
© H. John Appleby
Ausstellung im Stern-Center Potsdam: Als es Nobelpreise für Deutschland regnete
Bis zum 20. August ist im Stern-Center die Wanderausstellung „Weimarer Republik“ zu sehen.
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Frauenwahlrecht, Sozialstaat, Arbeitslosenversicherung, Anerkennung von Gewerkschaften – nur ein paar der zahlreichen Neuerungen, die in der Weimarer Republik eingeführt wurden und bis heute Bestand haben. Diese und viele andere Aspekte der ersten deutschen Demokratie, die 1918 mit dem Ende des Ersten Weltkriegs begann und 1933 mit der Machtübernahme Hitlers unterging, werden derzeit mit einer Wanderausstellung im Stern-Center erlebbar: Bis zum 20. August ist die kostenlose Ausstellung, die vom Weimarer Republik e.V. veranstaltet und vom Bundesjustizministerium gefördert wird, in Potsdam zu sehen.
„Deutschland besaß in dieser Zeit kulturell, wissenschaftlich und politisch Weltgeltung“, sagte Stephan Zänker, Geschäftsführer des Weimarer Republik e.V. Tatsächlich blühten Literatur, Musik, Film und Kunst in den „Goldenen Zwanzigern“, gleiches galt für die Wissenschaft: In 14 Jahren erhielten 17 deutsche Forscher den Nobelpreis. International genoss Deutschland Hochachtung: Die Weimarer Verfassung galt als modernste der Welt und diente anderen Staaten (zum Beispiel in Südamerika) als Vorbild. „Dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, das ist eine Innovation, die in der Weimarer Republik geschaffen wurde“, betonte Ronald Pienkny, Justizstaatssekretär des Landes Brandenburg bei der Eröffnung der Ausstellung am Mittwoch.
In vier multimedial gestalteten Würfeln können Besucher sich der Weimarer Republik von verschiedenen Seiten nähern: Ihrer Entstehung, ihren kulturellen Errungenschaften, ihrem Niedergang. Zahlreiche Touchscreens mit vielen Fotos und Videos lassen die Zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wiederauferstehen, darunter auch kuriose Details wie Polizisten, die mit riesigen Funkantennen ausgerüstet wurden, oder Krankenhausinsassen, die auf einer Tragbahre zur Wahlkabine getragen werden, um die Nationalversammlung zu wählen. Für die Videos wurden zudem Interviews mit 35 verschiedenen Experten geführt, darunter auch bekannte Gesichter wie Ranga Yogeshwar, Ulrich Wickert oder Bettina Schausten.
Bislang ist die Ausstellung ein großer Erfolg: „Die jüngeren Besucher finden besonders die Erfindungen und Innovationen interessant“, sagte Zänker. Ältere Besucher hingegen würden oft entdecken, dass sie ein zu enges Geschichtsbild haben: „Bei vielen wurde dieser Zeitabschnitt in der Schule nur am Rande behandelt“, sagte Zänker. Bei den Besuchern in den Neuen Bundesländern komme hinzu, dass viele, die in der DDR aufgewachsen sind, eher ein negatives Bild von der Weimarer Republik haben, so Zänker: Das liegt daran, dass der Geschichtsunterricht der DDR die sozialdemokratischen und bürgerlichen Begründer der Republik als Verräter an der kommunistischen Idee ansah.
Die Wanderausstellung ist seit November letzten Jahres unterwegs und machte dabei unter anderem Station in Weimar, Berlin, Schwerin, Jena oder Kassel. Erdacht wurde sie als Teil der Vorbereitungen zum 100. Jubiläum der Weimarer Republik 2018. Es gehe vor allem darum zu zeigen, dass Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeiten seien und immer wieder Gefahr laufen können, zerstört zu werden, so Zänker: „Als wir die Ausstellung erstellt haben, war noch nicht abzusehen, welche Brisanz dieses Thema derzeit bekommen würde.“ Erik Wenk
Die gesamte Ausstellung finden sie auch im Internet: www.weimarer-republik.net
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