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Strafverfolgung: Zentrale Datei für vorbestrafte Sexualtäter Polizei und Justiz verstärken Überwachung

Mehr als 450 Männer sollen registriert werden

Potsdam - In Brandenburg werden einschlägig vorbestrafte Sexualtäter stärker überwacht. Die Potsdamer SPD-CDU-Regierung hat eine neue Zentraldatei über zu Bewährungsstrafen verurteilte und aus der Haft entlassene Sexualtäter einrichten lassen. Brandenburg ist damit das dritte Bundesland nach Bayern und Niedersachsen. Ziel sei es, Polizei und Justiz enger zu verzahnen, um die Rückfallgefahr zu reduzieren, sagte Justizministerin Beate Blechinger (CDU) am Freitag vor Journalisten. Datenschützer haben allerdings Bedenken gegen die „Haftentlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter“, kurz HEADS. Offen ist auch, ob und wann das rot-rot-regierte Nachbarland Berlin mitzieht. Es gebe bereits eine enge Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Polizei und Justiz bei als gefährlich geltenden Tätern, sagte der Sprecher der Senatsinnenverwaltung, Hubertus Benert. Eine Prüfgruppe beim Landeskriminalamt entwickle aber für Berlin „ein standardisiertes Verfahren“, ähnlich wie HEADS.

Brandenburgs HEADS-Register wird seit 1. Januar 2008 getestet. Die ersten 53 Fälle von Männern, die im vorigen Halbjahr aus Justizvollzugsanstalten entlassen wurden, ließen die Behörden laut LKA-Direktor Dieter Büddefeld speichern. Kandidaten für die Datenbank sind aber alle 254 Häftlinge, die derzeit in hiesigen Gefängnissen und im Maßregelvollzug wegen Sexualdelikten einsitzen. Hinzu kommen 145 Altfälle früherer Jahre, die seit ihrer Entlassung unter „Führungsaufsicht“ – eine Art Bewährungsauflage – stehen. Jährlich werden rund 1400 Ermittlungsverfahren wegen Sexualdelikten geführt. Regulär soll die HEADS-Datei zum 1.Juli 2008 in Betrieb gehen. Das Konzept dafür hatten das Justizministerium und das vom früheren Berliner Senator Jörg Schönbohm geführte Innenministerium nach dem Vorbild Bayerns entwickelt, wo es eine solche Datei seit 2006 gibt. Hintergrund waren schwere Verbrechen, die durch entlassene Sexualstraftäter verübt wurden, deren Wohnsitz Behörden nicht kannten. Die Rückfallquote bei dieser Klientel ist hoch, so Blechinger. Sie liege im Bundesdurchschnitt „bei 20 bis 30 Prozent“, bei bestimmten Gruppen wie Pädophilen sogar bei bis zu 80 Prozent. „Und je jünger die Täter bei der ersten Straftat sind, desto höher ist das Risiko.“ Hinzu komme ein „hohes Dunkelfeld“, da viele Sexualdelikte nicht angezeigt würden, sagte LKA-Chef Büddefeld. Die in seiner Behörde geführte neue Sextäter-Datei, die nichts mit der in den USA praktizierten Veröffentlichung der Wohnsitze von Pädophilen im Internet zu tun hat, dient allein der internen Kommunikation von Sicherheitsbehörden und Justiz.

Künftig melden Haftanstalten an das LKA die bevorstehende Entlassung von einschlägig Verurteilten. Das LKA informiert darüber die Polizei-Schutzbereiche der künftigen Wohnorte. Diese prüfen dann, ob die Entlassenen wie angekündigt Wohnsitz und Arbeit aufnehmen. Wie es hieß, sei auch bei einem späteren Wohnsitzwechsel gesichert, dass die Datei aktualisiert – und der Schutzbereich des neuen Wohnortes oder das andere Bundesland über den Zuzug eines früheren Sexualtäters informiert wird. „Die bisherigen Informationswege waren nicht optimal“, sagte Blechinger. Gespeichert werden in der Datei Lebensläufe, Urteile, Gutachten, Rückfallprognosen, aber auch Fingerabdrücke und DNA-Proben, wovon sich die Polizei zugleich Hilfe bei der Aufklärung neuer Sexualverbrechen verspricht.

Datenschützer sehen das nicht ohne Sorge. So hatte die Landesdatenschutzbeauftragte Dagmar Hartge im Frühstadium der Pläne Bedenken angemeldet. Ob diese berücksichtigt wurden, ist Hartge nicht bekannt. Von der Einführung von HEADS wurde ihre Behörde überrumpelt – und erst vor zwei Tagen informiert.

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