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Der Angeklagte (l) und sein Rechtsanwalt Matthias Schöneburg sitzen im Gerichtssaal des Amtsgericht Zossen. Der mutmaßliche Anstifter eines rechtsextremistischen Brandanschlags in Zossen (Teltow-Fläming) steht seit Donnerstag vor Gericht. Der 25-Jährige gilt als Anführer der rechten Szene in Zossen und soll Jugendliche aufgefordert haben, im Januar 2010 das Haus der Demokratie anzuzünden. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft wirft ihm Anstiftung zur Brandstiftung vor.

© Robert Schlesinger dpa/lbn

Prozess: Zossener Neonazi wegen Brandanschlag verurteilt

Zossen – Wegen Anstiftung zum Brandanschlag auf das Zossener „Haus der Demokratie“ muss Daniel T. für drei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Er war Kopf der rechtsextremistischen Szene und der „Freien Kräfte Teltow Fläming“.

Stand:

Zossen – Im Prozess vor dem Amtgericht Zossen hatte Daniel T. (25) einen Großteil der Straftaten eingeräumt. Das Urteil gegen ihn erging auch  wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Er war der Kopf einer der gewaltbereitesten rechtsextremistischen Gruppen in Brandenburg,  der "Freien Kräfte Teltow Flämig". Ermittler nennen ihn einen „selbsternannten Führer“.

Das „Haus der Demokratie“ in Zossen war bei dem Feuer in der Nacht zum 23. Januar 2010 völlig zerstört worden. Betroffen davon waren auch eine Ausstellung zum jüdischen Leben in dem Haus sowie Exponate für eine weitere Ausstellung über Flüchtlinge. Bis heute sucht die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ nach einem Ersatz für das zerstörte Haus.

Gelegt wurde das Feuer von einem inzwischen 18-Jährigen. Der Brandstifter hatte sich im Sommer 2010 in Zossen vor Gericht verantworten müssen. Das Verfahren wurde aber nach dem Jugendgerichtsgesetz eingestellt: Ihm fehle die sittliche Reife, um das Unrecht seiner Tat zu erkennen, hieß es. Der Jugendliche wurde in ein Heim gewiesen. Nach eigenen Angaben hat er sich von der Neonazi-Szene losgesagt. Der 18-Jährige hatte den Neonazi vor Gericht beschuldigt, ihn zur Tat angestiftet zu haben. Ein Weggefährte aus der rechten Szene hatte den Verurteilten als jemanden, der gut reden könne, beschrieben. „Ich denke, T. hat einen Dummen gesucht, der für ihn das Haus anzündet.“

Daniel T. hatte deutlich gemacht, dass ihm die im „Haus der Demokratie“ gezeigte Ausstellung über jüdisches Leben in Zossen missfiel. Er leugnete nicht, dass er an Gesprächen beteiligt war, in denen es um die Verwüstung des Hauses ging. Als die Idee aufgekommen sei, habe der um Anerkennung buhlende 16-Jährige seine Bereitschaft dazu erklärt, so T. „Ich bestärkte ihn in dem Vorhaben“, ließ T. verlesen. „Aus heutiger Sicht halte ich die Aktion für falsch.“

Daneben soll T. in Königs Wusterhausen und Zossen „Stolpersteinen“ zur Erinnerung an jüdische NS-Opfer mit Hakenkreuzen beschmiert und geschändet, in Zossen eine Gedenkveranstaltung am Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz mit „Lüge“-Rufen gestört und NS-Verbrechen geleugnet und verharmlost haben. Der 25-Jährige T. ist einschlägig vorbestraft und verurteilt worden, erst im Februar 2011 wegen „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“, 2005 wegen gefährlicher Körperverletzung.

Der 25-Jährige war Kopf der im April vom Innenministerium verbotenen Kameradschaft „Freie Kräfte Teltow-Fläming“ (FKTF). In Zossen und Umgebung war die 50 Mitglieder umfassende, 2006 formierte Gruppierung, die nach den „Nationalen Sozialisten“ in Südbrandenburg zu den stärksten Neonazi-Gruppen im Land zählte, zunehmend selbstbewusst aufgetreten. Die äußerlich als „Autonome Nationalisten“ auftretenden Neonazis hatten sich im Internet klar zum Dritten Reich und zur NS-Ideologie bekannt.

Aus Sicht des Vereins Opferperspektive wurde Zossen „für viele zu einem Angstraum“. Die Neonazis verteilten Propagandamaterial und eine Schüler-CD an Schulen und rekrutierten gezielt Jugendliche. Damit konnten sie – wie bei der Brandstiftung – sogar 12- bis 15-Jährige für sich gewinnen . Ermittler sprachen damals von einem „für Gewalt und Verrohung empfänglichen Milieu“, das kaum sozialisiert sei. „Für Neonazis ist es kein Problem, solche Leute zu steuern.“

Die Neonazis hinterließen auch Morddrohungen an Hauswänden gegen Mitstreiter der Bürgerinitiaitve „Zossen zeigt Gesicht“. Initiativen-Mitglieder waren mehrfach attackiert worden, Fensterscheiben gingen zu Bruch, ein Brandanschlag auf das Auto eines Initiativen-Mitglieds schlug fehl. Die Drohungen blieben allerdings ohne strafrechtliche Konseqenzen.

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