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Homepage: Ansturm auf Studienplätze
Zahl der Bewerbungen drastisch gestiegen. Uni Potsdam nimmt aber keine zusätzlichen Studenten auf
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Die deutschlandweite Flut von Studienbewerbern hat auch Brandenburg erreicht. Nachdem sich in der Mark im Vorjahr noch rund 50 000 junge Menschen um einen Studienplatz beworben hatten, waren es in diesem Jahr bis Mitte Juli bereits an die 80 000. Allein in Potsdam sind bislang nach vorläufigen Zahlen des brandenburgischen Wissenschaftsministeriums knapp 52 000 Bewerbungen für rund 3600 Studienplätze an den drei Hochschulen eingegangen, im Vorjahr waren es nur 29 000 Bewerbungen.
Die große Bewerberzahl geht in erster Linie auf die doppelten Abiturjahrgänge in einigen Bundesländern wie auch auf die Aussetzung der Wehrpflicht zurück. Wie der Sprecher des Wissenschaftsministeriums Hans-Georg Moek erläuterte, spiegele die Zahl der Bewerbungen allerdings nicht die Zahl der Bewerber wider, da sich die meisten Studierwilligen mehrfach bewerben würden, um ihre Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen.
Dass nun Studierenden- und Elternvertreter ein Überlaufen der Hochschulen befürchten, hält Moek für unnötig. Für die tatsächliche Zahl der letztlich immatrikulierten Studierenden würde die vorhandene Studienplatzkapazität den Rahmen geben. „Im Bedarfsfall können die Hochschulen Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 einsetzen, um der Studiennachfrage besser zu entsprechen“, so Moek. Das Ministerium erhalte für die Hochschulen vom Bund Hochschulpaktmittel in Höhe von voraussichtlich mehr als 20 Millionen Euro: „Diese stehen den Hochschulen zusätzlich zur Verfügung.“
Einen nicht zu bewältigenden Ansturm erwartet das Ministerium ohnehin nicht: Nach ersten vorläufigen Zahlen deute sich an, dass bei den Erstimmatrikulationen im Wintersemester 2011/2012 die Zahl aus dem Vorjahr erreicht und nur „moderat überschritten“ werde. Im Vorjahr hatten zum Wintersemester landesweit 8627 Studenten ihr Studium aufgenommen. Zu Befürchtungen, dass es zu chaotischen Zuständen an den Hochschulen kommen könnte, wie sie der Potsdamer Studierendenausschuss AStA in dieser Woche geäußert hatte, sagte Moek: „Es gehört zu den Aufgaben der Hochschulen, dafür zu sorgen, dass die Landesmittel sowie die Mittel des Hochschul-Paktes 2020 zur Bewältigung einer anhaltend hohen Studiennachfrage eingesetzt werden.“ Er verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Gesamtausgaben der neun Hochschulen in Brandenburg konstant geblieben seien – für 2012 belaufen sie sich nach dem derzeitigen Haushaltsplanentwurf auf 271 Millionen Euro (2011: 269 Millionen Euro).
Der Haushaltsplanentwurf enthält allerdings auch eine sogenannte „Globale Minderausgabe“ in Höhe von zwölf Millionen Euro, die von den Hochschulen eingespart werden muss. Zusammen mit Bundesmitteln würde den Hochschulen zwar nicht weniger Geld zur Verfügung stehen als in diesem Jahr, beteuert das Ministerium. Doch vor dem Hintergrund der ungebrochen hohen Bewerberzahlen bei den Hochschulen sorgt die Sparvorgabe für einiges Unverständnis. Bereits im Sommer hatte der Interims-Präsident der Uni Potsdam, Thomas Grünewald, gesagt, dass die Sparziele die Uni in „ernsthafte Schwierigkeiten“ bringen würden, Studienplätze könnten wegfallen. Die Hochschule hält die Sparbeschlüsse für falsch. Das sieht auch der neu gewählte Uni-Präsident Oliver Günther, der 2012 sein Amt antreten wird, nicht anders. Er will in diesen Wochen mit Wissenschaftsministerin Sabine Kunst Gespräche dazu aufnehmen.
Die Potsdamer Universität sieht indes trotz stark gestiegener Zahl von Online-Bewerbungen (50 000 in diesem Jahr gegenüber 20 000 im Vorjahr) keinen Massenansturm. Die hohe Zahl erkläre sich in erster Linie daraus, dass in diesem Jahr drei Bewerbungen parallel möglich waren, so die Uni-Sprecherin Birgit Mangelsdorf. „Ein Rückschluss auf eine deutlich höhere Zahl von Bewerbern lässt sich daraus nicht ziehen.“ Auch werde die Universität keine zusätzlichen Studierenden in größerer Zahl aufnehmen. „Die Universität fährt bereits seit einigen Jahren am absoluten Limit.“ Allerdings will die Hochschule vor dem Hintergrund des prognostizierten Anstiegs der Bewerberzahlen in diesem Jahr eine höhere Zahl nc-freier Studiengänge anbieten. Momentan gibt es 3864 Neuimmatrikulierte, was insgesamt rund 20 200 Studierenden entspricht (Vorjahr 20 760). Die Zahl ist allerdings vorläufig, da die Immatrikulationen in den Masterstudiengängen noch bis Mitte November laufen.
Beim Studierendenausschuss (AStA) der Uni Potsdam erwartet man trotzdem chaotische Zustände. Es könne auch keine Rede von einem neuen Chaos sein, da die Uni nach Ansicht der Studierendenvertreter schon seit Jahren überfüllt sei. „Es hätte bereits in der Vergangenheit reagiert werden und die Kapazitäten und die Qualität der Lehre konsequent ausgebaut werden müssen“, konstatiert Franz-Daniel Zimmermann vom AStA. Die Vermeidung des Chaos sei eine allgegenwärtige Herausforderung an der Uni. „Allein die konsequente Verwaltung des Mangels hält diese Institution zusammen“, meint Zimmermann. „Es wurden keinerlei Kapazitäten ausgebaut oder mehr Mittel bereitgestellt.“
Die beabsichtigten Kürzungen der Hochschulmittel lassen die Studierenden nun einen „weiteren Abbau an Lehrqualität“ befürchten. „Hier wird ein große Chance vertan, attraktiver für junge Leute zu werden“, so AStA-Referent Daniel Sittler. Wer jetzt über Kürzungen diskutiere, habe den Ernst der Lage nicht erkannt: „Mit diesen Kürzungen wird am letzten Standbein der Brandenburger Zukunftsfähigkeit gesägt.“
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