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Landeshauptstadt: Alles Käse

Im Babelsberger Käsestübchen darf und muss man probieren – die Auswahl unter 140 Sorten fällt schwer

Stand:

Dass es in seinem Laden nach Käse riecht, überrascht Peter Nadler. „Ehrlich? Sie riechen das?“ Woran der Inhaber des Babelsberger Käsestübchens bereits gewöhnt ist, das ist möglicherweise sein größtes Verkaufsargument und für Kunden immer wieder neu aufregend. Wer einmal durch die Tür gekommen ist, der bleibt in der Aromawolke von etwa 100 verschiedenen Käsesorten stehen – und geht selten ohne Einkäufe nach Hause.

„Bitte kosten“, sagt Regina Nadler, reicht einen Teelöffel mit einer cremigen Masse hinüber. „72 Prozent Fett“, sagt sie noch zur Warnung, da schmilzt der französischer Weinbergkäse bereits im Mund. Die Mitinhaberin und Ehefrau war die treibende Kraft hinter der Idee Käseladen. Sie arbeitete in einem Berliner Geschäft mit ähnlichem Sortiment, lernte dabei ihren späteren Mann kennen und beide entschieden sich, den Laden in Eigenregie zu übernehmen. Zeitweise gehörten mehrere Geschäfte zum Käseimperium der Nadlers, jetzt konzentrieren sie sich wieder auf einen Standort.

Seit 2005 gibt es das Käsestübchen in einem kleinen Weberhaus direkt am S-Bahnhof Babelsberg zwischen Kino und weiteren kleinen Einzelhändlern. Eigentlich eine perfekte Lage, um auf dem Heimweg hier alles entspannt mitzunehmen, wonach einem zum Feierabend vielleicht gelüstet: Getränke, Backwaren – und eben etwas aufs Brot oder zum Wein. Doch seit einigen Jahren spüren die Nadlers verstärkt die Konkurrenz der Supermärkte, viele haben aufgerüstet, verfügen über eigene, gut sortierte Käsetheken. „Und deren Einkaufspreis ist teils niedriger als unser Verkaufspreis“, sagt Regina Nadler. „Ich frage mich immer: Wie machen die das?“

Peter und Regina Nadler wollen sich dadurch nicht entmutigen lassen. Sie haben Glück, dass sie nicht ausschließlich von dem, was der Laden abwirft, leben müssen. Der Laden, das sei sicherlich ein stückweit Liebhaberei, das sie sich gerne leisten. Die Kunden schätzen neben der Sortenvielfalt vor allem, dass man hier alles probieren kann. Dann wird ein Eckchen oder ein Scheibchen über den Tresen gereicht. Frisch abgehobelt, das versteht sich von selbst. Scheibenkäse gibt es hier nicht, und auch keine Berge von Probierhäppchen. Dafür jede Menge Käse-Know-How über dieses Jahrtausende alte Lebensmittel, über Herstellung und Herkunft, was wozu passt und wie am besten schmeckt. Und plötzlich hört man die Reifekristallite des Schweizer Höhlengruyère auf der Zunge knistern.

Nadlers wie auch ihre zwei Mitarbeiter sind Käseexperten. Neben langer Erfahrung profitieren sie von Selbststudium und Fortbildungen. „Es gibt komischerweise Fachverkäufer für Backwaren und Fleischwaren, aber nicht für Molkereiprodukte“, sagt Regina Nadler. Es dauere einige Wochen, bis man sich in Sachen Käse einigermaßen auskennt und weiß, was wie schmeckt, wie gelagert und womit geschnitten wird.

Weltweit gibt es geschätzt 6000 verschiedene Käsesorten. Etwa 140 haben Nadlers im Sortiment, in allen Farben, Formen und Reifegraden. Manche gehen immer, andere werden nur saisonal angeboten oder auf Kundenwunsch bestellt. Und immer wieder kommt Neues dazu. Jetzt im Sommer, wenn überall die Würste auf den Grill fliegen, sei Käse allerdings weniger angesagt. Aber im Herbst kommen die Urlaubsrückkehrer und suchen Sorten, die sie in Frankreich oder Italien kennen lernten. Nadlers selbst geht es nicht anders. Im Urlaub werden Käsereien besichtigt, neue Sorten entdeckt. Denn spätestens um die Weihnachtszeit sind die Potsdamer auf der Suche nach etwas Besonderem für die Festtage. Hier gibt es eine große Auswahl an Ziegen- und Schafskäse, auch seltene Sorten, beispielsweise dreijährigen Gouda und Gudbrandsdalen, erdig-gelber norwegischer Karamellkäse aus Ziegenmilch und Kuhsahne. Experimentierfreudige konnten auch schon Milbenkäse probieren. „Das war schon interessant, das Stück sah ganz schön zerfressen aus – aber es gibt Kundschaft, die das haben möchte“, sagt Peter Nadler.

Demnächst sollen vermehrt Bio-Sorten dazukommen, Käse aus der Region hingegen überlässt Nadler Händlern wie Q-Regio, 150 Meter weiter. Man müsse sich nicht unnötig Konkurrenz machen, findet er. Neben allerlei Käse hat Nadlers Stübchen noch anderes zu bieten. Eine kleine Auswahl deutscher Weine gehört dazu, vornehmlich aus den Anbaugebieten an Mosel, aus Franken und der Pfalz. Wein und Käse, das passe eben gut zusammen. Außerdem mediterrane Käse- und Gemüsepasten sowie Antipasti, Oliven, Tomaten. Französische Terrinen, Fleischkonserven, Feigensenf zum Käse, Spreewälder Marmeladen, Honig aus Brandenburg sowie Freilandeier aus Beelitz ergänzen das kleine Feinkost-Sortiment.

Und es gibt sogar reichlich Fleischliches: deftige Salami- und Schinkenspezialitäten, Trüffelsalami und Würste aus Wild. Die Minisalamis in diversen Kräuterhüllen, schnelles Fingerfood, sehen aus wie kleine Hasenköttel. Und über allem thront ein riesiges spanisches Schinkenbein, viereinhalb köstliche Kilogramm. Mit etwa 25 Euro pro Stück ist man dabei.

Nadlers bieten zusätzlich Catering für kleine und große Gesellschaften an, Platten mit Partyfood. Auch einen kleinen Imbiss bekommt man im Käsestübchen. Die wechselnden Angebote von Baguettes und Sandwichs werden gut angenommen. In der Mittagszeit bestellt eine junge Frau gegrillten Ziegenkäse im Fladenbrot als Alternative zum Döner – zum Mitnehmen. Essen kann man jedoch ebenso gut an drei kleinen Tischen im Laden oder vor dem Haus, dazu ein Espresso oder ein Glas Wein. Peter Nadler sagt: „Ich denke, wir passen gut in den Kiez.“

Rudolf-Breitscheid-Straße 44, Tel.: (0331) 2378727

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