Landeshauptstadt: Altmetall mit Seele
Potsdams erste „Tours Du Pont“ fasziniert mit Oldtimern aus fünf Jahrzehnten, stößt aber auch auf Widerstand
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Laut röhrt der Motor des Bugattis aus dem Jahr 1931 auf. Fahrer Achim Anscheidt sitzt schon startklar mit Rennkappe und -brille bereit, die Hände fest am Lenkrad. Der Motor wird lauter, Benzingeruch verbreitet sich – doch das Auto startet nicht. Kein Problem: Sofort ist ein Mechaniker zur Stelle, ein paar geübte Handgriffe und das Problem ist behoben. Anscheidt kann starten. Der Chefdesigner von Bugatti ist einer der Teilnehmer der ersten „Les 24 Tours Du Pont“, die am gestrigen Sonntag rund um die Villa Schöningen an der Glienicker Brücke stattfanden.
Kai Desinger, Inhaber der Potsdamer Garage Du Pont und selbst Oldtimer-Besitzer, organisiert das Event, das von nun an einmal jährlich stattfinden soll. Neben einer Ausstellung von etwa 80 Oldtimern aus fünf Jahrzehnten im sogenannten „Parc d’Automobiles Historique“ rund um die Villa Schöningen gibt es auch einen Rennparcour. „Das Ganze ist eine Hommage an das 24-Stunden-Rennen von Le Mans, das seit 1923 in Frankreich stattfindet“, so Desinger. „Nur dass wir eben nicht 24 Stunden, sondern 24 Runden fahren.“ Bis zu 30 Teams können mit Sport- und Rennwagen der Baujahre 1924 bis 1974 teilnehmen. Der Parcours geht dabei von der Berliner Straße über die Menzelstraße, die Schwanenallee an der Villa Schöningen und der Glienicker Brücke vorbei. Eine Fachjury bewertet Geschicklichkeit und Eleganz sowie Zustand, Exklusivität, Originalität und Rarität der Fahrzeuge. Dieses Jahr stand die Jury unter der Leitung von Franz Friedrich Prinz von Preußen und Julius Kruta, Leiter des Bereichs „Tradition“ bei Bugatti und mehrmaliger Jurybeisitzender beim „Pebble Beach Concours d’Elegance“. Die Schirmherrschaft übernahm der ehemalige Brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, der gleich in einem der ganz wertvollen Oldtimer Platz nehmen durfte: dem Alfa Romeo 8C 2900 Le Mans aus dem Jahr 1938. „Das ist ein Traum“, sagte Platzeck nur und grinste dabei wie ein kleiner Junge. Wie Alfa Romeo-Mitarbeiter Sascha Wolfinger erkärt, ist das Auto ein Einzelstück und quasi unbezahlbar. Trotz seines Alters könne es aber eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern erreichen. „Die reizen wir natürlich nicht mehr aus“, sagt er. „Bei Events lassen wir ihn eher so um die 60 Stundenkilometer fahren.“ Veranstalter Kai Desinger ist auf diesen „Gast“ besonders stolz, wie er erzählt. „Alfa Romeo hat uns ja insgesamt vier Le-Mans-Autos gestellt“, sagt er. „Alles super seltene Rennfahrzeuge, die das Herz natürlich höher schlagen lassen.“ Bei alten Autos kommt es dann aber auch mal vor, dass etwas nicht funktioniert. So wie eben bei Achim Anscheidt und seinem Grand-Prix-Rennauto Typ 51 von Bugatti aus dem Jahr 1931 noch kurz vor dem Start Hand angelegt werden muss, weil der Vergaser nicht funktioniert. „Das Auto muss man ja sowieso immer manuell aktivieren“, erklärt Anscheidt, der zusammen mit Julius Kruta beim Rennen startet. „Aber das ist halt ein Grand-Prix-Auto, das muss man ganz anders anfassen als normale Oldtimer.“
Doch auch andere Oldtimer haben ihre Probleme. So muss der Alfa Romeo 750 Competizione aus dem Jahr 1954, von dem es welteit nur noch zwei Exemplare gibt, bei der Aufwährmrunde zurück in die Garage geschoben werden, weil er nicht mehr anspringen will. Grund ist ein loses Zündschloss, wie Sascha Wolfinger erklärt. „Eigentlich ist das hier das letzte funktionstüchtige Modell und nun fährt es auch nicht mehr“, sagt er und lacht dabei. „Nein, Quatsch, natürlich passiert das mal bei so alten Autos, das bekommen wir aber auch wieder hin.“ Ist das Zündschloss erst mal ausgetauscht, kann auch der Alfa Romeo wieder in den Ring starten. Kai Desinger hingegen ist mit seiner Simca Deho aus eigener Sammlung sofort startklar und fährt die erste Runde profimäßig im grauen Overall mit. Für ihn bestehe die Faszination an den alten Autos vor allem in dem Geist, den sie verkörpern. „Der Pioniergeist der Automobilhersteller, die neue Generation der Motoren, diese ersten Geschwindigkeiten. Das ist es, was unglaublich spannend ist.“
Eine Einstellung, die auch Teilnehmer Sascha Fricke teilt. „Das sind Autos, mit denen man noch arbeiten muss“, so der 27-Jährige. „Heute macht das Auto ja alles selber, aber mit Oldtimern verbindet man sich, man wird eins mit dem Fahrzeug.“ Fricke, der in der „T&F Touring Garage“ in Troisdorf Oldtimer restauriert, startet mit dem Lancia Aprilia Barcetta von 1938. „Von dem sind nur fünf insgesamt gebaut worden“, so Fricke. „Und das ist der letzte, den es gibt.“ Auch wenn er an dem Parcours teilnimmt, der Wettbewerb ist für ihn nur zweitrangig. Er erfreue sich vor allem an der Präsentation der Autos, die ihm ein Lächeln auf das Gesicht zaubern würden, was auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs bestätigen kann. „Diese alten Autos sind einfach klasse“, sagt er . „Die haben eben noch eine Seele.“
Das sehen allerdings nicht alle so. Anwohner beschwerten sich gegenüber den PNN über den Motorenlärm und den starken Benzingeruch der Autos. Für sie sei es unzumutbar, eine solche Veranstaltung an einem Sonntag in einem reinen Wohnviertel stattfinden zu lassen. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass das erste Rennen an der Glienicker Brücke auch das letzte bleibt.
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