Landeshauptstadt: 1894 in Potsdam geboren
Frieda Müller feierte kürzlich 110. Geburtstag und gilt als drittälteste Deutsche
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Frieda Müller feierte kürzlich 110. Geburtstag und gilt als drittälteste Deutsche Sie hat das Ende des Kaiserreiches bewusst miterlebt und Familienangehörige nach Ende des Dritten Reiches gesucht. Hat die BRD und die DDR gesehen und den Mauerfall 1989 gespürt. Hat Helmut Kohl begrüßt und Keiner weiß, was Frieda Müller danach wirklich durch den Kopf gegangen ist, was sie von ihrer Umwelt mitbekommen hat. Bewusst oder unbewusst. Seit zehn Jahren liegt sie in ihrem Bett, spricht nicht und kann nicht mehr hingesetzt oder gar hingestellt werden. Das würde ihren Kreislauf auf eine harte Probe stellen. Ein Risiko, das keiner mehr eingehen will. Denn Frieda Müller wurde am 18. Oktober 1894 in Potsdam geboren und ist somit kürzlich 110 Jahre alt geworden. Damit ist sie unbestätigten Zählungen zu Folge der fünftälteste Mensch Deutschlands. Präsentkörbe stehen in ihrem Doppelzimmer im Seniorenpflegeheim „Haus Abendstern“ in der Hans-Albers-Straße in Drewitz. Zwei sind schon leer, ein anderer ist gefüllt mit Tee, Rotwein und exklusiven Konserven. Was damit passieren soll, wissen Heimleiter Manfred Boesang und Pflegedienstleiter Derek Rusher noch nicht. Denn Frieda Müller kann damit nichts mehr anfangen. Besser waren die Geschenke mit Sekt und Schokolade, „das mag sie gerne“, so Boesang und Rusher. Frieda Müller reagiert mit einem Seufzer auf das süße Angebot eines Stückchens Schokolade. Sie öffnet den Mund und isst. Ein weiteres Stück? Wieder ein Ton, als sei es ein Nein. Sie kaut noch. Erst danach lässt sich ein zweites Stück geben. In Drewitz wird sie seit Mai 1996 gepflegt. Sie überlebte das Ende ihres Herzschrittmachers um zwei Jahrzehnte, einen Schlaganfall und allen Pessimismus der Ärzte. Sie kann noch etliche Jahre leben, soll ihr Arzt zuletzt gesagt haben. Obwohl mit 110 Lenzen schon weit über der durchschnittlichen Lebenserwartung, gehört Müller der „Klub der Hunderter“ nicht allein – im „Haus Abendstern“ gibt es drei Hundertjährige. Müller ist aber älteste Brandenburgerin, gefolgt von Anna Cegilsky, geboren am 7. Dezember 1895, aus Cottbus und nach Elisabeth Heck (11. Juli 1893) aus dem hessischen Falkenstein und der Nürnbergerin Aloysia Tilscher (9. Dezember 1893) drittälteste Deutsche. Als ältester Deutscher gilt Hermann Dörnemann, geboren am 27. Mai 1893, aus Düsseldorf. Der älteste Mensch überhaupt soll 129 Jahre geworden sein: Maria do Carmo Jeronimo, gestorben am 14. Juni 2000. Wenig wissen die Pfleger über Frieda Müller, nur dass sie vor über einem Jahrzehnt wie eine Aussätzige vor einem Altenheim abgestellt wurde, im Rollstuhl sitzend, mit einer Tasche anbei. „Unmenschlich“, schimpfen die Schwestern im Heim noch heute. Auch Angehörige hätten sie bisher nicht besucht. Müller selbst lebte jahrelang mit ihrem Mann, einem Bahnbeamten, in der Nähe von Stuttgart – in welcher Zeit und wann sie wieder zurück in ihre Heimatstadt kam, ist unbekannt. Sollte sich niemand melden, diese Fragen beantworten, wird ihr Leben auf ewig ein Geheimnis bleiben. jab
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