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Mit Narrenkappe gegen Hartz IV: Am gestrigen Rosenmontag demonstrierten rund 30 Menschen gegen die umstrittene Sozialreform. Dass sich nach dem Karlsruher Urteil für die Betroffenen viel verbessern wird, glauben sie nicht.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Anti-Hartz-Bündnis warnt vor Euphorie

Karlsruher Urteil zur Neuberechnung der Regelsätze stößt auf verhaltenes Echo

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Innenstadt - Mit Ernüchterung und Skepsis begegnet das Potsdamer Aktionsbündnis gegen Hartz IV dem Karlsruher Urteil, wonach die Regelsätze des Sozialreformpakets neu berechnet werden müssen. Auf der Demonstration gestern Abend auf dem Platz der Einheit geißelte Linke-Landesvize und Rechtsanwalt Steffen Hultsch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als Urteil, „das die bestehenden Zustände letztlich rechtfertigt“. Das Urteil wecke bei den Menschen „falsche Hoffungen“, warnte er. Man müsse weiterhin gegen die noch von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Hartz-Reformen kämpfen. Als erster Schritt müsse der Regelsatz für Hartz-IV-Bezieher auf „mindestens 500 Euro“ angehoben, forderte Hultsch. Zudem müsse das „Grundrecht auf Arbeit“ im Grundgesetz festgeschrieben werden.

Potsdams Linke-Kreischef Günther Waschkuhn schlug in die gleiche Kerbe. Vom Urteil der Karlsruher Richter könne „nur enttäuscht sein, wer zu viel erwartet hat“. Ziel müsse es bleiben, die Sozialreform abzuschaffen. „Hartz IV muss weg“, sagte Waschkuhn. Auch die von Brandenburgs Wirtschaftsminister und Waschkuhns Parteigenosse Ralf Christoffers geplante Einführung eines Mindestlohns von 7,50 Euro bei der Vergabe öffentlicher Aufträge könne nur ein „erster Schritt“ sein. „Neun bis zehn Euro“ müssten „wie in anderen europäischen Ländern Standard“ werden, forderte Waschkuhn.

Scharfe Kritik übte der Linke-Politiker an den Äußerungen von FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle. Dieser hatte die Debatte um Langzeitarbeitslose unter anderem mit „spätrömischer Dekadenz“ verglichen. Waschkuhn bezeichnete den Vizekanzler als „Amokläufer“. Noch vor „zehn oder 15 Jahren“ wären Westerwelles Äußerungen als „Büttenrede“ gewertet worden und nicht als sinnvolles politischen Statement, ätzte der Linke-Kreischef. Solche „geistigen Brandstifter“ spielten nur „Milliardären“ in die Hände. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts muss die Bundesregierung die Regelsätze für Hartz IV neu berechnen. Experten gehen davon aus, dass der Staat vor allem für betroffene Kinder künftig mehr Geld ausgeben muss. In Potsdam leben derzeit in etwa 3840 Hartz-IV-Haushalten Kinder, in 1473 Fällen davon sind die Eltern alleinerziehend. pee

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