Landeshauptstadt: Abwahlbegehren wohl ohne Chance
Breite Mehrheit für Stadtpräsident Schüler: Rathauskooperation will Signal der Geschlossenheit senden
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Es wird wohl eine Abstimmung mit Symbolwert: Am morgigen Mittwoch soll das Stadtparlament den bündnisgrünen Stadtverordneten-Vorsitzenden Peter Schüler abwählen – so ein Antrag der Linken unter Führung von Hans-Jürgen Scharfenberg. Doch Scharfensbergs Erfolgschancen stehen schlecht: Die Linke kann nur auf die Stimmen der Fraktion Die Andere zählen. Bürgerbündnis und Potsdamer Demokraten wollen der Abwahl eine Absage erteilen; ebenso natürlich die Rathauskooperation aus SPD, CDU / ANW, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.
Nach der Stadtwerke-Affäre und dubiosen Immobilien-Deals, bei deren Aufarbeitung vor allem CDU und FDP immer wieder gegen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in Stellung gingen, wäre ein klarer Sieg für das Parteibündnis ein Signal der Geschlossenheit – und eine Niederlage in geheimer Abstimmung dagegen wohl der Anfang vom Ende der „Koalition“. „Das wäre in der Tat ein fatales Signal für den Fortbestand der Kooperation“, sagte Peter Schüler den PNN. Seine Wahl war vor drei Jahren die erste gemeinsam getragene Personalie der Kooperation. Die will nun Schülers Abwahl verhindern – selbst die CDU, in der es nach PNN-Informationen aber auch Missmut über die langatmige Sitzungsführung Schülers gibt.
Die Linke hat den Abwahlantrag gegen den Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gestellt, weil Schüler aus ihrer Sicht die Minderheitenrechte der Opposition im Stadtparlament verletzt hat. So hatte Linke-Fraktionschef Scharfenberg Ende September zusammen mit elf anderen Stadtverordneten eine Sondersitzung beantragt, um noch offene Anträge zu besprechen. Schüler hatte diese Sitzung statt auf den 17. Oktober auf den morgigen Mittwoch um 13 Uhr gelegt – nur zwei Stunden vor der regulären Sitzung der Stadtverordneten.
Schüler selbst weist den Vorwurf zurück, er habe mit der Terminwahl die Rechte der Opposition beschnitten. Wegen der Herbstferien und etlichen Ausschusssitzungen sei kein anderer Termin zu finden gewesen. Aus seiner Sicht handelt es sich bei dem Abwahlantrag vielmehr um eine von Scharfenberg inszenierte „Kraftprobe" mit der Rathauskooperation – die der Linke-Chef wohl verlieren wird. Schon heißt es missmutig aus seiner Partei, Scharfenberg schweiße mit seinem aggressiven Kurs die Kooperation zusammen. „Er agiert eben nicht mit dem Florett, sondern mit dem Säbel“, sagte ein führendes Parteimitglied den PNN.
Doch auch wenn Schüler voraussichtlich im Amt bleibt – die Rathauskooperation steht im dritten Jahr ihres Bestehens vor Problemen. Von den vier maßgeblichen „Architekten“ des Bündnisses sind nach den Rücktritten des Ex-Grünen-Fraktionschefs Nils Naber und seiner FDP-Kollegin Martina Engel-Fürstberger nur noch zwei vorhanden. Und gerade in den Reihen von FDP und CDU gibt es einige, die am Sinn der Kooperation zweifeln. Auch wegen heftig umstrittener Entscheidungen wie zum „Freiland“-Jugendzentrum. Dabei gibt es noch viele nicht erfüllte Versprechungen aus dem Kooperationsvertrag, an denen die Partner arbeiten könnten. So ist ein ausgeglichener Haushalt trotz Überschüssen in den vergangenen Jahren nicht in Sicht. Auch eine geplante Entlastung Potsdamer Eltern bei den Kitabeiträgen steht bisher nur als Wunsch in der Kooperationsvereinbarung. Ein Gutachten, ob Potsdam einen dritten Havelübergang braucht, ist ebenso nicht in Sicht – als Kompromiss haben sich die Kooperationspartner zuletzt auf eine Bürgerbefragung zu diesem Punkt geeinigt.
Andere Themen aus dem Kooperationsvertrag sind dagegen schon abgearbeitet: Bei den städtischen Unternehmen herrscht mehr Transparenz als noch vor drei Jahren, Potsdam ist Mitglied bei Transparency International und hat ein Klimaschutzkonzept, ein Kita- und Schulsanierungsprogramm läuft, das Gebiet rund um den Hauptbahnhof wird entwickelt, es gibt eine finanziell untersetzte Radwegeplanung. Aus Sicht von SPD-Chef Mike Schubert, der vor drei Jahren die Kooperation schmiedete, kann sich die Bilanz sehen lassen. Er betont die Langlebigkeit des Modells: „Am Anfang haben uns manche gesagt, das hält nur ein paar Wochen.“ Einer davon ist Hans-Jürgen Scharfenberg – der die Kooperation mit seinem Abwahlantrag gegen Schüler nun zur Geschlossenheit zwingt.
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