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Landeshauptstadt: Andrang bei der „Luxus-Kita“

Auf 700 Quadratmetern sollen einmal 50 Kinder spielen, singen, basteln und toben – für 980 Euro im Monat

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Goldene Wasserhähne gibt es nicht, aber einen Fitnesssaal mit Spiegelwand, einen schmucken Wellnessbereich samt Sauna und vor der Tür steht der Wagen für den Chauffeursdienst: In Potsdam gibt es eine „Luxus-Kindertagesstätte“ der besonderen Art. Und der Andrang ist groß, trotz der monatlichen Grundgebühr von 980 Euro. „Wir betreuen derzeit rund 30 Kinder, täglich gehen etwa zehn Anfragen ein“, sagt Leiterin Jessica Noi. Auf etwa 700 Quadratmetern in unmittelbarer Nähe der Villen von Günther Jauch und Wolfgang Joop sollen einmal maximal 50 Kinder im Alter bis zu 6 Jahren spielen, singen, basteln und toben – und das theoretisch 24 Stunden am Tag.

„Unsere Kernöffnungszeiten sind von 7 bis 18 Uhr“, sagt Noi. Aber im Dachgeschoss gibt es auch Übernachtungsplätze. Den Kindern in der zweisprachigen Kita (Deutsch und Englisch) werden unter anderem musikalische Früherziehung, Schwimmen, Ballett oder auch Chinesisch-Stunden geboten – teilweise gegen Aufpreis. Die oft viel beschäftigten Eltern können zudem einen Bring- und Holdienst in Anspruch nehmen, für Physiotherapie ist eigens ein Raum eingerichtet. „Wir sind die Alternative zum privaten Kindermädchen“, sagt Eberhard Schmidtke, Gesellschafter der Villa Ritz GmbH und Co KG.

Der Jugendamtsleiter der Landeshauptstadt, Norbert Schweers, begrüßt das Angebot: „Es entspricht unserer Philosophie, eine breite Vielfalt an Kindertagesstätten zu bieten.“ Außerdem gehörten zu der Zielgruppe durchaus Kinder, die ansonsten vielleicht allein mit der Gouvernante in der Stadt unterwegs wären und kaum Kontakt zu anderen Kindern hätten.

Durchaus „ambivalent“ sieht allerdings der Jugendforscher Dietmar Sturzbecher diese „Nobel-Kita“. „Man braucht ein solches Angebot nicht, um ein leistungsfähiger Mensch zu werden.“ Eine solche Kindertagesstätte sei „keine soziale Gefahr, aber es besteht durchaus eine Gefahr, dass Kinder überfordert werden“, sagt der Leiter des Instituts für Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam. Ein Grund dafür, dass Studien zufolge etwa 40 Prozent aller Kinder an Stresssymptomen leiden, sei der falsche Ehrgeiz der Eltern, ihren Söhnen und Töchtern durch umfassende Angebote „Karrierevorsprünge“ verschaffen zu wollen. „Kinder sind nicht grenzenlos formbar“, betont Sturzbecher.

Kita-Leiterin Noi sieht keine Gefahr der Überforderung, denn die „Angebote richten sich nach den Bedürfnissen der Kinder“. Das pädagogische Konzept der Kita, in der eine Erzieherin im Schnitt sieben Kinder betreut, ist die „anschauliche Pädagogik“. So sollen noch „Themenparks“ entstehen, für die Räume in eine Wüstenlandschaft, einen Dschungel oder ein Raumschiff verwandelt werden. Und auch Schmidtke betont: „Wir wollen hier keine Elite heranzüchten.“

Im Garten hinter der hochherrschaftlichen Villa, die für rund 900 000 Euro mit privaten Geldern saniert wurde, tollen derweil die Kinder. Eine irische Erzieherin erzählt einem am Schnuller nuckelnden Mädchen auf Englisch, wie es eine Sandburg bauen kann. Gleich daneben bricht ein Junge in Tränen aus, weil es mit den Förmchen nicht so klappt, und an einem Holzbalken versucht ein Steppke seine ersten Schritte. Ein ganz normales Kindergarten-Treiben – der „Luxus“ ihrer Villa dürfte den Kleinen ziemlich egal sein.

Der Kindergarten im Internet

www.villa-ritz.de

Imke Hendrich

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