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Herausgeputzt worden ist das Gymnasium für die Feier zum 100. an diesem Sonntag.

© Andreas Klaer

SCHULE: Als Manfred Stolpe nickte

Das Gymnasium Hermannswerder wird 100 – eine Reise vom Lyzeum in die Gegenwart

Stand:

Hermannswerder - Am letzten Ferientag wird die Schule so richtig voll. Der ehemalige DDR-Außenminister Markus Meckel, Holger Rupprecht, Wolfgang Huber, Christoph Schröder und viele frühere Schüler werden als Gäste erwartet, wenn morgen der 100. Geburtstag des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder gefeiert wird. Es ist eine beeindruckende Geschichte des Hauses, dass in der jüngeren Geschichte auch unbequemen DDR-Bürgern ein Abitur ermöglichte und nach der Wende als erste evangelische Schule in den neuen Ländern anerkannt wurde. Eine nicht immer einfache Zeit, wie Christoph Schröder weiß. Er war 20 Jahre Leiter der Schule – von 1984 bis 2004.

Konflikte mit der Volksbildung in der DDR? Die habe es laut Christoph Schröder weniger gegeben. Vielmehr seien es innerkirchliche Konflikte gewesen, die das Leben als Leiter des Kirchlichen Oberseminars nicht immer einfach gemacht hätten. Warum, dass ist nach der Wende und der Öffnung der Stasi-Unterlagen deutlich geworden. Denn die Spitzel der Staatssicherheit seien im engsten Umkreis zu finden gewesen, so wie Pastor Joachim Manz. „Die Stasi steht auf einem anderen Blatt“, sagt Schröder rückblickend. 20 Jahre nach dem Mauerfall wird sie am Sonntag sicher ein Thema sein.

In der DDR diente die Einrichtung mit Internat von 1950 bis 1990 als Kirchliches Oberseminar, an dem Jugendliche ohne Zugang zur staatlichen Hochschulreife einen Abschluss zur Aufnahme des Theologiestudiums erlangen konnten. Schüler waren in dieser Zeit unter anderem der Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch und späterer DDR-Außenminister und heutiger Bundestagsabgeordneter Markus Meckel. Die Zeit danach gehörte zu den aufregendsten in der Ära Schröder. Wie wird aus einem Kirchlichen Oberseminar ein Gymnasium? Die Kirche sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht darauf eingestellt gewesen, eine Schule zu betreiben. Und so habe der damalige Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg Gottfried Forck den damaligen Konsistorialpräsidenten Manfred Stolpe gefragt, ob es denn wirklich staatliche Gelder für den Betrieb der Schule gebe. Der hatte genickt, und somit habe auch die Kirche dem Vorhaben zugestimmt und das Oberseminar wurde im Herbst 1990 anerkanntes evangelisches Gymnasium.

Nur noch zwei Lehrer, die noch aktiv am Gymnasium unterrichten, kennen die Zeit aus eigenem Erleben: Kantor Dietrich Schönherr und Jürgen Raßbach (Deutsch und Latein). Einst waren sie sechs Lehrer, ein Internatsleiter und Christoph Schröder als Schulleiter. Unterrichtet wurden 50 Schüler. Inzwischen lernen 730 Kinder und Jugendliche von der fünften Klasse bis zum Abitur am Gymnasium, sagte der heutige Schulleiter Wolfram Pfeiffer. Er ist seit 2007 Leiter der Einrichtung, die nach dem Abschied von Christoph Schröder mit Uwe Eisentraut einen weiteren Schulleiter hatte.

Zu den Besonderheiten des Gymnasiums zählt nach Angaben von Pfeiffer heute neben der musischen Ausrichtung mit speziellen Begabungsklassen der altsprachliche Schwerpunkt der Schule, an der drei Viertel der Schülerinnen und Schüler Latein lernen und Altgriechisch als Wahlfach angeboten wird. Zudem finden wöchentliche Gottesdienste statt, Religionsunterricht ist anders als an staatlichen Schulen in Berlin und Brandenburg Pflichtfach. In der elften Klasse müssen die Jugendlichen ein soziales Praktikum in der Diakonie absolvieren. Im Internat der Schule sind den Angaben zufolge derzeit 55 Schülerinnen und Schüler von außerhalb untergebracht.

Inzwischen hat die Schule wieder bekannte Schüler in ihren Reihen. So sollen die Schloss-Einstein-Darsteller Katharina Wien und Katja Großkinsky als auch die Synchronsprecherin Friedel Morgenstern die Schule besuchen. Auch Luka Anlauff, ältester Sohn der Schriftstellerin Christine Anlauff, ist Schüler des Gymnasiums. Sie werden ab Montag wieder in der Schule sein, wenn die große Feier vorbei ist. jab

Programm am Sonntag: 11.30 Uhr Ehemaligentreffen, 14 Uhr Festgottesdienst mit Bischof Huber (Inselkirche), 15.30 Uhr Kaffee und Kuchen auf dem Schulhof, 16.30 Uhr Festvortrag Markus Meckel, 18 Uhr Schulisches Kunst-, Literatur- und Musikprogramm, 20 Uhr Schülerparty

Das Gymnasium wurde 1908 von Clara Hoffbauer gegründet und war bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein Lyzeum, bevor es in der DDR eine koedukative Schule in kirchlicher Trägerschaft wurde (KOS = Kirchliches Oberseminar Hermannswerder). Hier konnte das Abitur (allgemeine Hochschulreife) erworben werden. Zur Zeit des KOS hatte die Schule etwa 90 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 16 und 20 Jahren. 1990 wurde es die erste Schule in freier Trägerschaft in den neuen Ländern. Seitdem wurde die Schule von ehemals gut 50 Schülern auf 730 Schüler erweitert. Ein Internet ist angegliedert. PNN

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