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Nach einem Verkauf der Villa Siemens vor fünf Jahren wird das Anwesen  jetzt im Amtsgericht Potsdam zwangsversteigert.

© Promo

27,5 Millionen Euro für die Siemens-Villa: Riesige Luxusimmobilie in Potsdam wird zwangsversteigert

Das für den Industriellen Carl Friedrich von Siemens erbaute Anwesen am Lehnitzsee in Neu Fahrland hat eine bewegte Geschichte hinter sich und steht schon lange leer.

Stand:

Die denkmalgeschützte Villa Siemens auf dem Stinthorn in Neu Fahrland kommt nach jahrelangen Leerstand unter den Hammer. Das Amtsgericht Potsdam informierte darüber, dass das auch als Heinenhof bekannte Objekt am Lehnitzsee am 4. September zwangsversteigert werde.

Für die zwischen 1909 und 1910 nach Plänen des Architekten Otto March für den Industriellen und Politiker Carl Friedrich von Siemens erbaute Villa im Englischen Landhausstil wird ein Verkaufspreis von 27,5 Millionen Euro aufgerufen.

Das Anwesen liegt versteckt hinter einem weit vorgelagerten Eingangstor am Heinrich-Heine-Weg, an dem sich auch das wegen eines Treffens von Rechtsextremisten in die Schlagzeilen geratene Landhaus Adlon befindet. Der H-förmig erbauten dreigeschossigen Villa mit Walmdächern schließt sich ein großer, geschlossener Wirtschaftshof mit Wohnräumen für Bedienstete, Küche, Werkstätten, Garagen und Ställen an.

Zu dem Anwesen gehört ein weitläufiger Park, in dem sich Siemens Tennisplätze, einen Bootssteg mit Bootshaus und andere Sportanlagen herrichten ließ. Zudem gibt es weitere, ehemals landwirtschaftlich genutzte Nebengebäude. Siemens ließ zudem eine Hühnerfarm, Wildgehege, ein Schildkrötenvivarium und einen Hundefriedhof bauen. Allein die eigene Gärtnerei umfasste eine Fläche von 13.000 Quadratmetern. Hinzu kamen 700 Quadratmeter Fläche in Gewächshäusern.

Blick auf das Siemens-Anwesen am Lehnitzsee von oben. Das Foto stammt aus dem Jahr 2018.

© Lutz Hannemann/Lutz Hannemann

Carl Friedrich Siemens, 1872 in Charlottenburg geboren, war der jüngste Sohn des Erfinders und Unternehmers Werner von Siemens. Ab 1919 bis zu seinem Tod 1941 in der Villa Heinenhof war er Chef des Hauses Siemens. Die Unternehmervilla in Neu Fahrland nutzte er für repräsentative Firmenveranstaltungen. Nach seinem Tod beherbergte das Herrenhaus die aus der Berliner Siemensstadt ausgelagerte Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens. Ein Teil des Siemens-Vorstands brachte sich zum Kriegsende vor den Kämpfen in Berlin in Neu Fahrland in Sicherheit, schreibt Frank Wittendorfer von der Siemens AG über das Anwesen.

Siemens hatte sein Anwesen mit den damals neuesten technischen Errungenschaften ausstatten lassen. Dazu gehörte eine zentrale Staubsaugeranlage, eine eigene Licht- und Kraftzentrale, eine Fernsprechanlage sowie ein Personenaufzug. Im Grundriss des Erdgeschosses sind eine große Bibliothek, Herren- und Damenzimmer sowie getrennte Garderoben, eine Halle und ein großer Speisesaal zu sehen.

6000
Quadratmeter Nutzfläche umfasst das Anwesen in Neu Fahrland.

Nach dem Krieg fiel das Anwesen an die Rote Armee, die dort ein Lazarett einrichtete. Ab 1952 wurde es zur Lungenheilanstalt Heinrich-Heine Sanatorium. Nach der Wende wurde die Immobilie 1991 der Familie Siemens rückübertragen. Die hatte offenbar keine Verwendung für das Anwesen, das zwischenzeitlich als Klinik und von der Internationalen Schule Potsdam genutzt wurde.

Historisches Foto der Villa Siemens aus „Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst 1911-1912“.

© Die Kunstwelt 1912/ gemeinfrei

Erst vor fünf Jahren hatte der schillernde Immobilienunternehmer Anno August Jagdfeld, der mit dem Berliner Hotel Adlon und dem Grandhotel Heiligendamm von sich Rede machte, die Villa verkauft. Aus seinem Traum, das riesige Anwesen mit mehr als 6000 Quadratmetern Nutzfläche zu seinem Wohnsitz zu machen, war nichts geworden.

Pläne für Spa über den Pferdeställen

Jagdfeld hatte das Haus im Jahr 2000 für 14 Millionen D-Mark gekauft. Inzwischen hat sich der Immobilienwert also vervierfacht. Wer das Anwesen vor fünf Jahren kaufte, wurde nicht bekannt. Das Berliner Planungsbüro Haas Architekten veröffentlichte Pläne, nach denen die Pferdeställe beibehalten und darüber ein Spa eingerichtet werden soll. Geplant waren zudem eine Orangerie, eine neue Gartenanlage und eine Tiefgarage unter dem Wirtschaftshof.

Auch das Amtsgericht Potsdam macht über den bisherigen Eigentümer keine Angaben. Lediglich der Zwangsversteigerungstermin am 4. September um 10.30 Uhr im Saal 215 sei öffentlich. Wer mitsteigern will, muss laut Zwangsversteigerungsrecht zehn Prozent der Bietersumme, also 2,75 Millionen Euro hinterlegen können.

Jagdfeld hatte sich in Neu Fahrland Ärger eingehandelt, weil er durch eine Umzäunung des Grundstücks den Uferweg am Lehnitzsee unpassierbar gemacht hatte. Der frühere Uferwegsbeauftragte habe einmal im Ortsbeirat berichtet, die Stadt könne bei einem Verkauf der Immobilie von einem Vorkaufsrecht Gebrauch und den Uferweg wieder zugänglich machen, sagt Ortsvorsteherin Sabine Sütterlin (BVB/Freie Wähler). Passiert sei an dem Anwesen wenig. Vor einiger Zeit sei ein Teil der Villa eingerüstet gewesen, das habe man von der Seeseite aus erkennen könne, so Sütterlin.

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