Brandenburg: Zu milde Strafe
Bundesgerichtshof verhandelt Revision im bestialischen Potzlow-Mord
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Bundesgerichtshof verhandelt Revision im bestialischen Potzlow-Mord Potzlow/Neuruppin - Potzlow – ein malerisches Dorf in der Uckermark – gerät Ende 2002 durch einen grausamen Mord an einem Jugendlichen bundesweit in die Schlagzeilen. Drei junge Männer haben den 16-jährigen Marinus Schöberl stundenlang gefoltert und schließlich durch einen „Bordsteinkick“ umgebracht. Danach verscharren sie ihr Opfer in einer ehemaligen Jauchegrube. Erst nach Monaten kommt die Tat ans Licht. Die Täter werden Ende vergangenen Jahres vor dem Neuruppiner Landgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zwischen 2 und 15 Jahren sollen die Männer hinter Gitter - eine zu milde Strafe für ein derartiges Verbrechen, kritisierte die Neuruppiner Staatsanwaltschaft und ging in Revision. Nun muss sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen. Die Staatsanwaltschaft hatte vor allem moniert, dass nicht alle drei Täter wegen vollendeten Mordes verurteilt wurden. Am Donnerstag werden sich die Richter des 5. Leipziger Strafsenats damit beschäftigen, ob die Urteile hoch genug waren. Das Landgericht hatte den zur Tatzeit 17-jährigen Haupttäter Marcel Sch. unter anderem wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre gefordert. Sein damals 23-jähriger Bruder Marco erhielt unter anderem wegen versuchten Verdeckungsmordes eine Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren statt lebenslänglich - wie von der Anklagebehörde gefordert. Der zur Tatzeit 17-jährige Mitangeklagte Sebastian F. soll wegen gefährlicher Körperverletzung zwei Jahre Jugendstrafe absitzen. Er war eigentlich wegen versuchten Mordes angeklagt und sollte nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für neun Jahre und acht Monate hinter Gitter. Nicht nur die Tat selbst hatte die Potzlower entsetzt, es war vor allem die unvorstellbare Brutalität, mit der die drei Männer den 16-Jährigen quälten und schließlich umbrachten. Täter und Opfer hatten sich am 12. Juli 2002, einem Freitag, getroffen. Marinus, ein Junge, der gerne HipHop-Hosen trug und sein Haar blond färbte, war zu Besuch in seinem einstigen Heimatdorf. Zwei Wochen zuvor war Marcels 23-jähriger Bruder Marco aus dem Knast entlassen worden. Er hatte wegen Körperverletzung gesessen. Marinus, Marcel, Marco und Sebastian waren an jenem Abend bei Bekannten zu Besuch, als das Martyrium begann. Laut Staatsanwaltschaft sahen die rechtsextrem eingestellten Täter ihr Opfer wegen Kleidung, Frisur und gewisser Sprachstörungen als minderwertig an. Marinus wurde Alkohol eingeflößt, es hagelte Schläge. Die Täter urinierten auf ihn, zwangen ihn, sein Erbrochenes zu essen. Stunden später brachten sie ihn zu einem still gelegten Schweinestall. Dort wurde dem wehrlosen Opfer befohlen, in die Kante eines Schweinetrogs zu beißen - für einen Bordsteinkick, wie er in dem amerikanischen Spielfilm „American History X“ vorgemacht wird. Marcel sprang mit seinen Springerstiefeln auf den Kopf des 16-Jährigen. Es sei ein Black-out gewesen, ließ er vor Gericht als Motiv zu Protokoll geben. Der Gerichtsmediziner sagte aus, dass er so schwere Schädelverletzungen noch nicht gesehen habe. Sandra Schipp
Sandra Schipp
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