Sport: 2350 Kilometer per Rad durchs Filmland des „Herrn der Ringe“ Potsdams Profi Timo Scholz trainierte in Neuseeland, ließ sich Schrauben aus der Schulter entfernen, startet nun in Stuttgart und denkt an Rennen in Pakistan
Gestern war Timo Scholz schon wieder ganz guter Dinge, obwohl die kleine Naht an der linken Schulter noch muckerte. Dort hatten ihm die Ärzte am Montag in einer Eisenberger Klinik zwei Schrauben entfernt.
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Gestern war Timo Scholz schon wieder ganz guter Dinge, obwohl die kleine Naht an der linken Schulter noch muckerte. Dort hatten ihm die Ärzte am Montag in einer Eisenberger Klinik zwei Schrauben entfernt. „Es gab danach einige nicht geplante Komplikationen, weshalb ich bis heute im Krankenhaus bleiben musste, und die Schulter schmerzt erstmal. Aber ich habe ja noch zwei Tage Zeit bis Stuttgart“, erzählte Scholz. Ab morgen wird der Radprofi des Potsdamer Teams „notebooksbilliger.de“ bei den Stuttgarter Sixdays hinter seinem Michendorfer Schrittmacher Peter Bäuerlein als Steher seine Runden drehen. Unmittelbar danach wird das Duo auch beim Berliner Sechstagerennen antreten.
Stuttgart und Berlin sind für Timo Scholz der Einstieg in die kontinuierlichen Bahnrennen dieses Winters. Im November und Dezember fuhr der 34-Jährige fünf Wochen lang auf dem Crossrad 2350 Trainingskilometer kreuz und quer durch Neuseeland. Dorthin gekommen war er durch den Bamberger Felix Rohrbach. Nachdem sich Scholz im vergangenen Sommer bei einem Sturz in Polen einen dreifachen Bruch in der linken Schulter zugezogen hatte und operiert werden musste, „konnte ich in der Reha meine Verletzung mental nur schlecht verkraften“, erinnert er sich. „Ich habe viel telefoniert, auch mit Felix, den ich schon lange kenne. Der empfahl mir einen Tapetenwechsel und lud mich nach Neuseeland ein.“ Rohrbach kennt in „Down Under“ einige Rennfahrer, mit denen er einst im holländischen Marco-Polo-Cycling-Team fuhr. Die besuchten er, Scholz und Mountainbikerin Britta Martin aus Hannover bis kurz vor Weihnachten.
„Da man die schönen Seiten Neuseelands kaum mit dem Rennrad erleben kann, sind wir Mountainbike gefahren – und ich habe tolle Gegenden gesehen. Gewaltige Berge, weite Landschaften und unberührte Flecken. Das sieht wirklich so aus wie im Film Herr der Ringe, der ja dort gedreht wurde“, schwärmt Scholz nun. „Allerdings hatten wir alles andere als schönes Wetter – an mehreren Tagen Dauerregen, in den Neuseeländer Alpen sogar Schnee. Die Einheimischen haben uns gesagt, das sei der schlechteste Sommeranfang seit 30 Jahren gewesen.“ Von Christchurch an der Ostseite der Südinsel führte ihn der Weg vorbei an Lake Tekapo und DunseysPass nach Dunedin und zum Wintersportort Queenstown, dann über den Haast-Pass zur Westküste, weiter vorbei am Franz-Josef-Gletscher hoch nach Nelson an der Nordspitze der Insel sowie in die Fjordlandschaft von Havelook. „Da hatten wir unseren härtesten Trainingstag – 140 Kilometer auf einem Wanderweg, der auch für Räder offen ist.“ Aber auch die Strecken in den Neuseeländischen Alpen, in denen Scholz & Co. gut die Hälfte der Zeit trainierten, hätten es in sich gehabt. „Wir waren mitunter sechs Stunden am Tag auf dem Rad und hatten am Ende nur 60 Kilometer geschafft“, berichtete der Leipziger in Potsdamer Diensten. Einmal sei er auch gestürzt. „Zum Glück auf die rechte Schulter. Wäre es die linke gewesen, hätten sich die Schrauben in der Schulter so verbiegen können, dass sie immer hätten drin bleiben müssen. Deshalb mussten sie jetzt raus – dieses Risiko will ich nicht weiter eingehen.“
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland stellte Timo Scholz bei einer Leistungsdiagnostik in der Potsdamer Uni bei Prof. Dr. Frank Mayer fest, „dass ich in den letzten Wochen alles richtig gemacht habe. Der Professor war sehr zufrieden mit mir und ich fühle mich jetzt gut ausgeruht.“ Aus „Down Under“ brachte Scholz auch zwei Einladungen nach Pakistan mit. „Nathan Dahlberg, Neuseelands berühmtester Rennfahrer der letzten Jahre, der gerade seinen Nationaltrainerjob in Bahrein beendete, lädt jeweils zwei Fahrer zu einer internationalen Zwei-Wochen-Rundfahrt durch Pakistan und zu einer Drei- Etappen-Fahrt in Islamabad jeweils im März ein.“ Er wisse zwar nicht, „ob die jungen Fahrer unseres Teams schon so abenteuerlustig sind“, erklärte Scholz. „Aber ich selbst würde – wenn es die Zeit erlaubt – die Rennen in der Hauptstadt gern fahren.“ Er sei alles andere als verwöhnt, erklärte er. „Ich habe schon in Fünf-Ster- ne-Hotels übernachtet, aber auch unter der Brücke geschlafen.“
Gestern schlief sich Scholz, der nach den beiden Sechstagerennen mit dem Team „notebooksbilliger.de“ ins Trainingslager Mallorca düsen wird, im eigenen Bett daheim in Leipzig erst einmal aus. Er war vom chirurgischen Eingriff noch etwas geschlaucht, hatte aber seinen Humor nicht verloren: „Die langen 55er Schrauben mit Unterlegscheiben, die ich mir heute mitgenommen habe, hätte auch mein Mechaniker Bernd Oertel mit seinem Werkzeug rausholen können “
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