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Homepage: Als Musik zur Sprache wurde

Uni-Veranstaltungsreihe zum 300. Geburtstag Friedrich II. widmet sich Menzels „Flötenkonzert“

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Adolph Menzels „Flötenkonzert in Sanssouci“ hat mittlerweile 160 Jahre lang das Bild vom Flöte spielenden König Preußens, Friedrich II., geprägt. Es sei das „schönste und genialste Bild des Künstlers“ schrieb Menzels strengster Kritiker Max Schasler. Doch der Maler war zu sich selbst nicht unkritisch: „Der König steht da wie ein Kommis, der Sonntags Muttern etwas vorflötet Überhaupt hab ich’ bloß gemalt des Kronleuchters wegen.“ Das heißt, sein Entstehen verdankt das Bild einer malerischen Wirkung. Daran darf man Zweifel haben, denn Menzel hat sich Friedrich immer wieder zugewandt.

Das berühmte Gemälde stand im Zentrum der Universitäts-Veranstaltungsreihe „DenkMahl mit Friedrich dem Großen“, die unlängst in der Oberen Mensa am Neuen Palais in die zweite Runde ging. Christian Thorau und Andreas Köstler, Professoren der Musikwissenschaft bzw. der Kunstgeschichte an der Uni, haben sich aus ihrer jeweiligen Sicht dem „Flötenkonzert“ angenommen. Dazwischen gab es wie gewohnt Musik. Studierende des Bereichs Musik der Humanwissenschaftlichen Fakultät boten eine recht virtuose Arie aus dem Pasticcio „Il Re pastore“, das Friedrich anlässlich der Rückkehr seiner Mutter, Königin Sophie Dorothea, von einer Reise aus Holland komponierte und im Charlottenburger Schloss aufführen ließ, außerdem das Rondo a-Moll aus der Klaviersammlung „Für Kenner und Liebhaber“ des Hofcembalisten Carl Philipp Emanuel Bach. Damit kam ein schönes Beispiel solider Kompositionskunst des Königs zur Aufführung. Und anhand der Bach’schen Piece wurde die Leistungsfähigkeit der herausragenden Mitglieder der Hofkapelle gewürdigt. Solche Persönlichkeiten sind auf dem Menzel-Gemälde zu sehen. Sie werden von Andreas Köstler in seinem lebhaften Vortrag charakterisiert. Im genau abgebildeten Konzertzimmer des Schlosses Sanssouci sind Musiker der Hofkapelle an den abendlichen Konzerten des Königs beteiligt. Sie bilden die rechte Gruppe: Carl Philipp Emanuel Bach am Cembalo, mit der Violine rechts außen ist Franz Benda zu erkennen, hinter den Hofdamen rechts der Komponist Carl Heinrich Graun, ganz außen rechts, an der Wand gelehnt, Friedrichs Flötenlehrer Johann Joachim Quantz. Die Musiker und die kleine Hofgesellschaft reagieren auf den Abend und auf das Flötenspiel des Königs unterschiedlich: von oben herab, blasiert, gelangweilt, konzentriert, unterwürfig oder verzückt. Der Adel und das Bürgertum sind bei Menzel in einem kleinen Raum vereint. „Die bürgerliche Musikausübung als gesellschaftlicher Traum gleichberechtigter Teilhabe wird hier dargestellt, als Wunsch eines gesellschaftlichen Idealzustandes“, so Andreas Köstler. „Das Bild ist als Quelle zur Musikkultur am preußischen Hof jedoch nur eingeschränkt brauchbar, auch keine zur historischen Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts, aber es spiegelt die Vorstellung von bürgerlicher Kammermusik im 19. Jahrhundert wider.“

Christian Thorau sieht die Zeit von 1740 bis 1780, in der Friedrich regierte, als Übergang der Musikgeschichte an. Steht um 1800 die Kunstmusik unter dem Einfluss der höfischen Kultur sowie der Kirche, so wird sie am Ende jenes Jahrhunderts die Sattelzeit bürgerlicher Musik, die das folgende 19. Jahrhundert prägt. „Musik wird in dieser Zeit zu einer Sprache, die ein Gegenüber braucht, den Hörenden als Dialogpartner versteht, den Liebhaber, der Musik ausübt, und den Kenner, der sie nicht nur spielt, sondern sie als Hörender beurteilen kann und ihren Sinn versteht.“ Thorau wies darauf hin, dass zwei bürgerliche Protagonisten der Musikszene am Hofe Friedrichs, Quantz und Bach, die bedeutendsten theoretischen Werke für Komposition und Musikausübung schrieben: „Versuch einer Anleitung die Flute traversiere zu spielen“ und „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“. Quantz widmet dem König seine Flötenschule. In Friedrich sieht er eine ideale Einheit von Kenner und Liebhaber. Der gebildete, musikliebende Aristokrat wird zum Beispiel einer Musikkennerschaft, die das bürgerliche 19. Jahrhundert zum Modell erhebt. Es ist nicht verwunderlich, dass das 19. Jahrhundert den Flötenspielenden König so ins Zentrum rückt und in dieser Weise porträtiert“, so Christian Thorau. Klaus Büstrin

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