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Brandenburg: Zum Tanken braucht man das Auto

Die Frankfurter stimmten gegen ein Tramlinie nach Slubice – zu unpraktisch

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Frankfurt (Oder)/Slubice – Die Enttäuschung in den Rathäusern von Frankfurt (Oder) und Slubice war gestern gleichermaßen groß. Die Pläne für eine grenz- und flussüberschreitende Straßenbahnlinie sind gescheitert, das machte eine Bürgerbefragung in Frankfurt am Sonntag deutlich: Nur 17 Prozent der Teilnehmer wollen die Tram nach Polen, 83 Prozent stimmten dagegen. Immerhin fast ein Drittel der 58 000 Stimmberechtigten nahm an der Befragung teil. Im 17 000 Einwohner zählenden Slubice war eine Abstimmung unnötig, denn die Polen wollten die Bahn unbedingt.

Frankfurts niedergeschlagen wirkender Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU), ein glühender Verfechter der neuen Linie, bemühte sich darum, jenseits der Oder den Eindruck zu verwischen, das Frankfurter Votum sei ein Votum gegen die Polen. Davon ist am Montag auch im Einkaufszentrum „Oderturm“ nicht die Rede. Eine Straßenbahn nach Slubice sei teuer und mache keinen Sinn, hieß es dort, weil die meisten Deutschen zum billigen Tanken oder zum Großeinkauf die Grenze queren. Dafür würden sie das Auto benötigen. Patzelt hatte versucht, seinen Frankfurtern die neue Linie mit politischen und wirtschaftlichen Gründen schmackhaft zu machen: Frankfurt würde mit dem einmaligen Projekt – nirgends in der EU lässt sich eine Ländergrenze in der Straßenbahn überqueren – auf sich aufmerksam machen und Touristen anlocken, die als zusätzliche Fahrgäste auch dem eigenen Straßenbahnbetrieb mehr Einnahmen verschafft hätten.

Für die Mehrheit der Frankfurter zählte beides nicht. Das für die Straßenbahn eingeplante Geld brauche die Stadt für andere Dinge, sagten im „Oderturm“ zwei Frauen im mittleren Alter. Tatsächlich rechnete Frankfurt mit rund 800 000 Euro Eigenmittel, mehr als 2,4 Millionen Euro wollte die Stadt aus anderen Töpfen – unter anderem waren EU-Gelder eingeplant – beschaffen. Oberbürgermeister Patzelt will den Nachbarn am anderen Oderufer erklären, dass sich das Ergebnis der Bürgerbefragung nicht gegen sie richte. Nun muss sich das Stadtparlament mit dem deutlichen Votum beschäftigen. Denn das hatte sich im Vorjahr mehrheitlich für das Straßenbahnprojekt ausgesprochen. Die Abstimmung am Sonntag war eigentlich nur als zusätzliche Bekräftigung der Haltung in der Oderstadt gegenüber der EU vorgesehen gewesen. Die Kommunalpolitiker haben sich offensichtlich gründlich über die Stimmung in der Stadt geirrt. Claus-Dieter Steyer

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