Landeshauptstadt: Ab in die Klinik ...
10. Alzheimer-Tag beschäftigte sich mit dem Thema „Menschen mit Demenz im Krankenhaus“
Stand:
Hermannswerder - Zu geringes Wissen und ungenaue Diagnosen, das sind laut Rainer Neubart, Chef des Evangelischen Krankenhauses in Woltersdorf, beklagenswerte Mängel bei der Behandlung von Demenzkranken in einer Klinik. Neubart war einer der Referenten auf dem 10. Alzheimertag gestern im Tagungshaus BlauArt auf Hermannswerder. Die Tagung beschäftigte sich damit, wie Demenzkranke im Krankenhaus sachgerecht behandelt werden können.
Nur zwanzig Prozent der Patienten, die in sein Krankenhaus kommen, hätten eine „wirkliche Diagnostik“ hinter sich, berichtet Neubart. Die Hirnleistungsstörung „Demenz“, oft auch mit der Alzheimer-Krankheit gleichgesetzt, erfordere eine besondere Zuwendung des Krankenhauspersonals. Eva Kunz vom brandenburgischen Gesundheitsministerium fordert gar einen „Dolmetscher, welcher die Demenzkranken versteht.“
Ins Krankenhaus kommen Demenzkranke in den seltensten Fällen wegen ihrer Hirnstörung, sondern weil sie akute Probleme wie andere Menschen auch haben. Oft aber ist es auch so, dass Angehörige und sogar Pflegeeinrichtungen sich nicht anders zu helfen wissen. „Ab in die Klinik“, das sei oft eine übereilte Entscheidung, sagt Else Loos, Zweite Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg. „Die Ärzte, die für die Behandlung in den Heimen zuständig sind, sollten die Demenzkranken nicht zu schnell in die Krankenhäuser schicken.“
Das Personal in „normalen“ Krankenhäusern verfüge oft nicht über die notwendigen Spezialkenntnisse, um mit Demenzkranken sachgerecht umgehen zu können. Und für die Betroffenen, die oft ohne Orientierung und Verständigungsmöglichkeit seien, sei die Ausnahmesituation eines Klinikaufenthaltes besonders belastend. Der Personalabbau im Pflegebereich würde vielerorts die Situation noch verschärfen, hieß es gestern.
Rainer Neubart hält es für unabdingbar, dass Krankenhausärzte, Hausärzte und Schwestern das „zusätzliche Lernen“ auf sich nehmen, um mit diesen „schwierigen Patienten“ umgehen zu können. Darüber hinaus seien „ganzheitliche Versorgungssysteme“ notwendig, Kompetenzzentren für Demenz und Teams für „mobile Rehabilitation“. Zu Letzterem sagt Jürgen Dyck von der AOK Brandenburg: „Schön und gut, aber wer bezahlt das?“
Loos verweist darauf, wie wichtig es sei, dass der Lebenspartner beziehungsweise die Familien rechtzeitig die Hirn-Erkrankung eines Angehörigen erkennen. Die Ärztin berichtet von einer „Angst vor der Diagnose“, da die Demenz als „nicht salonfähig“ gelte. In diesem Zusammenhang hebt Sibylle Kraus vom St. Josef-Krankenhaus Potsdam-Sanssouci die Rolle von Angehörigen- und Betroffenenverbänden hervor. Von denen wünsche sie sich „noch mehr Power“, um das Versorgungssystem weiter zu verbessern. Das ist offenbar leichter gesagt als getan, denn laut Detlef Troppens von der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg werde „das Problem schnell größer“. Günter Schenke
Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg e.V., Stephensonstraße 24-26, 14482 Potsdam. Tel.: (0331) 740 90 08
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: