Brandenburg: Zu Höherem berufen
Sechs Berliner Wohnsiedlungen der Moderne, allen voran die Hufeisensiedlung, sind Weltkulturerbe Es wird sich nicht viel ändern – aber der Ruf der Siedlungen steigt enorm
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Berlin - „Eine kluge Entscheidung“, freute sich Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowksy (SPD) gestern Abend über die selten gute Nachricht für Neukölln, für die Britzer Hufeisensiedlung. Mit fünf anderen Berliner Wohnanlagen aus den Anfangsjahrzehnten des letzten Jahrhunderts ist die Siedlung von der Unesco-Vollversammlung im kanadischen Quebec zum Weltkulturerbe erklärt worden. Damit sind auch mehr als 10 000 Berliner, die dort wohnen, zu Erben der Weltkultur geworden. Viele kommentierten das am frühen Abend mit Stolz, andere äußerten sich abwartend.
In die Welterbeliste aufgenommen sind neben der Hufeisensiedlung die Weiße Stadt in Reinickendorf, die Spandauer Siemensstadt, die Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg, die Siedlung Schillerpark in Wedding und die Gartenstadt Falkenberg in Treptow-Köpenick.
Die Entscheidung kam früher als erwartet, nicht erst gegen Mitternacht. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte den Antrag gestellt,Landeskonservator Jörg Haspel war eigens zur Unesco gereist. Bernhard Elias von der „Deutsche Wohnen“ , früher Gehag, war schon tagsüber sicher, dass es mit dem Weltkulturerbe-Status klappt. „Sehr viele Anzeichen sprechen dafür“. Die Gesellschaft hatte mit der Hufeisensiedlung, der Weißen Stadt und der Siemensstadt, an der auch die GSW beteiligt ist, gleich drei Trümpfe aufzubieten. Die Wohnstadt Carl Legien gehört dem Unternehmen Pirelli RE, die Anlage Schillerpark und die Gartenstadt Falkenberg der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892. Die Siedlungen gehören nun zu den weltweit 660 „dauerhaft bewahrenswerten Kulturstätten“. Neben der Senatsbehörde, vielen Mietern und den Wohnungsgesellschaften freute sich auch der Verein der Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung, Nun müsste ein Zeichen gesetzt und die U-Bahnhaltestelle Parchimer Allee nicht nur symbolisch, sondern wirklich zur Station Hufeisensiedlung umgewidmet werden.
Senat und Wohnungsgesellschaften sprachen von einem Imagegewinn für die Siedlungen und für Berlin. Unesco-Inspektoren hatten die Siedlungen mehrmals besucht, auch ungemeldet. Als gutes Zeichen galt, dass hier die Denkmalschutzkommission Icomos, die für die Unesco die Weltkulturerbe-Kandidaten untersucht, eine Tagung veranstaltete.
Für die Siedlungen hätte die Anerkennung nicht zur Folge, zu bewohnten Museen zu werden, versicherte Elias. Schon jetzt gebe es ein strenges Denkmalschutzgesetz, auch die Richtlinien der Unesco seien nicht schärfer. Aber die Siedlungen erhielten mit dem Status des Weltkulturerbes „endlich die Anerkennung, die sie verdienen.“ Wer hier wohne, bekomme vielleicht mehr Respekt vor seinem Umfeld. Gebrauchsimmobilien ließen sich nicht museal konservieren, sofern es nicht um die äußere Hülle, um Fenster, Türen, Dächer und Außenanlagen gehe.
Weil es schon vor den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes so viele Veränderungen gegeben habe, sei etwa die Zehlendorfer Onkel-Tom-Siedlung nicht im Kulturerbe-Antrag berücksichtigt worden, sagte Bernhard Elias.
In der Weißen Stadt in Reinickendorf werden Kunstofffenster wieder durch historische ersetzt, wenn Mietparteien ausziehen. Bei Verkauf von Reihenhäusern der Hufeisensiedlung verlangt die Deutsche Wohnen, dass bei Veränderungen der Denkmalschutz berücksichtigt wird. Verstöße seien „Einzelfälle“, hieß es.
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