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Neues Verkehrskonzept für Potsdam: Alles in eine Richtung?
Die Potsdamer CDU hat einen eigenen Vorschlag zu Potsdams Stau- und Schadstoffproblem – doch die Ring-Pläne stoßen auf Widerstand.
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Staus und Schadstoffprobleme: In der Debatte zur Lösung der Potsdamer Verkehrsprobleme will die CDU einen neuen, für Autos weitgehend in eine Richtung befahrbaren Innenstadtring einrichten. Den PNN liegt der Entwurf für einen Antrag vor, den die Unionsfraktion in die Mai-Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einbringen will. Doch die Stadtverwaltung, ein Potsdamer Verkehrsexperte und einer der Bündnispartner der CDU in der Rathauskooperation, die Grünen, reagieren skeptisch.
Der von der CDU favorisierte Innenstadtring soll in Form einer Ellipse ab der Humboldtbrücke über die Behlertstraße, die Hegelallee, die Schopenhauer- und die Breite Straße verlaufen und schließlich am Hauptbahnhof vorbei wieder zur Nuthestraße führen. Mit einem derartigen Ringverkehr hätten viele andere Städte sehr gute Erfahrungen gemacht, so die CDU. Durch eine generelle Tempo-30-Regelung auf dem Ring soll der Verkehr – weitgehend kreuzungsfrei – gleichmäßig mit weniger Schadstoffausstoß und Lärm fließen, Abkürzungsstrecken durch die Innenstadt sollen unattraktiv gemacht werden – dafür will die Union prüfen lassen, ob es neben der Brandenburger Straße weitere autofreie Zonen in der Mitte geben kann. Radfahrer sollen den neuen Ring in beide Richtungen auf separaten Wegen befahren können. Für Fußgänger entstehe mehr Sicherheit, da sich der Verkehr überwiegend nur noch in eine Richtung bewege – außer zwischen der Breiten und der Schopenhauerstraße.
Der Vorstoß der CDU stößt auf Bedenken
Die CDU erklärt, durch ihr Modell könnten „stauverursachende Situationen“ im Stadtgebiet deutlich verringert werden. Die Idee beruhe auf voneinander unabhängig entstandenen Vorschlägen unter anderem eines Ingenieur- und Architekturbüros, von erfahrenen Berufskraftfahrern und interessierten Bürgern, sagte CDU-Fraktionschef Matthias Finken, der das Konzept geschrieben hat. Auch bei Havariefällen könne künftig besser reagiert werden, so seine Hoffnung. Die Umsetzung des Plans könne ohne größere bauliche Maßnahmen an einem autofreien Wochenende stattfinden, heißt es in dem Antrag. Zusätzlich soll ein gut an den öffentlichen Nahverkehr angebundenes Park-and-Ride-System entlang der Haupteinfallrouten nach Potsdam entwickelt werden, das Pendler und Touristen nutzen sollen. Langfristig müsse auch der Bau von Umgehungsstraßen geprüft werden, so die CDU.
Doch der Vorstoß stößt auf Bedenken. Die PNN haben das Konzept dem Potsdamer Verkehrsforscher Michael Ortgiese vorgelegt, er lehrt im Bereich Verkehrswesen an der Fachhochschule. Nach seiner Einschätzung seien vor allem für Autofahrer längere Wege zu erwarten. Zwar könnten sich die geplanten „Leistungsfähigkeitssteigerungen“ der Straßen in den Spitzenstunden am Morgen und am Nachmittag „im Idealfall“ bemerkbar machen. Doch nur 35 Prozent des Verkehrsaufkommens eines Tages fallen laut Ortgiese in diese Zeit. Für die restlichen 65 Prozent aber würden sich die Reisezeiten verlängern und damit die Erreichbarkeit der Innenstadt verschlechtern. Die mit den längeren Wegen verbundene Erhöhung der sogenannten „Gesamtverkehrsleistung“ des Straßennetzes würde auch zu neuen Emissionen führen, die die „gegebenenfalls erreichten positiven Effekte mehr als überkompensieren“, fürchtet Ortgiese. Anders als die CDU schätzt er auch, dass eine Ringlösung im Einbahnstraßen-Verkehr die Robustheit des Netzes im Falle von Baustellen oder Havarien verschlechtert.
Stadt fürchtet Kapazitätsprobleme
Auch die Bauverwaltung im Rathaus hat Bedenken, machte Sprecher Jan Brunzlow deutlich: Vor allem die geplante Verkehrsführung auf der Langen Brücke in nur eine Richtung werde zu Kapazitätsproblemen auch auf den nachfolgenden Straßen und zu längeren Wegen führen, auch für Innenstadthändler. Dagegen würden andere von der CDU geforderte Punkte im Rahmen des beschlossenen Stadtentwicklungskonzepts Verkehrs bereits geprüft – etwa die Einrichtung weiterer autofreier Zonen in der Innenstadt oder die Entwicklung eines Park-and-Ride-Systems.
Bündnispartner der CDU in der Rathauskooperation sind SPD und Grüne. Die Grünen zeigen sich skeptisch, wie Fraktionschef Peter Schüler auf Anfrage sagte: „Das ist für mich kein überzeugender Vorschlag, weil eben die Wege für Autofahrer länger werden.“ SPD-Fraktionschef Mike Schubert hielt sich zunächst zurück: Er wolle in der Kooperation über das Konzept diskutieren, sagte er. Seit Anfang des Jahres wird über Verkehrsprobleme in Potsdam diskutiert. Damals war der heftig umstrittene Plan des Grünen-Baudezernenten Matthias Klipp durchgesickert, zur Senkung der dort auftretenden Luftschadstoffe die Zeppelinstraße für Autofahrer einzuengen.
Hier lesen Sie die Beschlussvorlage der Potsdamer CDU im Wortlaut.
Die Position von Professor Michael Ortgiese finden Sie hier.
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