Landeshauptstadt: Aktivunterricht am Brandenburger Tor
Französische Schüler lernen in Potsdam Deutsch: Im Unterricht, bei Gastfamilien und auf der Straße
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Sprachreisen sind in: Etwa 160 000 Deutsche zieht es jährlich zu speziellen Sprachkursen in andere Länder. Vor allem Großbritannien und Malta sind beliebte Reiseziele für Sprachreisende. Denn beinahe drei Viertel aller Erwachsenen und Schüler buchen laut dem Fachverband Deutscher Sprachreise-Veranstalter einen Englischkurs. Spanisch, Französisch und Italienisch folgen auf der Beliebtheitsskala solcher Kurse. Auch Deutschland wird immer häufiger Ziel ausländischer Jugendlicher, die Deutsch lernen wollen – in Potsdam büffeln derzeit französische Schüler während ihrer Sommerferien Grammatik und Sprachverständnis.
Zum dritten Mal in diesem Jahr betreut Georg Henneberger französische Schüler in der Landeshauptstadt. 21 Stunden sitzen sie über ihren Heften, lassen sich die Grammatik erklären, wohnen in Gastfamilien und lernen was es heißt, typisch deutsch zu sein. Eine Erkenntnis dabei: „Das Leben in Potsdam ist weniger teuer als in Paris“, sagt Paul Chabas. Er wollte in diesen Sommerferien selbst das Land kennen lernen, dessen Sprache er in der Schule lernt. Paul Chabas wohnt in Paris, vor allem die Nähe zu Berlin hat ihn überzeugt, diesen Sprachkurs zu wählen. Dafür mussten seine Eltern etwa 1200 Euro bezahlen – Reise, Essen und Unterkunft bei Gastfamilien sowie sämtliche Fahr- und Eintrittsgelder inklusive.
Seit einer Woche ist er gemeinsam mit Schülern aus verschiedenen Teilen Frankreichs in Potsdam. Ihr erster Eindruck? „Gut“, sagen sie. Auch von Berlin. Denn das Activity-Programm nach der Schulzeit am Vormittag im Treffpunkt Freizeit heißt „Discover Berlin“ – Entdecke Berlin! Besuch des Jüdischen Museums, des Technikmuseums und des Mauermuseums am Checkpoint Charlie sind Programmpunkte der Reise. Gestern besuchten sie den Reichstag und das Brandenburger Tor. „Aktivunterricht“ nennt Kursleiterin Juliane Große solche Ausflüge. Denn während sie dabei Eckpunkte der deutschen Geschichte kennen lernen, sollten sie vor dem Brandenburger Tor Passanten ansprechen und nach dem Weg fragen. Ein Sprachtraining, um Berührungsängste abzubauen.
Während die Schüler tagsüber in der Gruppe unterwegs sind und viel Französisch sprechen, müssen sie sich morgens und abends auf Deutsch unterhalten. Jeder Schüler ist bei einer Familie untergebracht, sagt Reiseleiter Georg Henneberger. Die müssen dem Schüler ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellen und täglich ein Lunchpaket bereiten. 16 Euro bekommen die Gastgeber dafür pro Tag – diesmal leben die Schüler in Potsdam, Bergholz-Rehbrücke und Caputh. Vor allem Familien mit Kindern würden die Schüler aufnehmen, sagt Henneberger, der die Organisation des Potsdam-Angebotes des „did deutsch-institut“ und des französischen Anbieters „silc“ in diesem Jahr übernommen hat. Er war selbst jahrelang Lehrer, inzwischen ist er Rentner.
Das Angebot wird erst seit diesem Jahr im Treffpunkt Freizeit veranstaltet. Zuvor war es lange Zeit in der Schule 19 in der Burgstraße untergebracht. „Die Möglichkeiten an diesem Standort sind besser“, sagt Henneberger. Eine Küche, Freizeitanlagen, Unterrichtsräume und ein großes Außenareal stehen im ehemaligen Haus der Pioniere zur Verfügung. Diesmal soll es außerdem eine besonders gute Gruppe der Schüler sein. „Wir finden es sehr lustig“, sagt Nicolas Le Bihan. Auch seine französische Kursleiterin Sylvie Voudon sagt, es sei diesmal sehr angenehm. Die Schüler seien toll, ihre Unterkunft ebenfalls. Sie ist in einem Holländerhaus in der Mittelstraße untergekommen – nah am Treffpunkt Freizeit.
Dort arbeiten die Schüler in zwei Gruppen. Ihre Aufgabe an diesem Tag: Sie sollen kurz ihren Heimatort in Frankreich vorstellen. Thomas Martin beispielsweise wohnt in einem 1000-Seelen-Ort 30 Kilometer von Lyon entfernt. Eine Weingegend, sagt er auf Deutsch. Dazu zwei Kneipen, „die Straßen haben keine Namen und die Menschen sind durchschnittlich 75 Jahre alt“. Und es gebe ein „Ruhestandshaus“, ein „maison de retraite“, sagt Martin – ein Altersheim. Um genau solche Feinheiten geht es bei den Sprachkursen. Jan Brunzlow
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