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Steffi Pyanoe.

© A. Klaer

Kolumne PYAnissimo: Wenn der Frauentag wieder Spaß macht: AEG schafft Abhilfe

PNN-Kolumnistin Steffi Pyanoe hat der Frauentag nie besonders bewegt. In diesem Jahr ist es anders - dank antiquierter Waschmaschinen-Werbung, einem umfangreichen Kulturprogramm und der neuen Beigeordneten.

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Potsdam - Bisher ging mir der Frauentag, dieses von der DDR zum sozialistischen Primeltopf-Event vermurkste Erbe von Clara Zetkin, echt am A**** vorbei. Blumen oder gar Glückwünsche zu dem Fakt, dass mir nichts zwischen den Beinen baumelt, brauche ich nicht.

Aber jetzt kommt endlich Bewegung in die Sache, ja, in diesem Jahr macht der Tag zum ersten Mal Spaß. Ich kämpfe nämlich um das Recht, dass es mir egal sein darf, ob da irgendwo an Potsdams Peripherie oder sonst wo in der Welt ein Pissoir in Form eines roten Mundes hängt oder nicht. Aber bitte, diskutieren wir, es passt ja so wunderbar zum 8. März. Seit Wochen schon bekommen wir Pressemitteilungen, die auf das Datum abzielen. Alles, was nur irgendwie vermeintlich zum Thema Frauenrechte und Gleichberechtigung passt, wird gebündelt zu Anfang März losgelassen. Dass die Schauspielerin Maria Furtwängler, die gerade im Theater am Kurfürstendamm eine putzwütige Hausfrau der 50er-Jahre spielt, einen Umkehrtrend in Sachen Gleichberechtigung sieht, ist noch harmlos. Es quetsche sich in die heutige Zeit „so eine merkwürdige konservative, rückwärtsgewandte und patriarchalische Strömung rein, die mir unheimlich ist“, ließ sie verlauten.

Hat sie recht? Hat sie womöglich die Rundmail des Elektrokonzerns AEG gelesen? In dessen PR-Abteilung scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. „Viele Frauen müssen den Spagat zwischen Job, Kinderbetreuung und den anfallenden Hausarbeiten meistern. Kochen, bügeln, putzen, der Haushalt nimmt kein Ende... Doch AEG schafft Abhilfe.“ Mit einer App für moderne Wäschepflege! Aua.

„Hurengespräche“ und "Zauber der Travestie": Kulturprogramm zum Frauentag in Potsdam

Was noch? Ach ja, kein Frauentag ohne Kulturprogramm. Nach der Wäschepflege kann die Potsdamer Frau am 8. März ins Musical gehen. Im Hans Otto Theater läuft „My Fair Lady“, dessen schnulziges Happy End im Übrigen nicht von George Bernard Shaw stammt. In seinem „Pygmalion“ geht Eliza nach dem Ende des Altherren-Erziehungsexperiments eigene Wege. Im Kabarett Obelisk gibt es „Hurengespräche“, Heinrich Zilles literarische, erschreckend drastische Milieustudie, die der Maler damals nur unter Pseudonym veröffentlichte und die sofort auf dem preußischen Index landete. Im Bildungsforum wird aus „Unsterbliche Frauen“ vorgelesen – „Porträts über wahre Diven“. Das Potsdam Museum bietet anschließend eine Ü-60-Führung zu den Künstlerinnen der wilden 80er-Jahre. Im Filmmuseum geht es um Frauen und Sexismus im Hip-Hop. Und der Kracher zum Schluss: „Zauber der Travestie – das Original zum Frauentag“ im Nikolaisaal. Die volle Packung Frauentagskultur, und dickes Lob für die freundliche Bündelung der Termine auf einen einzigen Wochentag.

Potsdams männliche Journaille freut sich schon auf die neue Dezernentin

Die Potsdamer – und zwar alle – freuen sich jetzt schon mal auf eins, nämlich auf eine: die neue Dezernentin für Bildung, Kultur und Sport. Also alles das, was kann, aber nicht muss. Die Neue ist in NRW ohne Frauentagstrauma groß geworden und sieht auch noch gut aus, weshalb Potsdams männliche Journaille ihren Namen schon seit Wochen mit feuchten Augen und ganz rechtschreibfehlerfrei schnurren kann. Wir Frauen der Redaktion haben das seltsame Gebaren der Kollegen zwar mit Befremden zur Kenntnis genommen aber nehmen an, dass es sich totlaufen wird. Wie das Problem-Pissoir.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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