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Mitläufer. Brandenburgs AfD-Fraktionschef Gauland ist gekommen, „um zu sehen, was die Menschen hier bewegt“.

© Reuters

Brandenburg: Zu Gast bei Freunden?

Als am Montag in Dresden 15 000 bei „Pegida“ mitmarschieren, ist auch Alexander Gauland dabei

Von Frank Jansen

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Dresden - Es ist Montagabend in Dresden, die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ setzen ihren Demonstrationsreigen fort. Auf der großen Freifläche hinter dem Dresdener Hygienemuseum stehen 15 000 Menschen, schwarz-rot-goldene Fahnen flattern im kühlen Wind. Es sind noch einmal 5000 mehr als vor einer Woche. Viele junge, kräftige Männer mit Wollmützen sind gekommen, argwöhnisch bis aggressiv beobachten sie die Kamerateams und die schreibenden Journalisten. Von einem beleuchteten, halb offenen Container aus heizt ein Redner der Menge ein.

„Cem Özdemir hat euch als komische Mischpoke bezeichnet“, ruft Lutz Bachmann. Die Menge brüllt „Buh!“ Bachmann beschwört die Demonstranten, „dass ihr eure Macht entdeckt, dass sich Menschen in ganz Europa verbünden werden und wir gewinnen werden!“ Aus den vielen Kehlen schallt die Antwort, „wir sind das Volk! Wir sind das Volk!“

Bachmann, eine vorbestrafte, zwielichtige Figur, ist der Wortführer von „Pegida“, wie sich die Protestbewegung kürzelt. Schon seit Wochen geht das nun so. Die Kundgebungen und abendlichen „Spaziergänge“ an den Montagen sind nicht vergleichbar mit den großen Aufmärschen von Neonazis, die Dresden jahrelang im Februar zu den Jahrestagen der Bombennächte erdulden musste. Das „Volk“, das sich jetzt versammelt, ist ein diffuser Mischmasch aus Wutbürgern, auch Rentner und Frauen mittleren Alters sind dabei. Drei Männer halten ein langes Transparent hoch, darauf steht „Keine Scharia in Europa!“. Vereinzelt sind Textilien der bei Rechtsextremen beliebten Marke Thor Steinar zu sehen. Michael Stürzenberger, der vom bayerischen Verfassungsschutz wegen seiner extremen Islamfeindlichkeit beobachtete Vorsitzende der Partei „Die Freiheit“, hat schon vor Beginn der Veranstaltung heftig agitiert. Und am Rand, aber schon in der Menge, steht ein Mann, der heraussticht.

Alexander Gauland trägt einen langen, hellbraunen Wintermantel, ein auffälliger Farbtupfer im Meer der dunklen Kapuzenjacken. Der Chef der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag ist nach Dresden gekommen, „um zu sehen, was die Menschen hier bewegt“. Vor seiner Fahrt hatte er geäußert: „Wir sind die natürlichen Verbündeten dieser Bewegung“, das möchte Gauland so deutlich jetzt nicht wiederholen. Er weiß, dass in seiner Partei nicht jeder von Pegida begeistert ist, weil diese Bewegung noch weiter rechts offen ist als die AfD. Aber was Gauland im Gespräch mit Journalisten von sich gibt, ist mit den Pegida-Parolen kompatibel.

„Das ganze Asylrecht ist in Deutschland nicht ordentlich angefasst worden“, sagt er, „daher kommt die Angst der Leute.“ Und die „ganze Geschichte mit der Willkommenskultur ist eine Phrase“. Außerdem stehe nirgendwo geschrieben, „dass wir die Pflicht haben, Menschen aufzunehmen, die arm sind“. Aus den Lautsprechern schallt die Stimme einer jungen Frau, „ich mach’ jetzt ein Grundsatz-Statement: Wir sind alle rechts! Wir lieben unser Vaterland, wir lieben unsere Heimat!“ Gauland schaut interessiert, er nickt auch mal und lächelt. Wie er die Reden findet? „Jedenfalls nicht nationalsozialistisch“, Gauland lacht. Und er lacht wieder, als die Menge nach einer harschen Medienschelte der Rednerin ihre zweite Standardparole skandiert: „Lügenpresse! Lügenpresse!“

Dass Gauland nach seiner Dresden-Visite der AfD empfehlen wird, zu Pegida auf Distanz zu gehen, ist offenbar nicht zu erwarten. An diesem Abend, so scheint es, sind sich Protestpartei und Protestbewegung noch nähergekommen. Einer der Brandenburger AfD-Abgeordneten, der mit Gauland in der Menge steht, empfinde sogar Gänsehaut. Das sei wie bei den Demonstrationen 1989 in der DDR, sagt Steffen Königer. Er holt Luft: „Der einzige Unterschied zu damals ist, dass die Polizei auf unserer Seite steht. Nur die Politik zeigt dasselbe Verhalten.“

Will er das Honecker-Regime mit der politischen Klasse der Demokratie gleichsetzen? Die Antwort kommt prompt. „Es ist kein Unterschied, ob man ,Konterrevolution’ sagt oder ,komische Mischpoke’.“ Gauland steht daneben und schweigt.

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