Von Jana Haase: Alles Lowlowlow-Budget
Seit Januar ist die Kamerafrau Jana Marsik Potsdamer Stadtfilmemacherin – mittlerweile sind vier Filmprojekte auf dem Weg
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Es ist kein einfacher Job. Das merkt man ziemlich bald, wenn man mit Jana Marsik über ihre Arbeit als erste Potsdamer Stadtfilmemacherin redet. Seit Januar 2008 ist die Kamerafrau und HFF-Absolventin „im Amt“. Und immer noch muss sie sich erklären: „Ich bin keine Stadtchronistin“, sagt sie zum Beispiel. „Dafür gibt es ja das Regionalfernsehen.“ Und auch mit einem „Stadtschreiber“ will sich die Berlinerin nicht vergleichen lassen: Schon allein, weil Filmen viel teurer ist und viel mehr Mitarbeiter erfordert als Schreiben. „Ich bin am Anfang ganz schön gegen Wände gelaufen“, erinnert sie sich.
Acht Monate lang bekam Jana Marsik ein Stipendium in Höhe von 1500 Euro pro Monat vom Sponsor Vattenfall, dazu seit Mai und noch bis Ende des Jahres eine Wohnung in der Brandenburger Vorstadt von der Pro Potsdam. Dass es Marsiks Posten überhaupt gibt, ist ein Überbleibsel von Potsdams Bewerbung als „Stadt der Wissenschaft“. Als die Landeshauptstadt im vergangenen Jahr gegen den einzigen Mitbewerber Jena verlor, konnten einige Projekte durch den Verein „ProWissen“ gerettet werden: Darunter die „Kinderfilmuniversität“, die Neuauflage des Toleranzedikts von Politologie-Professor Heinz Kleger und die Idee für einen Potsdamer Stadtfilmemacher.
Vier Filmprojekte sind mittlerweile auf dem Weg: „Es ist nicht möglich, innerhalb von neun Monaten einen Film zu machen“, erklärt die Berlinerin, die unter anderem die Kamera bei „Hände weg von Mississippi“ führte und demnächst mit Regisseur Detlev Buck für dessen neuen Film nach Kambodscha reist. Als Stadtfilmerin stand sie jedoch nicht selbst hinter der Kamera, sondern arbeitete mit HFF-Studenten. Zwölf Bewerbungen habe sie auf ihre Ausschreibung bekommen – einzige Vorgabe: Das Thema „Wissenschaft“ sollte eine Rolle spielen. Ansonsten wollte Marsik den „freien Blick“, keine werbenden Image-Filme oder Stadtteilberichterstattung: „Filme entstehen aus freiem Geist“, glaubt die gebürtige Kielerin. Vier Projekte hat sie schließlich ausgewählt – drei Dokumentationen und einen Spielfilm. Die Schauplätze reichen vom sibirischen Tixi, wohin ein Filmteam einen Wissenschaftler begleitete, bis zum Unistandort Golm, wo sich die Geschichte von Andreas Piepers Film „Rheingold“ abspielt.
Der HFF-Student will darin in vier parallelen Geschichten über die Grenzen der Wissenschaft erzählen, sagt er. Möglich, dass die absolute Erkenntnis für die heutigen Wissenschaftler nur den sagenhaften und unerreichbaren Schatz der alten Mythen ersetzt – das „Rheingold“ der Nibelungensage etwa. So jedenfalls erklärt Pieper den Titel seines Episodenfilms. In einer Episode wird etwa berichtet, wie ein Bürgerkriegsflüchtling aus Bosnien an der Potsdamer Uni ein Planspiel von Konfliktforschern erlebt. In einer anderen gerät ein aufstrebender Mediziner in Konflikt mit seinem Vater. „Die Geschichten spielen alle in Potsdam“, sagt Pieper, für den „Rheingold“ der Diplomfilm wird. Besonders Golm findet der 31-Jährige „spannend“ als Schauplatz: „Hier gibt es immer noch Brachen neben ganz modernen Laboren.“ Als Schauspieler konnte er unter anderem Lavinia Wilson, Barnaby Metschurat und Anja Brüggemann verpflichten.
Während die Studenten freie Hand beim Drehen hatten, kümmerte sich Marsik um die Finanzierung der Projekte: „Zum Filmemachen braucht man sehr viel Geld“, erklärt sie. Möglich werden die vier „Stadtfilme“ durch die Mitfinanzierung der HFF, erklärt Jana Marsik. Ein Münchener Kopierwerk habe außerdem eine kostenlose Filmkopie gesponsert. „Es ist alles Lowlowlow-Budget“, sagt sie.
Auch ihre Stadtfilmemacher-Wohnung kam zum Einsatz, und zwar nicht nur als Drehort: Denn Hotels für die Schauspieler waren im Budget nicht drin. „Wenn gedreht wurde, haben sie dort übernachtet“, erzählt Marsik: „Das war ideal.“ Zwei Projekte stehen jetzt noch an: Ein Film über Wahrnehmung: „Es geht darum, woher Bilder kommen“, erklärt Marsik. HFF-Student Johannes Leisen wolle dafür mit Blinden aus Potsdam arbeiten. Tanja Bubbel schließlich plane einen Film über Frauenfußball.
Ob sie das Amt als Stadtfilmerin noch einmal übernehmen würde? Jana Marsik zögert mit ihrer Antwort. „Ja“, sagt sie dann. Denn gerade Studenten würden heute „sehr auf Kommerz geeicht“, sagt sie. „Sie sollen aber lieber das machen können, was sie wirklich interessiert.“
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