Brandenburg: Zukunft der Chipfabrik weiter offen
Banges Warten auf die Entscheidung
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Banges Warten auf die Entscheidung Von Steffi Prutean Frankfurt (Oder). Die Stadt Frankfurt (Oder) hat sich Jahre lang auf eine neue Chipfabrik gefreut. Nun wackelt das Vorhaben, das zu den größten Industrie-Investitionen Ostdeutschlands zählt, gehörig. Das Projekt sei äußerst bedenklich und werde in dieser Form nicht die Zustimmung des Bund-Land-Bürgschaftsausschusses erfahren, wird nach Worten von Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) im Bundeskanzleramt eingeschätzt. Diese schlechte Nachricht bringt Patzelt aus Berlin mit, wo er am vergangenen Mittwoch 6000 Unterschriften von Befürwortern der Fabrik übergab. Der Bürgschaftsausschuss soll am morgigen Dienstag tagen. Er muss entscheiden, ob Bund und Land für einen notwendigen 650-Millionen-Euro-Kredit bürgen. Die Entscheidung war mehrfach vertagt worden. Rund 1000 Frankfurter h>atten mit einem symbolischen Richtfest kürzlich ein eindeutiges Zeichen gesetzt. „Ja oder Ja? – Frankfurt wartet auf eine Antwort pro Chipfabrik“, hieß es auf Flugblättern und Transparenten. Obwohl die Lage schwierig ist, versprach Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) weiter für das Projekt zu kämpfen. Für Patzelt sind viele Fragen offen. „Warum hat die Bundesregierung so spät diesen Standpunkt eingenommen und nicht schon früher?“ Vor einem Jahr zur Grundsteinlegung, als sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) von Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) vertreten ließ, habe es „keine Bedenken“ gegeben. Nun soll Alfred Tacke, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, zum Gespräch nach Frankfurt eingeladen werden. Die Stadt hat bisher gut zehn Millionen Euro für die Fabrik investiert. An diesem Mittwoch soll eine Brauchwasserleitung übergeben werden. „Traumfabrik“ Der Idee von einer modernen High-Tech-Schmiede an der Oder bewegte in den vergangenen Jahren Verwaltung, Parlament und Bürger. An der Autobahn A 12 Berlin-Frankfurt (Oder) entstand ein Technologiepark, erhielt das Institut für innovative Halbleiterphysik (IHP) einen Neubau und drehen sich immer noch die Kräne für die Chipfabrik. Nun bleibt die einstige „Traumfabrik“ womöglich nur ein Traum. Zumindest ist ihr Umfang von 1,3 Milliarden Euro umstritten. Sollte das Vorhaben verkleinert werden, so droht, dass die EU ihre Fördersumme entsprechend reduziert. „Die Ablehnung der Bürgschaft ist die einzig richtige Entscheidung im Interesse der Menschen“, sagt die Brandenburger PDS- Landtagsabgeordnete Esther Schröder. Das Projekt habe zu keiner Zeit auf festem finanziell und wirtschaftlich tragfähigem Fundament gestanden. Auch eine derzeit diskutierte kleinere Variante der Fabrik hält sie für „unrealistisch“. Hauptfinanzier der Fabrik ist Dubai mit 250 Millionen US-Dollar. Rund 140 Millionen davon hat das Emirat bereits überwiesen. Die zweite Rate wird im November erwartet. 1330 Stellen Die Frankfurter Delegation ist von ihrem Berlin-Besuch enttäuscht. Trotzdem seien die Gespräche auch ein Signal gewesen, „dass wir Unterstützung bekommen“, sagt SPD-Landtagsabgeordnete Heidrun Förster. Der Bund sei nicht gegen die Fabrik, sondern nur mit dem Konzept nicht einverstanden. Das Ringen um die Chipfabrik müsse weitergehen. Förster hofft, dass die Fabrik in einer anderen Variante gebaut wird. „Die Arbeitsplätze sind dringend notwendig.“ Rund 1300 Stellen sollte das Projekt bringen. Firmen wollten sich ansiedeln und die strukturschwache Region beleben. Eine Investruine vor den Augen des EU-Beitrittskandidaten Polen? Für Ulf Lieberwirth ist das undenkbar. Der Abbruch des Vorhabens sei ein schlechtes Signal für den Aufbau Ost, sagt der Angestellte aus Frankfurt (Oder). Dresden läuft Viele ehemalige Frankfurter Halbleiterwerker arbeiten inzwischen in Dresden. In der Dresdner Region haben sich die staatlichen Investitionen in den Elektronikbereich laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW) ausgezahlt. Schon in diesem Jahr übersteigt der Rückfluss durch Mehrwertsteuer sowie Lohn- und Einkommenssteuern die bis Mitte 2002 eingesetzten staatlichen Fördermittel in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, heißt es dazu in einer Mitteilung des Bundesforschungsministerium. Bulmahn hatte erst vor wenigen Tagen an der Elbe ein für die Chipherstellung notwendiges Maskentechnologiezentrum eröffnet.
Steffi Prutean
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