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Mehr Personal: Zusätzliche Richter sollen Sozialgerichte entlasten

Mit Hartz IV kam die Klageflut. Seit Jahren ächzen bundesweit die Sozialgerichte unter der Last. Brandenburgs Richter trifft es besonders hart. Mit mehr Personal will Justizminister Schöneburg für Entlastung sorgen.

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Potsdam - Zusätzliches Personal soll die von der Hartz-IV-Klageflut ausgelöste Anspannung an den Sozialgerichten entschärfen. Bis zum Herbst sollen sechs zusätzliche Richter an den vier Brandenburger Gerichten eingesetzt werden, teilte Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) am Donnerstag in Potsdam mit. Zudem sollen bis zu acht Mitarbeiter die Serviceeinheiten verstärken. „Bislang ist es nicht gelungen, der anhaltenden Klageflut von Hartz-IV-Verfahren
Herr zu werden“, sagte Schöneburg. Mit der Verstärkung hofft er, dies ändern zu können - und eine noch längere Dauer der Verfahren zu vermeiden. Derzeit liegt sie bei durchschnittlich 14 bis 16 Monaten. Seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze 2005 hat sich die Anzahl neuer Verfahren auf 24 188 Verfahren im Jahr 2011 nahezu verdoppelt.

Die Präsidentin des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg, Monika Paulat, hatte die Personalpolitik der rot-rot Landesregierung scharf kritisiert. Auf ihre Forderung nach mehr Personal Anfang des Jahres hatte Schöneburg verärgert reagiert und auf 2010 zusätzlich geschaffene Stellen (27 Richter, 36 Stellen nichtrichterlicher Dienst) verwiesen. In den Haushaltsberatungen setzte er jedoch - trotz erheblicher Stellenstreichungen in der Justiz - durch, dass vier zunächst blockierte neue Stellen freigegeben wurden. Zudem hatten sich in den vergangenen Monaten erneut Richter bereiterklärt, an den Sozialgerichten auszuhelfen.

Damit erhalten die Sozialgerichte in Cottbus, Frankfurt (Oder) Neuruppin und Potsdam in diesem Jahr elf Richter zusätzlich zu den 72 bestehenden Planstellen. Unter Schöneburg hat sich damit die Zahl der Sozialrichter nahezu verdoppelt. „Ich bin sehr froh über diese Entwicklung“, sagte Paulat. Sie zeigte sich optimistisch: „Mit der Personalausstattung wird es uns ermöglicht, die Situation zu beherrschen.“

Auch der Deutsche Richterbund in Brandenburg begrüßte die Entscheidung. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung - reicht aber bei weitem nicht aus“, sagte der Vorsitzende Matthias Deller. Im bundesweiten Vergleich seien die Sozialrichter in Brandenburg am stärksten belastet. Etwa 510 Akten müssen sie jährlich bearbeiten. Bei ihren Berliner Kollegen - dem größten Sozialgericht Deutschlands - sind es rund 320, so Deller.

Angesichts der drastischen Personalkürzungen innerhalb der gesamten Justiz befürchtet Deller, dass Rechtsuchende noch länger auf ihr Urteil warten müssen. Ähnlich äußerte sich der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im brandenburgischen Landtag, Danny Eichelbaum. Bereits jetzt schneidet Brandenburg im Ländervergleich schlecht ab. Bis zum Jahr 2018 soll die Zahl der Stellen in der Justiz von 5215 auf 4525 sinken.

Besonders drastisch war die Situation in der Vergangenheit auch bei Brandenburgs Verwaltungsgerichten. Dort ist es gelungen, Altbestände deutlich zu reduzieren und die Verfahrensdauer zu senken. Ähnliche Erfolge erhofft sich Schöneburg bei den Sozialgerichten. Möglich sei dies nur, weil sich die Mitarbeiter anderer Gerichte solidarisch zeigten, betonte der Minister. Denn gegen ihren Willen könnten die Richter nicht in einem anderen Gericht eingesetzt werden.
Die Kombination von neuen Stellen und Abordnungen erlaube eine flexible Reaktion auf die jeweilige Situation an der Gerichten.

Eine dauerhafte Entschärfung ist aus Sicht von Schöneburg und Paulat aber bei den Hartz-IV-Klagen nur durch eine Verbesserung der Arbeit der Jobcenter zu erreichen. „Die Qualität der Bescheide muss besser werden“, meinte Schöneburg. In den kommenden Wochen soll darum dazu eine vom Landtag beschlossene Arbeitsgruppe unter Leitung des Sozialministeriums ihre Tätigkeit aufnehmen.

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