geriet.

Zur Frage, ob der Tagebau überhaupt nötig ist, hatte die Landesplanungsbehörde beim Wirtschaftsministerium ein Gutachten angefordert. Demnach ist die Braunkohle aus dem Tagebau langfristig für die Energieversorgung und zur Flankierung der Energiewende nötig, weil die Bedeutung der Braunkohlekraftwerke in der Lausitz für die nationale Versorgungssicherheit und Systemstabilität künftig noch zunehmen werde. Die Klimaschutzziele spielen in dem Papier keine Rolle. Das Umweltressort parierte mit einem eigenen Gutachten, das es bei DIM in Auftrag gab und das jetzt veröffentlicht wurde. Die Studie kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Demnach wäre der neue Tagebau energiewirtschaftlich nicht nötig und würde den Landeszielen zur Senkung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) zuwiderlaufen. Die aktiven Kraftwerke Schwarze Pumpe, Jänschwalde und Boxberg könnten bis zu ihrem Auslaufen aus den aktiven Tagebauen mit Kohle versorgt werden. Die umwelt- und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien legten einen mittelfristigen Kohleausstieg bis 2040 nahe.

Jetzt liegt es an der Landesplanungsbehörde, die beide Gutachten nun auswertet und Ergebnisse abstimmt. Die Naturschutzorganisation BUND und die Grünen fordeten am Freitag, die Tagebau-Planverfahren müssten endgültig aufgegeben werden. Das Gutachten des Umweltministeriums widerspreche eindeutig einer Studie der Wirtschaftsressorts, die die Notwendigkeit neuer Tagebaue aus unwahrscheinlichen Ausgangsbedingungen abgeleitet und wichtige Ziele der Energiestrategie aufgegeben habe, sagte BUND-Geschäftsführer Axel Kruschat.

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