Sport: Angekommen
Karl Grzeschuchna wird 65 – der Potsdamer Ruder-Gesellschaft hielt er immer die Treue
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Die Ansage der DDR-Sportfunktionäre war klar formuliert. „Werdet Weltmeister, dann gibts auch ne Wohnung.“ Karl Grzeschuchna aus Potsdam und seine vier Mitstreiter hielten sich dran, stiegen in den Vierer mit Steuermann und ruderten im jugoslawischen Bled zum ersten Titelgewinn für die DDR. Mit der Wohnung wurde es allerdings nichts – für die Fünferbesatzung hatte man nur zwei Plattenbaubehausungen vorgesehen. Nur eine Geschichte, die womöglich morgen mal wieder zum Besten gegeben wird. Dann feiert Grzeschuchna seinen 65. Geburtstag, und ein Teil der alten Mitstreiter wird mit dabei sein. Wo das passiert, ist zwar noch ein Geheimnis seiner Frau Doris, aber das Bootshaus der Potsdamer Rudergesellschaft an der Pirschheide dürfte sich bestens anbieten. Beide lernten sich einst im selbigen kennen, beide Kinder feierten ihre Hochzeit unter den gekreuzten Rudern und auch der 40. Hochzeitstag wurde am Havelufer begossen.
Mit Blick auf das benachbarte Domizil der Kanuten wird der Jubilar vielleicht auch noch einmal an seine sportlichen Anfangsjahre denken. „Mit Kanu ging es bei Stahl Riesa los“, erzählt der gebürtige Breslauer, der in Riesa seine Kindheit und Jugend verbrachte. „Dann folgte Handball. Und zum Rudern kam ich, als ich mit meiner Mannschaft zum Trainingslager an der Ostsee war.“ Er habe die richtige Größe, sagte man ihm dort, und so sprach er 1962 mal bei der SG Dynamo Potsdam vor. Hannes Wujanz nahm den talentierten jungen Mann unter seine Fittiche, brachte ihm das Rudern von der Pike auf bei und brachte ihn auch mit Helmut Hänsel zusammen, mit dem er unter anderem auch zu WM-Gold fuhr.
„Wir hatten eine erfolgreiche Zeit“, denkt Grzeschuchna gern zurück. Dreimal entschied er die traditionsreiche Regatta auf dem Rotsee für sich, zweimal ließen er sowie Hanno Melzer, Horst Bagdonat, Helmut Hänsel und Steuermann Klaus Ludwig die Konkurrenz bei der namhaften Henley-Regatta auf der Themse hinter sich. 1971 war dann Schluss. Vielleicht das Alter, vielleicht wurde so manches im Training nicht mehr richtig umgesetzt – Karl Grzeschuchna denkt nur selten noch darüber nach. Statt sich ins Boot zu setzen, transportierte er die wertvollen Teile fortan für den Verein und die Nationalmannschaft und sah sich viel von der Welt an. Mit der Wende kam vorerst auch das berufliche Aus.
Anschließend als Berufskraftfahrer fuhr er am Ende in die Arbeitslosigkeit – die helfende Hand kam aus dem Seekrug. Der inzwischen verstorbene PRG-Chef Peter Langbehn bot ihm an, wieder für seinen alten Verein zu fahren. „Endlich wieder angekommen“, schwärmt Grzeschuchna noch heute. „Das war damals wie ein Fünfer im Lotto.“ Und das wusste er auch stets zu schätzen. Auf die Uhr wurde in den Jahren nie geschaut, dafür immer nach einem klaren Motto gearbeitet. „Die Athleten müssen nur etwas denken, da will ich es möglichst schon erledigt haben.“
Und so transportiert er nach wie vor noch seine Boote zu den Trainingslagern und Regattastrecken der Welt und macht auch in den nächsten beiden Monaten noch auf Sparflamme weiter. „Bis Olympia. Das habe ich den Mädels versprochen“, sagt er. „An so ein richtiges Berufsende will ich am liebsten gar nicht denken.“
Henner Mallwitz
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