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Adoptionsrecht: Zwei Männer dürfen nicht Eltern sein

Das Standesamt Treptow-Köpenick erkennt die Adoption eines südafrikanischen Jungen durch ein deutsches, homosexuelles Paar nicht an. Jetzt geht der Fall zum Bundesgerichtshof.

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Berlin - Der Fall des kleinen Vuyo könnte deutsche Rechtsgeschichte schreiben. Demnächst wird sich der Bundesgerichtshof letztlich mit der Frage befassen müssen, ob die Berliner Patrick Tucholski und Mike Gürgen seine beiden Adoptivväter sein dürfen. Damit könnte höchstrichterlich geklärt werden, ob homosexuelle Lebenspartner gemeinsam ein Kind annehmen können. Erst am Dienstag hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass in eingetragenen Partnerschaften das angenommene Kind des einen auch vom anderen Partner adoptiert werden darf.

Bei dem viereinhalbjährigen Vuyo geht es darum, dass das Standesamt Treptow-Köpenick und die Senatsverwaltung für Inneres als Aufsichtsbehörde bezweifeln, dass die in Südafrika erfolgte Adoption durch die beiden Männer in Deutschland rechtens ist. Demgegenüber haben sowohl das Amtsgericht Schöneberg als auch das Kammergericht kein Problem darin gesehen, die beiden Männer als Adoptivväter zu bestätigen. Diese haben überhaupt kein Verständnis für die Haltung des Standesamtes und haben inzwischen auch den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses eingeschaltet.

Im Januar 2009 kommt Vuyo im Alter von einem halben Jahr zu Gürgen und Tucholski, die damals ihren Lebensmittelpunkt in Kapstadt haben. Die Mutter des Jungen war kurz nach der Entbindung im Krankenhaus verschwunden und hatte den Kleinen zurückgelassen. Im Juni 2009 können sie den kleinen Jungen adoptieren. Seine Väter, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet sind, geben ihm den Xhosa-Namen Vuyo – der, der immer Frieden bringt. „Vorher wurden wir eineinhalb Jahre von den dortigen Behörden überprüft, ob wir uns als Adoptiveltern eignen“, sagt Gürgen. Anders als in der Bundesrepublik können in Südafrika gleichgeschlechtliche Paare – auch jene, die nicht verheiratet sind – ein Kind adoptieren.

Ende 2009 entscheiden sich Gürgen und Tucholski, nach Deutschland zurückzukommen. Mit einem kleinen Kind erscheint ihnen die Sicherheitslage in Südafrika zu riskant; nach einem Raubüberfall fühlen sie sich dort nicht mehr richtig wohl. Zügig stellt die deutsche Botschaft einen vorläufigen Pass für ihren Sohn aus; damit steht der Rückkehr nichts mehr im Wege. Vorbehalte gegen ein schwules Väterpaar begegnen ihnen in Berlin nicht. In Treptow-Köpenick findet der Drei-Männer-Haushalt ein neues Zuhause. Die Anerkennung der südafrikanischen Adoption durch das Familiengericht verläuft problemlos.

Der Ärger beginnt, als Gürgen und Tucholski das Kind ins Geburtenregister eintragen lassen wollen und eine Geburtsurkunde beantragen. Das Standesamt Treptow-Köpenick verweigert dies und will auch die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes nicht akzeptieren: Die Adoption sei nicht rechtmäßig erfolgt. Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung sei „ausgeschlossen, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist“, begründete das Standesamt seine Auffassung. „Mit dem Ausspruch der Adoption, bei der die Annehmenden nicht miteinander verheiratet sind, somit zwei Einzelpersonen ohne familienrechtliche Bindung, wurde eindeutig gegen den deutschen ordre public verstoßen“, also gegen die wesentlichen innerstaatlichen Rechtsgrundsätze. An die gerichtliche Anerkennung der Adoption fühlt sich das Amt nicht gebunden. Die Innenverwaltung schließt sich dieser Rechtsauslegung an. Zunächst das Amtsgericht und anschließend das Kammergericht teilen die Auffassung nicht. Sie entscheiden sogar, dass das Amt nicht einmal die Kompetenz und das Recht hat, die Rechtmäßigkeit der Adoption zu überprüfen. Gegen diese Beschlüsse legen Standesamt und Innenverwaltung Beschwerde ein und suchen jetzt eine Entscheidung beim Bundesgerichtshof.

Sigrid Kneist

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