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Wanderausstellung: „Zug der Erinnerung“ boykottiert Brandenburg

Der „Zug der Erinnerung“ an die von den Nationalsozialisten ermordeten Kinder kommt nicht mehr nach Brandenburg. Zur Begründung äußerte der Trägerverein am Donnerstag in Friesenhagen scharfe Kritik an der Landesregierung.

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Friesenhagen - Der „Zug der Erinnerung“ an von den Nationalsozialisten deportierte und ermordete jüdische Kinder hält „mit sofortiger Wirkung“ nicht mehr in Brandenburg. Das teilte der Trägerverein aus Friesenhagen am Donnerstag mit und begründete seine Entscheidung mit „politischen Kontrollversuchen im Gewand bürokratischer Anmaßung“ und unzureichender Förderung des Projektes durch die Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Die sei „anmaßend, ungenügend, lähmend“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Wir sind es leid: Wir meiden das Land, wir werden den Zug hier nicht mehr fahren lassen“, erläuterte Sprecher Hans-Rüdiger Minow am Donnerstag gegenüber den PNN. Selbstverständlich toure der Zug weiter durch die Bundesrepublik, auch durch andere neue Länder, und durch Nachbarstaaten. Regierungssprecher Thomas Braune wies die „diffamierenden Vorwürfe“ zurück. Man sei an einer raschen Klärung interessiert.

Seit 2007 erinnert die Wanderausstellung, untergebracht in von einer Dampflok gezogenen Waggons, die in Bahnhöfen Station macht, an das Schicksal von rund 1,5 Millionen durch die Reichsbahn in Konzentrations- und Vernichtungslager deportierte jüdische Kinder. Der Trägerverein, eine Bürgerinitiative, war im 2010 von der EU-Kommission mit dem „Golden Stars Award“ 2010 für aktives bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet worden. In Brandenburg, wo es nun diesen öffentlichen Eklat gibt, hatte der Zug 2010 zuletzt Station gemacht. Er hielt unter anderem in Cottbus, Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Guben. Über 7500 Brandenburger, in der Mehrzahl Schüler und Jugendliche, sahen die Ausstellung. Zu den vorwiegend aus Drittmitteln und Spenden finanzierten Gesamtkosten von 40 000 Euro hatte auch Brandenburgs Staatskanzlei laut Minow „marginale 4000 Euro“ beigesteuert. Und um die haushaltsrechtlichen Nachweise für die 4000 Euro wird seitdem nun schon seit Jahren gestritten, klagt der Verein. Man müsse sich rechtfertigen, warum man keine Vordrucke verwendete, warum man eine Broschüre für Besucher in polnischer Sprache finanzierte und warum man damals die Ausstellung etwa in Guben länger halten ließ. Man habe damit, so erklärte Minow, auf „revisionistische und nationalsozialistische“ Vorfälle reagiert. Dieser Umgang der Staatskanzlei mit einem Bürgerverein sei anmaßend, sagte Minow. In einem Schreiben Anfang März hatte die Staatskanzlei die Finanzierung der Broschüre in polnischer Sprache sogar als „Verstoß“ gerügt.

Laut Regierungssprecher Braune wurde der Halt in Guben von der Staatskanzlei mit 4000 Euro aus Lottomitteln gefördert. Die Landeshaushaltsordnung müsse der Empfänger wie überall in Deutschland nachweisen, dass das erhaltene Geld zweckentsprechend verwendet wurde. Darauf werde jeder Empfänger bereits im Zuwendungsbescheid hingewiesen. „Trotz wiederholter schriftlicher Nachfragen ist der Verein bis zum heutigen Tage seinen Verpflichtungen nicht vollständig nachgekommen“, sagte Braune. Thorsten Metzner

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