Sport: 5. Landessporttag in Potsdamer Uni „Ich bin im Moment freigesprochen“ Die „Backofen-Affäre“
Landessportbund-Präsident Edwin Zimmermann zu seiner erneuten Kandidatur und zur „Backofen-Affäre“
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Landessportbund-Präsident Edwin Zimmermann zu seiner erneuten Kandidatur und zur „Backofen-Affäre“ Der 5. Landessporttag des Landessportbundes Brandenburg findet am kommenden Sonnabend ab 10 Uhr im Auditorium Maximum der Universität Potsdam statt. Der Sporttag, der nach Satzung alle vier Jahre zusammentritt, nimmt den Bericht des Präsidiums über das Jahr 2003 und die gesamte Legislaturperiode entgegen, entscheidet über den LSB-Haushalt 2004 sowie über Anträge zu Satzungsänderungen und wählt das Präsidium für die nächste vierjährige Amtszeit. LSB-Präsident Edwin Zimmermann stellt sich dann ebenso zur Wiederwahl wie die drei Vizepräsidenten Angelika Peter (Spitzensport), Hans-Dietrich Fiebig (Breitensport) und Günther Staffa (Bildung und Personalentwicklung). PNN Herr Zimmermann, auf dem Landessporttag am Sonnabend in Potsdam stellen Sie sich der Wiederwahl – warum wollen Sie Präsident des Landessportbundes Brandenburg bleiben? Weil es mir Spaß macht und es mir eine Ehre wäre, den Sportlerinnen und Sportlern weiter vorzustehen und meine Möglichkeiten, die ich nach wie vor habe, dabei einzubringen. Deshalb will ich die Belange des organisierten Sports gern weiter vertreten. Sie haben den LSB jetzt vier Jahre geführt – waren Sie ein guter Präsident? Das müssen andere beurteilen. Ich kann für mich zumindest in Anspruch nehmen, dass ich fast alle Ziele, die ich den Mitgliedern mitgeteilt hatte, erreichen konnte. Bis auf die Fischereiordnung – der Streit schwelt ja immer noch – sind gesetzliche Regelungen bei den Reitern und den Wanderern hinsichtlich der Benutzung der Waldflächen eingetreten. Wir konnten mit der Landesregierung ein neues Finanzierungssystem erarbeiten, um eine sichere Planung für die nächsten Jahre zu ermöglichen. Und sportpolitisch sind wir in der Bundesrepublik auch nicht schlecht gefahren, denn wir haben unsere Olympiastützpunkte Potsdam und Cottbus/Frankfurt erhalten. Die haben ihren Wert sogar weiter gesteigert und an Bedeutung noch gewonnen. So gesehen können wir als Präsidium des Landessportbundes durchaus zufrieden sein und ich freue mich, dort solche guten Mitarbeiter zu haben. Über was von dem seit 2000 Erreichten sind Sie besonders froh? Darüber, dass wir eine neue Finanzierungsgrundlage geschaffen haben. Das Sportfördergesetz, dass im Landtag ohne Gegenstimme beschlossen wurde, erlaubt uns eine neue Möglichkeit der Finanzierung durch Lotto-Toto-Gelder. Es bleibt ein gewisses Risiko, weil wir auf denjenigen, die im Land über das Lottospiel ihr Glück versuchen, angewiesen sind. Aber weil auch künftig viele Brandenburger Lotto spielen dürften, haben wir die Chance, trotz der abnehmenden Haushalte der Kommunen und des Landes eine Stabilität zu erreichen. Wir hatten im laufenden Jahr das Problem, dass wir – ständig von Mindereinnahmen geprägt – Einsparungen erbringen und unsere Vereine und Verbände zwingen mussten, bestimmte Maßnahmen zurückzustellen oder gar aufzugeben. Das werden wir 2004 und 2005 nicht mehr haben. Die deutsche Gesellschaft steht vor einer umgreifenden Reformierung – welche Rolle kann in dieser Gesellschaft künftig eine Organisation wie der Landessportbund spielen? Die Belastung der Menschen wird höher, es wird künftig mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit abgefordert werden. Daran könnte mancher zerbrechen. Wir als Sportvereine mit dem LSB als Dachorganisation haben dabei eine sehr große gesellschaftliche Aufgabe, nämlich vielen Menschen wieder Werte wie Solidarität und Gemeinschaft näher zu bringen. Wir können ihr Selbstwertgefühl stärken und ihnen durch unseren Sport auch gesundheitlich helfen. Man muss nicht Medikamente nehmen, schon eine richtige sportliche Betätigung unter fachlicher Anleitung führt dazu, dass gesundheitliche Schäden vermieden werden können. Wir können den Menschen zwar nicht ihre Alltagsprobleme abnehmen, aber wir können ihnen zur Seite stehen. Und deshalb freue ich mich, dass wir in Brandenburg nicht wie in den anderen neuen Bundesländern eine Abnahme, sondern sogar eine Zunahme unserer Mitglieder haben. Immer mehr auch ältere Bürgerinnen und Bürger finden zum Sport und damit in die Gemeinschaft zurück und nehmen unsere Ideale an. Was wollen Sie in den kommenden vier Jahren als LSB-Präsident vor allem erreichen? Ich unterstütze den Deutschen Sportbund bei der Frage Ehrenamts-Gesetz. Es ist notwendig, dass auch diese Ehrenamtler – weit über sechzigtausend in unserem Land – vor Ort besser gewürdigt werden als bisher. Außerdem will ich die Änderung unserer Mitgliederstruktur mit fortsetzen. Wir wollen uns noch stärker um die Kinder und Jugendlichen kümmern, wollen noch mehr in die Kindergärten und die Schulen. Wir möchten aber auch die Europäische Sportakademie Brandenburg weiter stärken und erweitern, das heißt die Begegnung zwischen europäischen Sportlerinnen und Sportlern erhöhen. Allerwichtigstes Problem aber bleibt der Zustand unserer Sportstätten. Wir haben einen Bedarf von fast zwei Milliarden Euro. Die werden wir nie und nimmer bekommen, das wissen wir. Aber wir müssen beispielsweise sehen, dass bei der Schließung von Schulen nicht auch die entsprechenden Sportstätten geschlossen werden. Das wäre eine Katastrophe für all jene, die neben der Schule diese Sportstätten noch nutzen. Um die zu erhalten, müssen wir den Kommunen auch ein finanzieller Partner sein. Was soll das von Ihnen erwähnte Ehrenamts-Gesetz Ihrer Meinung nach beinhalten. Es soll Regeln beinhalten, wie Ehrenamtliche steuerlich, also finanziell zu behandeln sind. Wir wollen eine materielle Entschädigung für aufgebrachte Leistungen, außerdem die Klärung von Versicherungs- und Haftungsfragen. Und wir möchten, dass die Tätigkeit der Ehrenamtlichen wirklich gewürdigt wird. Nun wollen Sie sich auch für die nächsten vier Jahre als LSB-Präsident wählen lassen, obwohl es sein könnte, dass Sie in Kürze wegen der so genannten Backofen-Affäre verurteilt werden. Schädigen Sie damit nicht den Landessportbund? Diese Frage habe ich lange überlegt. Ich habe aber offen mit dem Präsidium darüber beraten und man hat anerkannt, dass mir nun seit sieben Jahren bestimmte Vorhalte gemacht werden und ich nach den ersten fünf, sechs Jahren nach einem Prozess freigesprochen worden bin. Ich habe keine strafrechtlichen Handlungen begangen, das wird jetzt durch ein weiteres Verfahren überprüft. Ich persönlich muss diese Entscheidung mit meinem Gewissen vereinbaren und ich sage ganz deutlich, dass ich nie kandidieren würde, wenn ich nicht persönlich davon überzeugt wäre, keine strafrechtliche und verwerfliche Handlung begangen zu haben. Natürlich könnten Außenstehende sagen, ich würde allein durch meine Person und mein Verfahren den Sport schädigen. Aber ich bitte ganz einfach darum, bei einer solchen Vorverurteilung zu berücksichtigen: Ich bin im Moment freigesprochen. Und all das, was jetzt wieder auf mich zu kommt, wird nach meinen bisherigen Erkenntnissen und denen, die im juristischen Bereich liegen und mir mitgeteilt wurden, zu keinem anderen Urteil führen. Wenn aber doch? Sollte es wider Erwartung eine Verurteilung geben, die strafrechtlich ausgesprochen wird, kann ich mich dagegen wehren, indem ich den Bundesgerichtshof anrufe. Das hilft dem Sport aber gar nicht. In diesem Fall würde ich mein Amt niederlegen. Rechnen Sie damit, dass Ihnen auf Grund Ihres derzeitigen Verfahrens auf dem Landessporttag am Sonnabend ein rauher Wind von Delegierten entgegenwehen wird? Ich hätte Verständnis dafür. Es ist ja nicht einfach, eine so umstrittene Person für das höchste Ehrenamt im Sport zu wählen. Da setzt man natürlich Maßstäbe an. Und ich habe ja gesagt, dass sich sowohl ich persönlich als auch das Präsidium diese Frage nicht leicht gemacht haben. Ich gestehe natürlich jedem Vereins- oder Verbandsvorsitzenden die Bewältigung bestimmter Schwierigkeiten zu und stehe zu ihnen, so lange er oder sie keine rechtswidrige Handlung begangen hat. Und das erhoffe ich auch für mich. Wobei ich ja nicht nur als LSB-Präsident in der Öffentlichkeit kämpfe, sondern ebenso für mein eigenes Ansehen und meine Person. Im Übrigen: Auch beim letzten Sporttag in Frankfurt/Main bin ich nicht in irgendeiner Art und Weise gemieden worden. Und ich sehe, dass ich in der Brandenburger Landesregierung ebenfalls genügend Ansprechpartner habe, um die Belange des Sports vertreten zu können. Bisher gelten Sie als einziger Kandidat für das Amt des LSB-Präsidenten. Was, wenn sich doch noch Gegenkdandidaten finden? Das ist normal und demokratisch, das kenne ich aus meinem Leben. Ich hatte immer mit Gegenkandidaten zu tun. Wenn sich jemand berufen wird, dieses Amt zu bekleiden, und glaubt, es besser machen zu können als ich, dann muss er antreten und es den Delegierten gegenüber vermitteln. Ich werde dann gegen meinen sportlichen Kontrahenten antreten und hoffentlich klar machen, warum man weiterhin mir das Vertrauen schenken sollte. Am Mittwoch gibt es in der so genannten Backofen-Affäre den nächsten Verhandlungstag. Könnte sich danach die ganze Situation für Sie verändern? Ich denke, dass wir am Mittwoch zu einer Versachlichung des Verfahrens kommen, nachdem es am ersten Verhandlungstag vor allem darum ging, welche Papiere wann und wo gefertigt wurden. Ich habe dabei eine Aussage getätigt, die ich nicht zurück zu nehmen habe. Ich habe keine derartige Manipulation in irgendeiner Art und Weise angeordnet oder von jemandem erwartet. Ich habe ganz offen dargestellt, welche Dokumentation ich in dieser Affäre besessen und wovon ich Kenntnis hatte. Wenn das Gericht anderer Meinung ist, muss es Beweise vorlegen. Die sehe ich im Moment nicht. Deshalb, so hoffe ich, werden wir am Mittwoch zu einer Verhandlung kommen, die sich wieder an sachlichen und rechtlichen Grundsätzen messen lässt. Wir werden von unserer Seite aus einiges einbringen, was den Prozess hoffentlich auch verkürzen wird. Werden Sie nach der Verhandlung am Mittwoch noch einmal mit dem LSB-Präsidium beraten? Ja. Wir haben vereinbart, uns hinterher noch einmal zu treffen, denn es ist wichtig und notwendig, dass das Präsidium über alle Einzelheiten informiert wird, auch über diese nicht ganz angenehmen. Mit diesen Informationen werden wir dann in den Landessporttag gehen. Das Interview führte Michael Meyer Der Leipziger Bundesgerichtshof hob im März dieses Jahres ein früheres Urteil des Potsdamer Landgerichtes gegen Edwin Zimmermann auf, bei dem der SPD-Landtagsabgeordnete und Landessportbund-Präsident im Februar 2002 vom Vorwurf der Untreue und des Betruges freigesprochen worden war. Der ehemalige Brandenburger Landwirtschaftsminister hatte 1997 nach Filz-Vorwürfen seinen Stuhl räumen müssen und war später angeklagt worden, weil sein Ministerium den Bau einer Schaubäckerei auf dem Familienhof in Schöna-Kolpin (Teltow-Fläming) mit rund 256 000 Euro gefördert hatte. Heute ist der zweite von insgesamt 21 angesetzten Verhandlungstagen vor dem Landgericht anberaumt. dpa/PNN
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