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Schlankheitskur  für die Polizei. Innenminister Rainer Speer (SPD, M.), hier gestern in Potsdam, will, dass die Polizei abspeckt. In einigen Landstrichen werden Polizisten künftig von weiter weg anrücken.

© Manfred Thomas

Von Thorsten Metzner: Zentralpolizei Brandenburg Polizeireform „2020“ steht: Kommission will ein Präsidium, vier Direktionen und nur 16 Voll-Wachen

Potsdam - Das Land Brandenburg steht vor einer radikalen rot-roten Reform seiner Polizei. Und die Einzelheiten, noch ein streng gehütetes Geheimnis, stehen jetzt fest: Nach PNN-Informationen hat sich die von Innenminister Rainer Speer (SPD) eingesetzte Expertenkommission auf das künftige Strukturmodell für die „Polizei Brandenburg 2020“ geeinigt.

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Potsdam - Das Land Brandenburg steht vor einer radikalen rot-roten Reform seiner Polizei. Und die Einzelheiten, noch ein streng gehütetes Geheimnis, stehen jetzt fest: Nach PNN-Informationen hat sich die von Innenminister Rainer Speer (SPD) eingesetzte Expertenkommission auf das künftige Strukturmodell für die „Polizei Brandenburg 2020“ geeinigt. In dem mit Spannung erwarteten Abschlussbericht wird die Kommission definitiv empfehlen, dass die zwei in Frankfurt an der Oder und Potsdam ansässigen Polizeipräsidien, das Landeskriminalamt und die Landeseinsatzeinheit „zu einem Landespolizeipräsidium“ zusammengeführt werden. Es gilt als sicher, dass Potsdam Sitz sein wird. Aus jetzt 15 Schutzbereichen sollen vier, wie ein Kleeblatt über das Land verteilte Polizeidirektionen werden. Statt bisher 50 soll es künftig nur noch 16 Voll-Wachen geben, die rund um die Uhr besetzt sind – so zumindest das Votum der Kommission. Eine der vier Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei, so die Empfehlung, kann aufgelöst werden. Die Autobahnpolizei, unter Speers CDU-Vorgänger Jörg Schönbohm eingeführt, bleibt unangetastet. Bleiben soll auch das Landespolizeiorchester, aber es soll an Kürzungen beteiligt werden. Der Streifendienst soll im bisherigen Umfang bestehen bleiben, der Beförderungsstau abgebaut werden durch Aufstiegsmöglichkeiten für 100 Beamte pro Jahr vom mittleren in den gehobenen Dienst. Mit dieser Struktur soll die Polizei – wegen des Schwunds von Geld und Einwohnern – innere Sicherheit mit 7000 statt bisher 8900 Polizisten gewährleisten. Diese Zielgröße für den Personalabbau hatte Speer verbindlich vorgegeben. Er will die Reform, die umstrittenste der rot-roten Regierung, am 7. Juli verkünden.

Das vom früheren Mecklenburger Innenstaatssekretär Hartmut Bosch, in Brandenburg nach 1990 Polizei-Aufbauhelfer, geführte 13-köpfige Gremium aus Praktikern aller Ebenen hatte sich nach PNN-Informationen am Dienstag im Innenministerium zur entscheidenden Schlussberatung getroffen. Zehn Stunden brauchte man, Satz für Satz ging man den erst am Vortag vorgelegten 62-Seiten-Entwurf des Berichtes durch, ehe man sich in kontroverser Debatte einigte. Alle wurden zu Stillschweigen vergattert. Die redaktionelle Endfassung soll Speer am 6. Juli übergeben werden. Vorher will er vorab publik werdende Einzelheiten auch nicht kommentieren. Er wird sich, wie er intern bereits erklärt hat, aber weitgehend an die Empfehlungen der Kommission halten.

Am politisch brisantesten ist die Zukunft der Wachen. Landauf und landab machen schon jetzt Kommunen und Kreise gegen die drohende Schließungen mobil. Ein Gesamtnetz, eine Orts-Liste der Wachen wird der Bericht so nicht enthalten. Die Kommission spricht sich für 16 dezentrale Wachen mit 24–Stunden-Besetzung aus, nämlich in den 15 bisherigen Schutzbereichen sowie in Frankfurt (Oder). Sie lässt Speer hier einen Ermessensspielraum. Intern ist man sich einig, dass es ein paar Wachen mehr sein können, aber maximal 22 Voll-Wachen sein sollten. Wo – diese unpopulären Entscheidung wird Speer überlassen.

In den Weiten des Landes sollen die bisherigen 50 Wachen, deren Besetzung rund um die Uhr sich das Land nicht mehr leisten kann, zumindest Polizeiposten bleiben: Allerdings nur noch tageweise oder stundenweise besetzt, mit Ruf-Schaltungen zur Hauptwache wie in anderen Ländern. Bei den Revierpolizisten soll es eine Verschiebung geben, mehr im Land, weniger in den Städten. Dort sei „ein deutlich niedrigerer Betreuungsschlüssel“ möglich, heißt es, „ohne dass unvertretbare Einbußen in der Betreuung zu erwarten sind“. Die Auflösung der Hubschrauberstaffel mit den zwei Hubschraubern, intern ebenfalls diskutiert, ist mittlerweile vom Tisch. Die Kommission empfiehlt eine engere Kooperation mit der Bundespolizei und Staffeln anderer Länder.

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