Landeshauptstadt: Anglerwiese bangt um Halbinsel
Sacrower Grundstück heute unterm Hammer / Verein kann 295 000 Euro nicht zahlen
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Sacrower Grundstück heute unterm Hammer / Verein kann 295 000 Euro nicht zahlen Von Sabine Schicketanz Sacrow. Sie haben die Hoffnung aufgegeben: Für die Mitglieder des Vereins „Anglerwiese Sacrow e.V.“ gibt es keine Möglichkeit mehr, ihre Heimstatt auf der Sacrower Halbinsel vor dem Verkauf zu retten. Heute Nachmittag wird das rund 52 600 Quadratmeter große Grundstück auf einer Immobilienauktion im Berliner Rathaus Schöneberg versteigert, bei 295 000 Euro liegt das Mindestgebot. Diese Summe konnte der Verein trotz aller Bemühungen nicht aufbringen. Doch dass es einen Käufer gibt, steht fest. „Wir haben ein schriftliches Gebot. Das heißt, auch wenn niemand zur Versteigerung kommt, geht die Halbinsel auf jeden Fall weg“, sagte gestern Katja Heringshausen von der Deutschen Grundstücksauktionen AG. Die Halbinsel Sacrow, deren Spitze weit in den Sacrower See hineinragt, ist – bis heute der Hammer fällt – Eigentum der TLG Immobilien GmbH. Zu DDR-Zeiten einer volkseigenen Nutzung unterworfen, ging das idyllische Grundstück nach der Wende an die Treuhand und dann an die TLG. Dass die im Natur- und Landschaftsschutzgebiet liegende Halbinsel, die außerdem zu den Flora-Fauna-Habitaten gehört, versteigert wird, hat laut TLG Immobilien folgenden Grund: „Wir müssen nicht verkaufen, wir wollen. Das ist eine unternehmerische Entscheidung“, so Sprecherin Sabine Pentrop. Bei den 32 Parzellen-Pächtern der Anglerwiese hat diese Entscheidung Unverständnis hervorgerufen. An Zäunen und Bäumen auf dem Gelände hängen selbst gemalte Protestplakate. „Wir lassen uns nicht vertreiben“, steht darauf. Doch dass sich die „Vertreibung“ noch verhindern lassen wird, daran hat Herbert Splettstößer, langjähriger Vereinsvorsitzender und seit 28 Jahren Pächter eines Halbinsel-Grundstücks, große Zweifel. Denn selbst wenn der neue Eigentümer die Pachtverträge zunächst nicht kündigen kann – Kauf bricht nicht Pacht – so könne er doch den Pachtzins erhöhen. „Und zwar bis auf 4 Euro pro Quadratmeter.“ Jetzt zahlen die Pächter 62 Cent. „Doch wenn erhöht wird, sehe ich schwarz“, sagt Splettstößer. Die Grundstücke seien meist rund 700 Quadratmeter groß, viele der Pächter im Rentenalter und nicht wohlhabend. Verärgert sind Splettstößer und andere Pächter zudem darüber, dass die TLG Immobilien auf ihr Kaufinteresse nie reagiert habe. „Wir haben nachgefragt, aber die TLG war nicht kompromissbereit, hat nicht einmal einen Preis genannt.“ Dass jetzt die gesamte Halbinsel als unteilbares Grundstück versteigert wird, hat nach Ansicht von Splettstößer „nur mit Geld zu tun“. Rücksicht werde nicht genommen, „auch wenn es hier Tränen gibt“, sagt seine Frau Ingrid. Was der neue Eigentümer mit der Halbinsel anfängt, ist noch völlig unklar. Viele Möglichkeiten habe er aber nicht, so Sabine Pentrop von der TLG. „Man kann nicht massiv bauen.“ Grundsätzlich könnten nur „kleine Lauben“ mit einer Grundfläche von 24 Quadratmetern gebaut werden, so Katja Heringshausen vom Auktionshaus Deutschen Grundstücksauktionen AG. Viel Geld bringen die nun vorhandenen Wochenendgrundstücke zumindest dem jetzigen Eigentümer jedoch nicht. Die jährliche Pachteinnahme der TLG liegt bei knapp 10 000 Euro. Auch der Sacrower See bietet sich für eine ausgiebige Nutzung kaum an: Der See ist Forschungsgebiet, hier darf nur gerudert werden, eine schiffbare Verbindung zu anderen Gewässern gibt es nicht. Herbert Splettstößer befürchtet dennoch, dass der künftige Halbinsel-Besitzer das Naturparadies für sich haben möchte. Besonders, weil der Kündigungsschutz der über den Verein „Anglerwiese Sacrow“ abgeschlossenen Pachtverträge, wie das Auktionshaus den Mitgliedern mitteilte, „zumindest zweifelhaft“ sei. Um den Standort „unwiderruflich zu sichern“, so das Schreiben, sei dem Verein empfohlen, an der Auktion teilzunehmen. „Aber das klappt nicht, wir haben alles versucht“, sagt Splettstößer.
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