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Landeshauptstadt: 20 Prozent mehr Drogendelikte 65 Prozent mehr Konsumenten harter Drogen ermittelt / Polizei sieht größeren Verfolgungsdruck

Die häufigeren Polizeikontrollen in Potsdam haben offenbar einen Nebeneffekt. Denn im Zusammenhang mit illegalen Drogen hat die Potsdamer Polizei im vergangenen Jahr deutlich mehr Delikte festgestellt.

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Die häufigeren Polizeikontrollen in Potsdam haben offenbar einen Nebeneffekt. Denn im Zusammenhang mit illegalen Drogen hat die Potsdamer Polizei im vergangenen Jahr deutlich mehr Delikte festgestellt. Dies geht aus der Antwort einer Anfrage der PNN hervor. Danach stieg im Stadtgebiet die Zahl der Straftaten bei der Rauschgiftkriminalität von 333 Fällen im Jahr 2005 auf 404 Fälle. Dies entspricht rund 21 Prozent. „Der Verfolgungsdruck ist höher, da die Polizei auf den Straßen häufiger Autos oder Radfahrer anhält“, sagte gestern Polizeisprecherin Angelika Christen. Besonders stark sei der Anstieg bei Amphetaminen, also synthetischen Drogen wie Speed: 25 Fälle in 2006 bedeuteten zehn Delikte mehr als noch 2005.

Ebenso erhöht hat sich die Zahl verdächtigter Konsumenten von harten Drogen. Danach wurden in Potsdam vor zwei Jahren noch 72 Personen ermittelt, die harte Drogen genommen haben sollen. 2006 waren dies laut Polizei schon 119 Personen, rund 65 Prozent mehr. „Allerdings muss bei allen Zahlen von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, die wir als Polizei nur teilweise erhellen können“, so Polizeisprecherin Christen. Es könne deswegen nicht automatisch von einem Trend zu verstärktem Drogenkonsum in der Landeshauptstadt gesprochen werden: So fiel die Zahl der Verstöße mit Kokain in Potsdam von 19 auf im vergangenen Jahr 16 Fälle. Dazu kamen sieben Heroindelikte – einer weniger als 2005.

Frank Prinz-Schubert interpretiert die Zahlen anders. Der Vorsitzende des Potsdamer Drogen-Präventionsvereins Chill Out e.V. sieht im Bereich illegaler Drogen einen Trend „nach oben“. Dies dokumentiere sich in steigenden Beratungszahlen seines Vereins. „Die Hilfeangebote hier sind aber nach wie vor zu gering, so das viele Betroffene nach Berlin ausweichen, wo es im Gegensatz zu Potsdam zum Beispiel einen Drogennotdienst gibt.“

Allerdings wäre so ein Notdienst für das flache Land offenbar noch wichtiger. Denn Potsdams Anteil an den Gesamtzahlen in Brandenburg ist vergleichsweise gering. 6919 Fälle von Rauschgiftkriminalität wurden vergangenes Jahr in der Mark registriert – sechs Prozent davon in Potsdam. Von der in Brandenburg insgesamt sichergestellten Rauschgiftmenge von 337,6 Kilogramm wurde im Potsdamer Schutzbereich nur rund ein Kilogramm gefunden. Einer der sieben Brandenburger Drogentoten starb ebenfalls in Potsdam, laut Polizei an einer Kombi-Vergiftung mit Amphetaminen, Ecstasy und Kokain. Auch 2005 hatte es in der Stadt einen Drogentoten gegeben. Davor hatte Potsdam rund zwei Jahre lang keine Drogentoten melden müssen. Kaum einen Anteil haben Potsdamer laut der Polizei an der steigenden Zahl der Erstkonsumenten harter Drogen: 1002 solcher Personen ermittelt die Polizei in Brandenburg im vergangenen Jahr – 21,6 Prozent mehr als noch 2005. Allerdings fielen nur 24 Potsdamer unter diese Statistik, drei mehr als 2005.

Differenziert sind auch die Beobachtungen von Rolf Müller als Leiter der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt-Beratungsstelle für Suchtkranke und Suchtgefährdete. Es würde in drei Viertel aller Fälle wegen Alkoholismus beraten. Dagegen würde nach harten Drogen nur wenig gefragt: 2006 hätten Hilfesuchende sich zu 4,8 Prozent über Heroin, zu 1,1 Prozent über Kokain und zu 0,9 Prozent über Amphetamine informiert – jeweils leichte Rückgänge um knapp einen Prozentpunkt im Vergleich zu 2005. Müller: „Hilfestellen wie wir spiegeln jedoch nur ungenau die Spitze eines Eisbergs.“ Henri Kramer

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