Brandenburg: Zeit für Dalíisten
Eine Ausstellung im Dom-Aquarée huldigt dem spanischen Maler und zeigt ihn von einer neuen Seite
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Berlin - Um die größten Skeptiker gleich vorneweg zu beruhigen: Die Dalí-Ausstellung ist nicht bei den Fischen untergebracht. Nicht mal in Sichtweite. Es gibt auch keine Kombi-Tickets für einen Doppelbesuch von Ausstellung und Aquarium. Wer ab heute die Werkschau von Salvador Dalí im Dom-Aquarée in Berlin-Mitte besuchen will, muss erst mit dem Lift in den fünften Stock hochfahren.
Die nächste Überraschung wartet oben: Wo hängen denn bloß die Ölgemälde, mit denen der spanische Surrealist berühmt geworden ist? Wo sind die zerfließenden Uhren, die man auf jedem zweiten Dalí-Kalender auf dem Titelbild findet? „Aufklärungsarbeit“ will Carsten Kollmeier, der Ausstellungs-Macher, betreiben. „Und die vielen Seiten des Genies zeigen, die man noch nicht kennt“. 300 Radierungen, Lithographien und Skulpturen sind auf zwei Etagen ausgestellt. Dazu werden Filme gezeigt.
Kollmeiers hat seine Ausstellung komplett privat finanziert, seit sechs Jahren tourt er mit ihr durch Deutschland. Für jede Stadt kann er aus einem Fundus von 800 Werken wählen. Dass Kollmeier soviel Auswahl hat, liegt vor allem an Dalís Geschäftstüchtigkeit: Die meisten hier gezeigten Exponate hat der 1989 verstorbene Künstler gleich in hundertfacher Ausführung angefertigt. Oder anfertigen lassen und seinen Namen drunter gesetzt. „Aber dann hat er zumindest sicher gestellt, dass die Werke in seinem Sinne entstanden sind“, sagt Kollmeier.
Von jeder der „Flordalí“-Lithografien, die im vierten Stock hängen, existieren weltweit 4.500 Stück. Ja, das Genie habe stets darauf geachtet, wie er seine Kunst zu Geld machen kann, grinst Kollmeier. „Avida Dollars“ – gierig nach Dollars – so hat der Surrealist André Breton seinen Erzfeind Dalí einst genannt. Das ist zwar eine Beleidigung, aber immerhin in Anagrammform.
Kollmeier hat auch schon Chagall- und Hundertwasser-Ausstellungen in verschiedenen Städten organisiert, mit letzterer war er vor drei Jahren am Neuen Kranzler-Eck. „Aber Dalí kommt am besten an.“ Vor allem, weil man den Spanier zwar mindestens genauso gut hassen wie lieben könne – aber trotzdem finde jeder Besucher wenigstens ein Bild, dass ihn nicht mehr loslasse.
Man merkt, dass Carsten Kollmeier kein Kunsthistoriker ist, sondern früher Partys organisiert hat. Er nennt Dalí „unseren großen Meister“ und sagt Sätze wie: „Die Ausstellung soll ein Event werden“. Oder: „Gerade vor Weihnachten wollen wir der Ausstellung einen Familien-Charakter geben“. Deshalb hat er nach eigenen Angaben auf „einiges kritisches“ verzichtet. Zum Beispiel Werke aus Dalís „Pantagruel“-Serie. „Die riesigen Phallus-Symbole, das ist sexistisch. Bei uns geht es harmloser zu.“
Jedenfalls für Dalí-Verhältnisse. Ein paar Gewaltszenen und Erotik sind schon dabei. Aber schließlich wird der Besucher gleich am Eingang von einem Dalí-Zitat gewarnt: „Wenn ich male, rauscht der Ozean. Die anderen planschen im Rasierwasser.“
Die Ausstellung im Dom-Aquarée, Spandauer Straße 3, ist bis 11. März montags bis sonnabends 12-22 Uhr und sonntags 10-20 Uhr geöffnet. Eintritt: zehn Euro, Infos unter www.dalimuseum.de.
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