zum Hauptinhalt

Homepage: Altes und Neues verbinden

Potsdamer Absolventen: Carsten Schneider studierte Restauration und Geschichte, heute betreibt er Bauforschung

Stand:

Potsdamer Absolventen: Carsten Schneider studierte Restauration und Geschichte, heute betreibt er Bauforschung Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Das Studium ist beendet, die Ausbildung abgeschlossen. Doch was kommt dann? Diese PNN-Serie verfolgt das Schicksal von einzelnen Absolventen der drei Potsdamer Hochschulen, so genannten Alumni. Mit welchen Vorstellungen haben sie ihr Studium betrieben? Was haben sie in Potsdam gelernt? Und wie sieht ihr Alltag heute aus? Von Jörg Muth Die hellen Augen schauen den Gesprächspartner intensiv an und die Hände bewegen sich eifrig um das Gesagte zu unterstützen. Oder um zu starken Formulierungen die Spitze zu nehmen. Die braun brannte Haut und der Stoppelbart verhelfen Carsten Schneider zu einem fast antiken Aussehen, was bei seinem Beruf nur hilfreich sein kann: Er ist Restaurator. Als Antrieb seinen Wunschberuf zu ergreifen nennt der Alumni zweier Potsdamer Hochschulen vor allem den „Reiz Altes und Neues zu verbinden“. Start als Steinmetz Sein Lebensweg führte Carsten Schneider keineswegs direkt zum Studium. Nach einem Anfang als Buchschneidegehilfe, erhielt er von vermeintlich erfahrenen Bekannten den Tipp: „Mach gleich Armee“. Nach sechs Monaten wenig interessanten Militärdienstes erlebte der Restaurator in spe die „Kopflosigkeit seiner Vorgesetzten in der Wendezeit“. Endlich frei von Wehr- und Zivildienst beendete er nach nur zwei Jahren in seinem Geburtsort Zwickau erfolgreich eine Steinmetzlehre. „Beim Schlagen von Grabsteinen und Fassadenquadern fühlte ich mich bald unterfordert“, sagt er. Er wandte seinen Blick zur akademischen Ausbildung. Nur Potsdams Fachhochschule bot ein Studium zum Restaurator ohne aufwändiges Vorpraktikum. Carsten Schneider war im Jahr 1993 in Potsdam einer der ersten Studierenden im Studiengang Diplom-Restaurator. Wie viele „Pioniere der Gründerjahre“ weiß er Kurioses aus dieser Zeit zu berichten: „Unter den 15 Kommilitonen meines Studienganges befanden sich die verschiedensten Typen. Wir hatten fertige Ärzte und alte Berufssoldaten genauso wie Abiturientinnen direkt von der Schule. Die Altersunterschiede waren groß“. Erst ein Jahr später trafen die ersten Fachprofessoren ein. So mangelte es anfangs an Professionalität, andererseits konnten sich die Studierenden stärker in die Abläufe integrieren und einbringen. Nach fünf Jahren beendete Carsten Schneider sein Studium erfolgreich als Diplom-Restaurator. „Ich fühlte mich noch nicht fit, da mir der Tiefgang im Studium fehlte. Andererseits sah ich mich bestätigt, dass es sich um einen tollen Beruf handelt.“ Deswegen nahm der fertige Akademiker ein weiteres Studium auf – das der Geschichte. Er erkannte bald, dass die Geschichte nicht in Büchern zu lesen ist, sondern in den Archiven. Für seine spätere Tätigkeit in der Bauforschung leistete der Einblick ihm große Dienste, zumal ihm das Studium Spaß machte. „Geschichte kann man dennoch nur mit 100-prozentiger Auslastung studieren, und es war Zeit Geld zu verdienen“, stellt der FH-Absolvent heute fest. Er brach deshalb das Geschichtsstudium ab, sprang ins kalte Wasser und machte sich selbstständig: „Die Fertigkeiten dafür wurden mir leider nie beigebracht. Gerade die Steuer erwies sich als undurchsichtig“. Es war dann auch ein Hadern mit Ämtern und Versicherungen und es ist dem Diplom-Restaurator noch heute anzumerken, dass es nicht einfach war. Sein Weg führte ihn nach Bayern, wo er an Münchner Residenzen und Skulpturen als Steinspezialist arbeitete. Die Erfahrung und die Perspektiven bestätigten erneut seine Berufswahl. Bald galt es sich zu entscheiden ob in den alten oder neuen Bundesländern der zukünftige Wirkungskreis liegen sollte. Carsten Schneider entschied sich für die Rückkehr nach Potsdam. „Das hatte nichts mit Heimweh zu tun“, stellt er fest. „Ich fand es auch in Bayern sehr schön. Aber in Potsdam gab es noch so viel zu gestalten und die zu DDR-Zeiten verkümmerten Sachen befanden sich in einem noch ursprünglicheren Zustand.“ Bauforschung in der Region Der 33-jährige Steinspezialist arbeitet im Moment an einem Auftrag für das vorderasiatische Museum in Berlin. Lebensgroße Steinskulpturen aus einer Grabung bei Tell Halaf im 19. Jahrhundert müssen wieder zusammen gesetzt werden. Im Zweiten Weltkrieg waren sie durch die Hitzewirkung von Brandbomben geplatzt. Außerdem betreibt der Diplom-Restaurator Bauforschung an den barocken Kavaliershäusern der Schlossanlage von Königs Wusterhausen. Als Ausgleich zum vielen Sitzen joggt der ehemalige Handballer früh morgens. Modellieren und Fotografieren, das gestalten von Dingen, Imitationen und Vielschichtiges faszinieren den Alumni und beschäftigen ihn in seiner Freizeit. Und wenn Carsten Schneider nur einmal entspannen will, widmet er sich Potsdams Kinokultur. Vorzugsweise klassischen Filmen. „Das passt alles auch wieder zu meinem Beruf“, sagt er lächelnd.

Jörg Muth

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })