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Von Juliane Wedemeyer: 580 Männer gingen 2008 in die Elternzeit
Potsdamerinnen bekamen im vergangenen Jahr weniger Kinder als 2007, Geburtenzahl aber weiter hoch
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In Potsdam sind im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit mehr als 15 Jahren wieder weniger Kinder auf die Welt gekommen. Die meisten Kinder seit der Wende haben die Potsdamerinnen 2007 geboren: 1602 Kinder erblickten in der Landeshauptstadt das Licht der Welt. 2008 waren es laut Verwaltung nur noch 1563. Damit liegt Potsdam im deutschen Trend. Das geht zumindest aus der aktuellen Geburten-Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervor, die jetzt veröffentlicht wurde. Dass 2008 weniger Kinder geboren wurden, läge daran, dass es weniger Mütter gab. In Deutschland sinke seit Jahren die Zahl der Frauen um gebärfähigen Alter.
„Auch wenn es in Deutschland 2008 weniger Nachwuchs gab: Die Menschen bekommen wieder mehr Kinder – vor allem im Osten der Republik“, heißt es in der Studie. Das träfe auch auf Potsdam zu, erklärte der Chef des Potsdamer Statistikamtes, Matthias Förster, gegenüber den PNN. Und: Potsdam gilt weiterhin als eine der geburtenreichsten Städte und Kreise Deutschlands.
Der Autor der Studie, Reiner Klingholz, macht die neue Familienpolitik der CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen verantwortlich, vor allem das Elterngeld. „Parallel zur Einführung des Elterngeldes 2007 werden Familiengründungen in ganz Deutschland wieder häufiger – eine andere Erklärung für den kurzfristigen Anstieg der Geburtenzahl gibt es kaum“, resümiert Klingholz. Förster sieht das offenbar ähnlich: Allein dass Familienpolitik wieder ein Thema ist, führe dazu, dass junge Menschen sich wieder trauten, Kinder zu kriegen, so der Potsdamer.
Immer mehr Eltern erhalten auch Eltergeld: Waren es 2007 laut Stadt 1560, erhielten letztes Jahr 2174 Potsdamer Elterngeld – die meisten den Mindestbetrag von 300 Euro, 106 den Höchstbetrag von 1800 Euro. Laut Stadtverwaltung ist das ein Indiz dafür, dass auch gut verdienende Väter in Potsdam in die Elternzeit gehen. Bundesweit bleiben mittlerweile rund 80 Prozent aller Väter meist zwei Monate zu Hause, um sich dort um den Nachwuchs zu kümmern. In Potsdam nahmen im vergangenen Jahr 580 Männer die Elternzeit in Anspruch. Das waren doppelt so viele wie noch 2007. Elterngeld zahlt der Staat seit 2007. Es beträgt 67 Prozent des durchschnittlichen Jahreseinkommens vor der Geburt des Kindes und wird mindestens zwölf, maximal 14 Monate gezahlt.
Die hohe Geburtenzahl in Potsdam sei aber auch ein „Struktureffekt“, betont Statistiker Förster. „Potsdam ist eine Stadt, die durch Zuwanderung wächst“, sagt er. „Und je mehr fruchtbare Frauen herziehen, desto mehr Kinder kommen hier zur Welt.“ Vor 16 Jahren, nach den Wirren der Wende, sah das ganz anders aus. 1993 erblickten gerade einmal 630 Babys in Potsdam das Licht der Welt. Das war der Tiefststand. Danach wurden jedes Jahr mehr Kinder geboren. 1997 waren es schon 844.
Damals gehörte die Stadt aber immer noch zu den geburtenärmsten Kreisen der Republik, so die Studie des Berlin-Instituts. In Potsdam bekamen die Frauen damals durchschnittlich nur 0,92 Kinder. Rein statistisch gesehen gebaren die Potsdamerinnen zwischen 15 und 44 Jahren 2007 durchschnittlich 1,45 Kinder. Sie lagen damit über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 1,37 Kindern pro Frau.
Laut Berlin-Instituts-Studie belegte Potsdam 2007 damit den Rang 93 der insgesamt 413 Kreise und kreisfreien Städte. Die meisten Kinder pro Frau wurden im niedersächsischen Kreis Cloppenburg geboren. Dort waren es im Durchschnitt 1,75 Kinder. Das Schlusslicht in Sachen Geburtenziffer bildete die bayerische Stadt Passau mit 0,97 Kindern pro Frau.
Übrigens werden die Mütter in Potsdam im älter. Immer mehr Erstgebärende seien über 34 Jahre alt, stellt Klingholz in seiner Studie fest. Ein Zeichen für Wohlstand? „Der Trend zur späten Mutterschaft findet sich vor allem bei Frauen in westdeutschen Ballungszentren wie Hamburg und München“, so das Ergebnis der Studie. „Auch die ostdeutschen Frauen in Städten wie Potsdam, Berlin und Dresden passen sich diesem Trend an.“ Allerdings würde die Entwicklung nicht so rasant verlaufen wie in Westdeutschland, wo oft mehr als 20 Prozent der Babys von über 34-Jährigen zur Welt gebracht werden.
Juliane Wedemeyer
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